Für viele wohl DIE treibende Kraft hinter den Konzepten von GNOME3: Red-Hat-Entwickler William Jon McCann.

Foto: Jon McCann

Den Schwerpunkt der weiteren GNOME3-Entwicklungen sollen für den Desktop optimierte, simple Anwendungen einnehmen. GNOME Documents ist bereits aktiv in Entwicklung...

Grafik: GNOME

während GNOME Music und...

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GNOME Photos derzeit nur als Mockups existieren.

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Beinahe neun Jahre nach der Freigabe von GNOME 2.0 hat das Projekt hinter dem Linux-Desktop Anfang April eine neue Generation der eigenen Software veröffentlicht: Mit GNOME 3.0 versucht man sich an neuen User-Experience-Konzepten, Herzstück ist die GNOME Shell, die sowohl die Aufgaben des Panels als auch des Anwendungsstarts effektvoll vereinigt. Eine der treibenden Kräfte hinter GNOME3 war von Anfang an William Jon McCann, der bei Red Hat beschäftigte Entwickler hatte die Funktionsweise der Shell - und des weiteren Desktops - in ausführlichen Design-Papieren festgelegt, und dann mit Hilfe zahlreicher anderer EntwicklerInnen und DesignerInnen in die Realität umgesetzt. McCann betont dabei immer wieder, wie wichtig es sei den Desktop als Ganzes zu denken und nicht als einzelne Komponenten, die irgendwie zusammenpassen.

Im Rahmen des kürzlich in Berlin abgehaltenen Desktop Summit hatte der WebStandard die Gelegenheit ein Interview mit McCann zu führen. Dabei verrät er unter anderem, was er von der - zum Teil recht harsch geäußerten - Kritik an GNOME 3.0 hält, warum er davon überzeugt ist, dass KDE und GNOME unterschiedliche Betriebssysteme sind, und wie es mit GNOME3 weitergeht - dies- und jenseits der "Cloud".

Die folgende deutschsprachige Übersetzung ist eine gekürzte Variante, wer den vollständigen Verlauf des - sehr ausführlichen - Gesprächs nachlesen will, sei auf das englischsprachige Original verwiesen.

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derStandard.at: Nach jahrelanger Entwicklung ist vor einigen Monaten GNOME 3.0 veröffentlicht worden. Wie glücklich sind Sie mit dem Endergebnis?

William Jon McCann: Ich bin stolz auf das, was wir erreicht haben. Es gibt natürlich immer Dinge für die man in der Retrospektive gerne mehr Zeit gehabt hätte. Aber mit GNOME 3.2 haben wir die Möglichkeit, mehr der anvisierten Ziele zu erreichen und sechs Monate danach noch einmal.

derStandard.at: Was sind die größten Lücken in 3.0?

McCann: Die Basics sind glaube ich alle da, die grundlegende Interaktion ist fertig, wenn wir die Touch-Benutzung ausnehmen. Das ist etwas, das wir bald nachholen müssen. Aber das ist sich sowohl aus Sicht des Designs als auch der Implementation einfach nicht mehr ausgegangen.

Was die größere GNOME3-"Story" angeht, gibt es hingegen noch einiges zu tun. Für 3.0 haben wir uns bewusst auf die Shell und die grundlegende User-Interaktion konzentriert. Der nächste große Schritt ist der Bereich Anwendungsentwicklung für GNOME3. Und sobald uns klarer ist, wie GNOME3-Anwendungen aussehen sollen, können wir aus den dort gesammelten Erfahrungen dann eine bessere "Developer Experience" entwickeln. Das beinhaltet dann neu User-Interface-Richtlinien und bessere, einfachere APIs.

derStandard.at: Um welche Anwendungen geht es dabei?

McCann: Die, die am wichtigsten für die Interaktion mit dem Kerndesktop sind, wie etwa die Shell. Dazu gehören Dinge, die man grob mit "Finden und Erinnern" umreißen könnte, Aufgaben für die man früher vor allem den Dateimanager verwendet hat. Das wären etwa "Musik", "Fotos", "Dokumente" und "Videos" - wobei Videos nicht notwendigerweise in einer eigenen Anwendung landen müssen, da sie immer entweder Foto- oder Musik-artig sind. Und dann denken wir noch an "Downloads", also wie wir zentral Up- und Downloads im Desktop managen könnten.

