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Festnahme in New York: Kurz vor dem Abflug seiner Air France-Maschine mit Ziel Paris Charles de Gaulle wurde Strauss Kahn in der ersten Klasse verhaftet.

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Strauss-Kahn vor dem Élysée: Er galt als ein Favorit für den Einzug in den Präsidentenpalast - bis zu den jüngsten Vorwürfen.

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Mit der Festnahme von Dominique Strauss-Kahn könnte die französische Linke ihren besten Präsidentschaftskandidaten verlieren. Sie muss sich nun neu organisieren. Präsident Sarkozy kann sich um die Rechten kümmern.

Es ist, als würde man eine Figur vom Schachbrett nehmen. Nichts ist mehr wie zuvor – mit diesem Gefühl nahmen die Franzosen am Sonntag die Meldung von der Festnahme Strauss-Kahns auf. Sie wissen, dass die Präsidentschaftswahl 2012, die ihre Schatten längst vorauswirft und das politische Leben Frankreichs bereits dominiert, bei Null anfangen wird.

Offiziell riefen die meisten politischen Stimmen zu Vorsicht und Zurückhaltung auf. Sogar der Sprecher der konservativen Regierung, François Baroin, nahm den Sozialisten Strauss-Kahn in Schutz und erinnerte an die Unschuldsvermutung, die für jeden Bürger gelte. Oppositionschefin Martine Aubry sprach von einem "Donnerschlag" , ihr Vorgänger François Hollande von einer "schrecklichen Nachricht" .

Doch die Frage stand im Raum, welche Folgen die Verhaftung von "DSK" für die Vorwahlen der Parti Socialiste im Juni haben werde. Nur der frühere Berater des sozialistischen Ex-Präsidenten François Mitterrand, Jacques Attali, sprach aus, was die meisten Sozialisten denken: "Er wird nicht mehr Kandidat für die Primärwahlen sein können."

Und damit auch nicht für die Präsidentschaftswahlen. Die Sozialisten, die ein Jahr vor den Wahlen bereits fest an den Sieg dank Strauss-Kahn geglaubt hatten, standen unter Schock. "Niemand ist unersetzlich" , tröstete sie Attali. Doch niemand hatte in den Umfragen so gute Chancen wie Strauss-Kahn; niemandem sonst wurde eine solche Fähigkeit eingeräumt, gegen einen Wahlkämpfer wie Sarkozy zu bestehen.

"Etwas bleibt haften"

Die meisten Kommentatoren bezweifelten, dass der Währungsfonds-Chef den Rückschlag wegstecken könne. Selbst wenn die Anklage eingestellt werden sollte, bleibe etwas haften, meinte der Politologe Stéphane Rozès.

Die Präsidentin des rechtsextremen Front National, Marine Le Pen, sprach von einem "leicht pathologischen Verhalten von Herrn Strauss-Kahn gegenüber den Frauen" . Sie hatte sich den Ausdruck "pathologisch" wohl gut überlegt: Ein wissenschaftlicher Begriff lässt sich nicht in einem Verleumdungsprozess gegen sie verwenden.

Die Festnahme wirft die Planungen aller Parteien für die Präsidentschaftswahl über den Haufen – darin sind sich alle einig. Sarkozy wird sich wieder mehr mit seinem zunehmenden "Problem" auf der Rechten namens Le Pen befassen können. Bei den Sozialistin muss sich Parteichefin Aubry neu orientieren, nachdem sie vermutlich einen Pakt mit Strauss-Kahn geschlossen hatte: Sie hätte ihre Kandidatur im letzten Moment zurückziehen, für Strauss-Kahn eintreten sollen und hätte dann nach seiner Wahl das Premiers-Amt erhalten.

Am meisten Chancen auf der Linken werden nun François Hollande eingeräumt. Auch die sozialistische Ex-Kandidatin Ségolène Royal, die noch unter dem Stigma einer "Verliererin gegen Sarkozy" leidet, wittert wieder Morgenluft. Die Figuren im Parti Socialiste werden sich nun neu aufstellen. (Stefan Brändle aus Paris/DER STANDARD, Printausgabe, 16.5.2011)