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Albert II. und seine Verlobte, die südafrikanische Ex-Schwimmerin Charlene Wittstock, winken dem Volk, das immer weniger Geld in die fürstlichen Kassen zahlt.

Foto: Reuters/Gaillard

Von 1949 bis 2005 sorgte der schlitzohrige Patriarch Rainier III. dafür, dass Monaco und seine Untertanen vom Glitzer, Glamour und ein bisschen Geldwäsche lebten. Seine Heirat mit Grace Kelly - 1956 das erste globale People-Ereignis überhaupt - war ein genialer Image-Coup gewesen. Die Roulettekugel rollte, die Banksafes füllten sich - womit, fragte niemand.

Und heute? Seit Rainiers Tod 2005 hat sich der Pulsschlag des Fürstentums unter dem blassen, korrekten und fleißigen Albert etwas verlangsamt. Auch der 53-jährige Fürst wird dem Reich nun eine Traumhochzeit bescheren und, wer weiß, gar den Stammbaum der Grimaldis weiter verlängern- seine südafrikanische Braut Charlene ist schließlich erst 33. Die Zukunft scheint also gesichert in Monaco, wo das Durchschnittseinkommen mit 155.000 Euro pro Jahr noch heute höher liegt als in jedem anderen Land.

Und doch: Auch in dem rund zwei Quadratkilometer großen Staat (zum Vergleich: Wiens erster Bezirk hat drei Quadratkilometer) ist nicht mehr alles Gold, was glänzt. Das berühmteste Casino der Welt arbeitet defizitär. Anfang des Jahres traten die Croupiers für bessere Arbeitsbedingungen in Streik. Die Roulette-Tische tragen nur noch drei Prozent zum Staatshaushalt bei. Dabei hatten sie es 1869 erlaubt, dass Grimaldi-Prinz Charles III. die Einkommens- und Vermögenssteuern abschaffte.

Bis zu 50.000 Euro zahlt man für eine Wohnung in Monte Carlo - pro Quadratmeter, versteht sich. Zu Onassis Zeiten war das kein Problem gewesen: "Solange es auf der Welt dreitausend Reiche gibt, wird Monaco florieren", meinte der griechische Reeder. Reiche gibt es immer mehr - doch in Monaco steht die Hälfte der Wohnungen meist leer, als Briefkasten- oder Zweitwohnungen bringen sie dem Staat nicht viel ein.

Mehrwertsteuer nicht genug

Zudem ist der Finanzplatz Monaco auch nicht mehr, was er war. Ein französischer Parlamentsbericht zwang Rainier im Jahr 2000, die Geldwäschepraktiken zu unterbinden. Nach 2005 musste Sohn Albert II. auch die Steuerflucht einschränken, damit die OECD das Fürstentum von der grauen Liste "unkooperativer Steueroasen" strich.

Monaco kennt keine Einkommens- und Vermögenssteuern, die Haupteinnahmequelle ist die 20-prozentige Mehrwertsteuer. Sie bringe drei Viertel der Staatseinnahmen, betont Albert, der Monaco vom Ruch eines obskuren Steuerparadieses befreien will.

Die Einnahmen genügen aber nicht mehr: Wie das Casino ist auch das "Unternehmen Monaco" in den roten Zahlen: Das Haushaltdefizit dürfte heuer 94 Millionen Euro erreichen. Die Kapitalzinsen des Grimaldi-Vermögens - auf 1,3 Milliarden Euro geschätzt - kommen vermutlich dafür auf.

Der Fürst verlagert nun die Gewichte. Er wertet den Fremdenverkehr massiv auf. Neue Docks bieten Platz für mehrere Ozeandampfer und tausende neue Besucher. Das Ozeanographische Museum, der Formel-1-Grand Prix, Zirkusfestivals, die klinisch saubere Altstadt, die Casinos, eine Reihe legendärer Hotels wie das Hermitage sollen die Reisenden stärker noch als bisher anziehen. Schon heute beschäftigt der Tourismus Monacos doppelt so viele Leute wie der Finanzsektor.

Außerdem will Albert dem Meer zusätzliches Land abringen. Sogar Fabriken sind geplant - als globales Unikum vertikal über die Stockwerke verteilt. Der Prinz will, wie er sagt, "Investoren mit hohem Potenzial und kleinen Equipen" anziehen - Hightechfirmen aus dem Bereich des Umweltschutzes, dem er sich persönlich verschrieben hat. Seine Heiratskarosse wird über einen Hybridmotor verfügen.

Das entspricht dem neuen Bild, das Albert von seinem Reich schaffen will: moderner und technologischer, weniger glamourös und geldfixiert, sondern grüner und globaler. Ob sich diese Pläne rechnen werden, ist unsicher. Der Platz fehlt, genauso wie gut ausgebildetes Personal. Und französische Nachbarstädte wie Nizza ziehen derzeit viel mehr Hightechfirmen an als das kleine Fürstentum. (Stefan Brändle aus Paris/DER STANDARD, Printausgabe, 25./26. Juni 2011)