"Es ist ein empörender Fußtritt erfolgt", so kommentiert Norbert Steger seine Abberufung per Weisung als Mitglied des ORF-Stiftungsrates durch FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky. "Der zweite Sekretär" wisse offenbar nicht, dass man einen Stiftungsrat nicht abberufen könne, sondern dieser müsste selbst abtreten. Was er aber nun "sicher nicht" machen werde, sondern er werde "eisern bis zum letzten Tag da sitzen bleiben". Steger will die Causa nun mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache besprechen und erwartet sich dabei eine Zurechtweisung Vilimskys.

Demokratiestreit

Wenn man in einer so unwichtigen Causa wie der Wahl des ORF-Generalsekretärs so agiere, dann hinterfragt Steger die Regierungsfähigkeit der FPÖ. Der ehemalige Vizekanzler zeigt sich überzeugt, dass Strache von Vilimskys Weisung nicht informiert war. Letzterer habe seinen Chef nun in eine unheimlich schwierige Situation manövriert: "Er trägt einen veritablen Demokratiestreit pfeilgerade in das Führungsgremium hinein."

Nazistruktur

Die erstinstanzliche Verurteilung von Uwe Scheuch setzt Steger in Relation zu "echten großen Korruptionsfällen". Er finde es seltsam, dass niemand die Gelegenheit findet es vor einen Richter zu bringen, wenn ein Ex-Finanzminister mit 500.000 Euro über die Grenze fährt und sagt, seine Schwiegermutter habe ausprobieren wollen, ob er das Geld gut anlegt. Werner Königshofer kenne er gar nicht, mit dem wolle er sich auch gar nicht beschäftigen. "Ich schließe aus, dass es eine wirklich breite Nazistruktur in der FPÖ gibt", meint Steger und lobt die schnellen Reaktionen von Strache, wenn derartige Probleme auftreten.

Koalitionen

"Die Freiheitliche Partei hat derzeit keine andere realistische Option als die Zusammenarbeit mit der ÖVP", meint Steger angesprochen auf zukünftige Koalitionen. Ob Strache das Potenzial für den Kanzlerposten hätte? "Ich glaube, dass er ein unheimlich talentierter Politiker ist, der auch die Fehler nicht macht, die ein Jörg Haider gemacht hat." Aber er werde nicht Kanzler werden, wenn er nicht deutlich über 30 Prozent bekomme. 

Berg in der Wüste

Indirekte Kritik äußert Steger auch an Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann: "Ich glaube schon, dass es von der Kanzlerschaft Kreisky bis heute ein gewisser Abstieg in der Kanzlerschaft feststellbar ist." Auch zu ÖVP-Chef Michael Spindelegger will Steger keine direkte Kritik äußern. Er bemüht nur einen Vergleich: Früher seien die Politiker mit 8.000-er Bergen vergleichbar gewesen, heute. Daneben sei ein 2.000-er ein kleiner Berg, aber in der Wüste sei das sehr hoch. (rasch, derStandard.at, 11. August 2011)