London - "Etwas weniger Schmerzen" und "etwas weniger geschwollene Gelenke" - das sollte nicht mehr das Ziel einer Behandlung der chronischen Polyarthritis (cP, Gelenksrheuma oder auch rheumatoide Arthritis - RA) sein, an der in Österreich etwas weniger als ein Prozent der Bevölkerung leiden. "Das Ziel ist eine komplette Remission der Symptome und die Absenz von Zeichen einer entzündlichen Erkrankung", sagte beim Europäischen Rheumatologenkongress (EULAR) Arthur Kavanaugh (San Diego/USA).

Ähnlich auch der Wiener Rheumatologe Ludwig Erlacher (SMZ-Süd) bei einem Hintergrundgespräch: "Wie bei jeder anderen Erkrankung sollte es auch bei der rheumatoiden Arthritis möglich sein, dass der Patient möglichst keine Krankheitsaktivität aufweist. Man muss nicht mit sechs oder acht geschwollenen Gelenken herum laufen." Weniger als ein betroffenes Gelenk - so sollte es am besten aussehen.

Remission als Ziel

Während also ehemals die Therapie der chronischen Polyarthritis am ehesten auf Linderung der Symptome - weniger Schmerzen, weniger entzündete Gelenke - ausgerichtet war, ist mittlerweile durch die verbesserten Behandlungsmöglichkeiten die Remission als Ziel angesagt. Die Mittel und Wege dazu sind prinzipiell bereits vorhanden, wenn auch noch teilweise verbesserungswürdig:

  •  Möglichst frühe Diagnose der chronischen Polyarthritis, die auch im Kindesalter und in der Jugend erstmals auftreten kann, um durch schnelle Therapie einsetzende irreparable Gelenksschäden zu verhindern. Erlacher: "Man spricht davon, dass es derzeit noch immer durchschnittlich 2,6 Jahre von den ersten Symptomen zur Diagnose dauert."
  •  Behandlung akuter Krankheitsschübe mit Cortison und längerfristige Therapie mit krankheitsmodulierenden Substanzen (DMARDs) wie niedrig dosiertem Methotrexat, Leflunomid, Sulfasalazin etc.
  •  Wenn die herkömmlichen Medikamente nicht ausreichen, werden derzeit zusätzlich Biotech-Arzneimittel mit stärkerer Wirkung verabreicht. Der Grazer Rheumatologe Wilfried Graninger: "Ziel ist die komplette Remission." Man misst das mit genormten Erfassungsbögen für die Krankheitsparameter und Symptome. Der Experte: "Zumeist beginnt man (bei unter konventioneller Therapie anhaltender Krankheitsaktivität) mit einem Tumornekrosefaktor-alpha-Blocker (monoklonale Antikörper gegen TNF-alpha). Wenn das nicht ausreichend wirkt, stellt man auf ein anderes Biologikum um."

Unterschiedliches Therapie-Repertoire

Mittlerweile gibt schon knapp unter zehn verschiedene Biotech-Arzneimittel gegen die chronische Polyarthritis und andere Krankheiten des rheumatischen Formenkreises: TNF-alpha-Blocker, Hemmstoffe gegen die Immunbotenstoffe Interleukin-1- und Interleukin-6 (Tociluzimab) sowie monoklonale Antikörper, die gleich ganze Immunzell-Populationen ausschalten (z.B. B-Zell-Blocker Rituximab).

Dabei gibt es neuerdings immer mehr Hinweise darauf, dass man zumindest bei manchen Patienten mit einer Behandlung mit einem Biotech-Arzneimittel allein (ohne DMARD) auch auskommen könnte: In London zeigten die Daten aus einer Studie mit Tocilizumab allein, dass ein ähnlicher guter Effekt wie bei der Kombinationstherapie mit DMARDs auftrat. Laut Graninger und Erlacher jedenfalls hat sich der Charakter der chronischen Polyarthritis deutlich gewandelt: Invalidität und gar Verkrüppelung konnten stark zurück gedrängt werden. (APA)