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Einmal zu heiraten erachten 60 Prozent der jungen Frauen, aber nur 34 Prozent der jungen Männer für sehr oder eher wichtig. 34 Prozent der jungen Männer können sich vorstellen, "Hausmann“ zu sein.

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Wien - Bei Österreichs Jugendlichen finden sich traditionelle Rollenbilder: Der berufliche Erfolg wird etwa bei Männern stärker im Mittelpunkt gesehen, bei den Frauen ist es die Familie. Das ergab der "Jugendmonitor" im Auftrag des Familienministeriums, der am Montag präsentiert wurde. Jugendminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) will nun Teilzeitarbeit aufwerten, den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze vorantreiben und das einkommensabhängige Kindergeld stärker bewerben und ausbauen.

Fast drei Viertel der Befragten wollen der Studie zufolge selbst einmal eine eigene Familie. Starke Geschlechterunterschiede gibt es laut Motivforscherin Sophie Karmasin beim Thema Ehe: Einmal zu heiraten erachten 60 Prozent der jungen Frauen, aber nur 34 Prozent der jungen Männer für sehr oder eher wichtig.

Kinderwunsch "sehr stark ausgeprägt"

"Sehr stark ausgeprägt" sei der Kinderwunsch, so der Politikwissenschafter Peter Filzmaier: 55 Prozent der befragten Frauen und 36 Prozent der befragten Männer wollen auf jeden Fall einmal Kinder haben. Insgesamt 40 Prozent meinten, sie wüssten es noch nicht, sechs Prozent schlossen Kinder aus.

Die Mehrheit, nämlich 62 Prozent, will zwei Kinder - die Größe des Wohnortes oder die Region spielten dafür praktisch keine Rolle. Mitterlehner verwies darauf, dass es mit einer Fertilitätsrate von 1,41 eine Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit gebe, ebenso beim Alter des ersten Kindes.

Bis drei sollen Kinder von Eltern betreut werden

Klare Vorstellungen haben die Jugendlichen, was Kinderbetreuung betrifft: 77 Prozent sind der Meinung, Kinder bis drei Jahre sollten hauptsächlich von den Eltern zu Hause betreut werden. Die Betreuung 3- bis 6-Jähriger sieht die Mehrheit von 57 Prozent in einem Kindergarten. Die eigene Bereitschaft, beim Kind zu bleiben, unterscheidet sich davon: 36 Prozent der Frauen wollen bis zum dritten Lebensjahr beim Kind bleiben, rund jeder zweite befragte Mann hat noch keine Vorstellung dazu.

Hausfrau/mann bei gutem Verdienst des Partners

Sehr traditionelle Vorstellungen ortet Karmasin beim Thema Teilzeit: 85 Prozent der Frauen können sich vorstellen, für eine gewisse Zeit Teilzeit zu arbeiten, um sich um die Kinder zu kümmern, bei den Männern sind es nur 31 Prozent. Ein Ausgleich zwischen Familie und Beruf ist 76 Prozent der Frauen, aber nur 53 Prozent der Männer wichtiger als Karriere zu machen und viel Geld zu verdienen. Wenn der Partner gut verdient, wären 55 Prozent der jungen Frauen gerne Hausfrau. Umgekehrt könnten sich 34 Prozent der jungen Männer vorstellen, einmal "Hausmann“ zu sein.

Gefragt, ob auch abgefragt wurde, inwieweit Jugendliche wissen, was etwa Teilzeit im Hinblick auf Einkommensverzicht bedeutet, verneinte Filzmaier, es handle sich um subjektive Einstellungen bzw. "Wunschdenken".

Mitterlehner will Teilzeitarbeit aufwerten

Mitterlehner betonte, man müsse die Rollenbilder akzeptieren, man wolle nichts vorschreiben - stattdessen müsse es entsprechende Angebote für Wahlfreiheit geben. Eine Konsequenz aus den Ergebnissen müsse es sein, Teilzeit aufzuwerten, es müssten die Lage der Arbeitszeit (Vormittag, Nachmittag) und die Entlohnung attraktiver werden.

Weiters will Mitterlehner das einkommensabhängige Kindergeld besser bewerben und ausbauen. Man werde sich in einer Evaluierung anschauen, inwieweit die Zielsetzungen erreicht worden seien und dann überlegen, ob man etwa mit den Einkommensgrenzen richtig liege. Der Minister schloss auf Nachfrage nicht aus, dass diese angehoben werden.

Kinderbetreuungsplätze werden trotzdem ausgebaut

Den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze für die Kleinsten wegen der Vorstellungen der Jugendlichen nicht weiterzuführen, hielte Mitterlehner für "unrichtig" - man müsse Angebote für Wahlmöglichkeiten schaffen, denn wenn man sich die Wahlmöglichkeit nicht vorstellen könne, neige man dazu, im traditionellen Bereich zu verharren. Bis Juni laufe die Evaluierung der Anstoßfinanzierung (der Bund hatte den Ländern von 2008 bis 2010 finanziell beim Ausbau der Kinderbetreuung unter die Arme gegriffen), dann werde man entscheiden, wie es weiter geht. Der Minister wünscht sich eine Fortsetzung, die Frage sei nur, mit welchen strukturellen Zielen und wie die Finanzierungsfrage in dem Zusammenhang geklärt werden könne.

Grundsätzlich blickt die Jugend übrigens optimistisch in die Zukunft: 84 Prozent der Befragten sind sehr oder eher zuversichtlich - im Mai 2010 waren es noch 77 Prozent.

Dem "Jugendmonitor" liegt eine telefonische Umfrage (Erhebungszeitraum 15. April bis 9. Mai) unter 800 Jugendlichen, repräsentativ für die 14- bis 24-Jährigen, zugrunde. 

Filzmaier: Jugend schon immer konservativer als angenommen

Filzmaier meint zur Studie gegenüber derStandard.at, dass die österreichische Jugend schon immer "konservativer als in der öffentlichen Wahrnehmung" gewesen sei. Es sei deshalb schwierig, aus den neuen Daten einen Trend heraus zu lesen. Die beständig konservative Einstellung der Jugend bestätigt auch ein Blick auf ältere Studien: So ist auch in der Untersuchung Jugend 97 von Fessel-GfK festgestellt worden, dass damals fast die Hälfte der Jugendlichen die Berufstätigkeit der Frau als Belastung für die Familie angesehen hatten. Zitat aus dieser Studie: "Es überrascht, dass die Realisierung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für beide Geschlechter – einfach aufgrund der biologischen Tatsache, dass Frauen Kinder bekommen können – nicht vorstellbar ist." (APA/red)