Daneben gibt es aber noch einige andere Anwendungen, die direkt die Shell betreffen. Am offensichtlichsten ist dabei wohl der Kalender, immerhin ist dieser an einer prominenten Stelle in GNOME3. Eine eigenständige Kalenderanwendung, direkt für GNOME3 entwickelt wäre natürlich fein. Ein simples Mail-Programm wäre auch toll, eines bei dem die gesamten Interaktionen so sind, wie man es von einer GNOME3-Anwendung erwarten würde. Wir haben Evolution, davon können wir sicher einiges lernen oder auch Teile weiter benutzen.

Das sind so die Basics. Aber es gibt natürlich noch andere Bereiche, wie den Fernzugriff, wo wir gern eine bessere Lösung hätten. Das gibt es zwar schon länger im GNOME, hat sich bislang aber immer etwas "fremd" angefühlt.

derStandard.at: In der Vergangenheit sind Zeitgeist und eine Art Tagebuch-Ansicht mehrmals als eine Lösung für "Finden und Erinnern" vorgeschlagen worden. Wie passt das mit GNOME Documents und all den anderen neuen Anwendungen zusammen?

McCann: Nun - GNOME Documents hat eine Ansicht, die eine Art Zeitlinie nutzt. Aber Tagebücher werden in der echten Welt nicht automatisch befüllt, man macht gezielt Notizen. Insofern ist es schwierig so etwas automatisch zu lösen, weil das sehr schnell unübersichtlich wird, und nicht alles was man tut, wichtig ist.

Aus diesem Grund zeigen wir - zumindest im aktuellen Design für GNOME Documents - nur jene Sachen, die "Office"- oder "PDF"-ähnlich sind, und es gibt eine der Zeit nach sortierte List mit hinzugefügten Dateien. Diese Idee ist auch keineswegs neu, Google Docs verwendet das als sein primäres Interface. Und das scheint gut zu funktionieren. Die ganz oben stehenden Sachen sind wichtiger, und jene, die älter sind und weniger oft benutzt werden, verschwinden langsam aus dem Blickfeld.

Ob dafür jetzt dann Zeitgeist verwendet wird oder nicht - ich halte mit aus der konkreten Implementation raus. Documents wird derzeit von Cosimo Cecchi entwickelt. Und ich sehe das so, dass die Person, die die Entwicklungsarbeit macht, auch die technologischen Entscheidungen treffen soll. Ich weiß ehrlich gesagt auch nicht, ob derzeit noch andere Journal-Lösungen aktiv in Entwicklung sind. Aber es gibt sicher noch Raum für Zusammenarbeit.

derStandard.at: Nachdem mit GNOME 3.2 das Gerätemanagement in die Shell selbst wandert und dann auch noch all diese neuen Anwendungen kommen. Welche Rolle bleibt da für den klassischen Dateimanager übrig?

McCann: Hoffentlich eine wesentlich weniger zentrale. Der Dateimanager wird natürlich nicht verschwinden, aber er ist ein ziemlich fortgeschrittenes Interface. Man benutzt ihn, wenn man direkt auf das Dateisystem zugreifen will, wenn man komplexe Managementaufgaben vorhat. Zudem funktioniert das ja alles nur mit lokalen Dateien - oder solchen bei denen wir - wie bei den ganzen Netzwerkdateisystemen - so tun als ob sie lokal wären.

Ein Trend ist meiner Meinung nach aber, dass immer mehr Cloud-Services für solche Daten genutzt werden. Fotos waren zuerst "Cloud-enabled", wenn man so will, Flickr und Picasa sind äußerst erfolgreich. Und auch Dokumente werden immer öfter online gespeichert. Musik ist dann als letztes dazugekommen, wohl wegen den gesamten legalen Problemen, die damit verbunden sind. Viele Leute haben zuvor ihre eigenen Wege gefunden, in dem sie Youtube zum Hören von Musik verwendet haben.

