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Auffällige Rückenformen bei Kindern oder Teenagern könnten auf eine idiopathische Skoliose hinweisen.

Wenn Kinder oder Jugendliche eine auffällig Rückenform zeigen, könnte die Diagnose "Skoliose" lauten. Dabei handelt es sich um eine dreidimensionale Fehlstellung der Wirbelsäule: Bei gleichzeitiger Verdrehung einzelner Wirbelkörper, ist die Wirbelsäule dauerhaft zur Seite gekrümmt. Das hört sich gefährlich an, hat aber in den allermeisten Fällen keine weiteren Folgen, so lange es sich nur um ein leichtes Abweichen handelt.

Zehn Grad Krümmung und mehr

Die Diagnose Skoliose fällt dann, wenn die Krümmung zehn Grad überschreitet, bei geringerem Ausmaß sprechen Experten lediglich von einer Fehlhaltung. Oft ist es der Schularzt, der die Fehlstellung erkennt. "Es gibt einige relativ einfach zu erkennende Anzeichen dafür", weiß Franz Landauer, Oberarzt an der Salzburger Uniklinik für Orthopädie. "Man kann etwa prüfen, ob die Wirbelsäule im Lot ist, ob das Becken und die Schultern gerade sind oder abweichen und ob sich das Taillendreieck symmetrisch darstellt", erklärt er.

Ursachen sind unbekannt

Abgesehen von Krankheitsbildern wie Wirbelfehlbildungen oder neuromuskulären Erkrankungen, mit denen diese dreidimensionale Fehlstellung einhergehen kann, ist die Skoliose als idiopathisch zu bezeichnen. Das heißt, dass die Ursachen dafür nicht bekannt sind. Fest steht, dass von der Skoliose hauptsächlich Mädchen während des Erwachsenwerdens, also ab dem zehnten Lebensjahr bis zum Wachstumsabschluss, betroffen sind. "Weil etwa 80 Prozent der Betroffenen Mädchen sind und die Fehlstellung in der Adoleszenz auftritt liegt die Überlegung nahe, dass die Ursache in hormonellen Veränderungen liegt", so Landauer.

Vorsicht bei erblicher Vorbelastung

Hellhörig sollten Eltern in jedem Fall dann sein, wenn sie selbst oder ein weiter entferntes Familienmitglied betroffen sind. Ein echter Erbmodus ist zwar nicht bewiesen, aber die Wahrscheinlichkeit einer Skoliose steigt erfahrungsgemäß, wenn es in der Familie bereits ähnliche Fälle gibt oder gab. Der Mediziner rät ohnehin dazu, Kinder mit einer Wirbelsäulen-Fehlhaltung zu beobachten, um bei Bedarf möglichst frühzeitig zu behandeln und so eine Verschlechterung zu vermeiden.

Die idiopathische ist die häufigste Form der Skoliose, in den überwiegenden Fällen ist die Brustwirbelsäule betroffen und zumeist ist diese nach rechts gekrümmt. Die Rechtskrümmung erklärt man sich damit, dass das Herz mit der Aorta im Körper asymmetrisch angelegt ist und so die Wirbelsäule im Wachstum beeinflussen kann. Das links liegende Herz verdrängt quasi die Brustwirbelsäule nach rechts - bewiesen ist diese Annahme aber nicht. In der Regel hat der Betroffene keine Schmerzen, die Behandlung hat meist rein kosmetische Gründe.

Behandlung hängt vom Grad der Krümmung ab

Ob und wie behandelt wird hängt von mehreren Faktoren ab: Etwa vom Grad der Krümmung, von einer etwaigen erblichen Vorbelastung und davon, wie lange noch mit einem Längenwachstum zu rechnen ist. Denn Erfahrungswerte zeigen: Je früher eine Skoliose auftritt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für eine Verschlechterung. Ist der Patient fast ausgewachsen, wird die Krümmung bis Lebensende nicht mehr dramatisch zunehmen. Befindet er sich aber noch mitten in der Wachstumsphase und ist möglicherweise auch noch familiär vorbelastet, so muss etwas gegen das Fortschreiten der Krümmung unternommen werden.

Physiotherapie, Korsett und Operation

Für die Behandlung haben sich drei Methoden bewährt: Physiotherapie, Korsettbehandlung und Operation. Physiotherapeutische Übungen sind bei einer geringen Krümmung zwischen zehn und 20 Grad sinnvoll. Darüber hinaus und wenn sich der Patient noch im Wachstum befindet, kann ein Korsett angedacht werden, das im Dreipunkteprinzip Druck auf die Wirbelsäule ausübt. Es muss bis Wachstumsende getragen werden, begleitend ist eine Physiotherapie notwendig. "Eine Korsetttherapie kann die Krümmung nicht rückgängig machen, aber ein Entgleiten verhindern", erläutert Landauer. Schmerzen darf das Korsett nicht verursachen. "Es muss schließlich ge- und nicht ertragen werden", sagt der Arzt.

Wenn die Krümmung mehr als 50 Grad beträgt, ist über eine Operation nachzudenken. Denn Studien haben gezeigt, dass es durch die hohe biomechanische Belastung zu Abnutzungserscheinungen und mit einem Fortschreiten der Krümmung zu Schmerzen kommt. Bei einer Operation wird der betroffene Bereich mit Stäben und Schrauben versteift. Voraussetzung dafür ist, dass der Patient das Ende der Wachstumsphase weitgehend erreicht hat.

Ausgeprägte Skoliose ist selten

Bei einer Krümmung von über 80 Grad verkleinert sich das Lungenvolumen durch die starke Drehung zunehmend, die Gründe für eine Operation sind dann nicht mehr kosmetischer Natur. Eine derart ausgeprägte Skoliose ist aber sehr selten der Fall: Die Diagnose idiopathische Skoliose wird zwar bei einem bis zwei Prozent der Bevölkerung gestellt, davon müssen aber nicht einmal zehn Prozent behandelt werden, nur wenige davon operativ. "Pro Jahr werden höchstens zwischen 50 und 100 Menschen aufgrund einer Krümmung von mehr als 50 Grad in Österreich operiert", sagt Landauer.

Degenerative Skoliose

Im Unterschied zur idiopathischen Adoleszenzskoliose, also jener im Jugendalter ohne erkennbare Ursache, macht die degenerative Skoliose Menschen erst im höheren Alter zu schaffen. Durch Abnutzung, osteoporotische Frakturen oder Bandscheibenveränderungen kann es zu Stellungsveränderungen in der Wirbelsäule kommen. In diesem Fall ist hauptsächlich die Lendenwirbelsäule betroffen, Hauptgrund für eine Therapie sind dann die Schmerzen. Oft kann nur noch eine Operation Abhilfe schaffen. (Maria Kapeller, derStandard.at, 13.09.2011)