Die Massenentlassungen in den ungarischen öffentlich-rechtlichen Medien sind in vollem Gange. Denn kaum hatte Ungarn Ende Juni den EU-Vorsitz absolviert, begann die "Säuberungsaktion" der rechtskonservativen Regierung, wie die Opposition die Entlassungswelle qualifizierte. Dabei erhielten in der ersten Runde zunächst 550 Medienmitarbeiter den Entlassungsbrief, weitere 400 bis 450 Entlassungen sollen im Herbst folgen. Damit werden ein Drittel aller Mitarbeiter entlassen und sollen drei Milliarden Forint (11,12 Mio. Euro) eingespart werden.

Unter den Entlassenen sind preisgekrönte Journalisten und ein Pulitzerpreisträger, berichten Medien. In den staatlichen Fernsehnachrichten und im Staatsrundfunk wurden die Massenentlassungen zunächst nicht erwähnt. Während die Kündigungen mit "der Schaffung transparenter, effektiver öffentlich-rechtlicher Medien und der Abschaffung von Überschneidungen" begründet werden, kündigt der Gewerkschaftsrat der Öffentlich-Rechtlichen Dauerdemonstrationen an. Es soll solange protestiert werden, bis die Entlassungswelle nicht gestoppt wird und Verhandlungen beginnen.

Keine Umstrukturierungspläne

Kritisiert wird weiter, dass parallel zu den Entlassungen keinerlei Programm- und Umstrukturierungspläne vorgestellt wurden. Zugleich erinnern die Medien daran, dass die Entlassungen vom Chefredakteur der zentralen ungarischen Medienredaktion, Daniel Papp, abgewickelt werden. Papp wird als Journalist vorgestellt, dessen Karriere über die rechtsradikale Jobbik-Partei, den rechtsextremen TV-Sender Echo und Fidesz-MPSZ an die Spitze der ungarischen Medienredaktion führte. Der 32-jährige Papp hat laut Medienberichten einen manipulierten Beitrag zu Daniel Cohn-Bendit zu verantworten, als der Politiker an einer Pressekonferenz der ungarischen Grünen in Budapest teilnahm.

Mediengesetz

Das Mediengesetz wurde am Montagabend mit der Zwei-Drittel-Mehrheit der Regierungsparteien Fidesz-MPSZ und Christdemokraten (KDNP) modifiziert. Damit werden aufgrund des Gesetzes verhängte Strafen der Medienbehörde NMHH sowie gegenüber der Behörde zu zahlende Gebühren als öffentliche Schulden eingestuft, die ähnlich wie Steuern eingetrieben werden können. Damit können sich private Radio- und TV-Sender nicht mehr um Frequenzen bewerben, wenn sie bei der Medienbehörde Schulden haben. Zugleich wurden auch jene Themenkreise festgelegt, in denen der Vorsitzende der Medienbehörde Verfügungen erlassen kann. Dazu gehören die Verteilung von Frequenzen sowie auch die Regelungen der Übertragung des Rechtes der Frequenznutzung.

Die internationalen Proteste gegen das ungarische Mediengesetz nehmen kein Ende. Das bekam der ungarische Premier Viktor Orban auch im Straßburger Parlament zu spüren, wo erneut scharfe Kritik an dem "Knebelgesetz" geübt wurde. Doch Orban erklärte erneut, Ungarn ließe sich keine Vorschriften machen und verbat sich jegliche Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes. (APA)