Es gibt eben nur begrenzten Speicherplatz auf einem Gerät, zudem ist es immer üblicher, eine ganze Reihe von persönlichen Geräten zu haben. Und die Synchronisierung von Daten ist eine sehr mühsame Angelegenheit. Das ist auch einer der Gründe warum Apple und andere sich dazu entschlossen haben, vom klassischen Dateimanager abzugehen - hin zu einem "Datenmanager", wozu sich ja iTunes entwickelt hat, nachdem es mehr als ein reiner Musik-Player wurde.

Gleichzeitig dürfen wir aber natürlich auch jene nicht vergessen, die ausschließlich lokal arbeiten wollen - etwa aus Gründen der Privatsphäre.

derStandard.at: Das langfristige Ziel ist es also, dass es egal wird, wo Daten gespeichert sind - lokal oder in irgendeinem Online-Service?

McCann: Das ist das angestrebte Ziel - und wir hoffen das wir da hinkommen. Aber was ich wirklich gern hätte: Man bekommt ein neues Gerät, erstellt den eigenen Account, erzählt dem Rechner etwas über sich, über die eigenen Online-Identitäten. Und wenn man diese Services aktiviert, tauchen die eigenen Daten automatisch im Musik-Player, in der Foto-Anwendung, im Mail-Client und der Dokumente-Anwendung auf - einfach so.

derStandard.at: Was passiert in einem solchen Modell wenn keine Internetverbindung vorhanden ist?

McCann: Ich denke, da können wir so einiges machen. Zwei Beispiele von denen wir etwas lernen können: Zunächst einmal: Wir haben nicht überall eine gute Datenverbindung, was ja auch hier auf der Konferenz ein Problem ist. Deswegen laden viele die lokalen Daten von Google Maps schon vorher in den Cache, um auch ohne Netz nach einer U-Bahn oder einem Restaurant Ausschau halten zu können. Das ist ein Modell, das wir nutzen können. Explizites, manuelles Caching also. Das zweite Beispiel ist Google Music: Wenn man dort ein Lied abspielt, ist es anschließend eine gewisse Zeit lang offline verfügbar. Und in der Kombination dieser zwei Methoden können wir wohl dafür sorgen, dass die eigenen Daten immer überall erhältlich sind.

derStandard.at: Wenn wir über die Cloud sprechen, sprechen wir eigentlich immer über nicht-freie Services. Wird durch deren Einbindung der freie Desktop weniger frei?

McCann: Ich glaube wir alle - mich inkludiert - haben einen starken Antrieb unser digitales Leben möglichst frei zu halten. Werden dieses durch die Nutzung von nicht-freien Services weniger frei? Wahrscheinlich. Hält uns alle das in der Realität von der Nutzung ab? Nein. Praktisch jeder nutzt etwas von Google. Und auch wenn Google noch nicht "böse" ist, man weiß natürlich nicht, wie sich das in der Zukunft entwickelt. Google ist eine Firma und als solche machen sie, was für die Aktionäre richtig ist, und das heißt nicht notwendigerweise, dass das gut für uns - oder unsere digitalen Rechte - ist.

Fürs Erste wollen wir uns mit Services integrieren, die die Leute bereits nutzen. Was ich aber hoffe, dass dann passiert - und hier wird es jetzt etwas spekulativ - ist, dass dadurch die Aufmerksamkeit für die Problematik der nicht-freien Services gesteigert wird und andere damit beginnen, bessere Lösungen zu entwickeln.

derStandard.at: Zuletzt gab es recht lautstark geäußerte Kritik an GNOME 3.0, wie geht man mit so etwas als Projekt um?

McCann: Ich glaube als Community betrifft uns das mehr auf einer persönlichen Ebene als auf der professionellen. Es ist nie nett, wenn Leute, für die man höchsten Respekt empfindet, ihre Kritik so gehässig formulieren. Aber das ist natürlich ihr gutes Recht, jeder hat eine Stimme im Internet und kann sagen, was er sich denkt. Und natürlich hören wir auch zu, wollen das nicht ignorieren.

Gleichzeitig dürfen wir dadurch aber auch nicht den Fokus auf das verlieren, was wir eigentlich erreichen wollen. Leider werden im Internet allgemein - und rund um freie Software im speziellen - oft nur die Stimmen jener, die am Lautesten sind, gehört. Wir müssen aber auch die Bedürfnisse der anderen in Betracht ziehen. Und es ist natürlich sehr schwer zu wissen, was die schweigende Mehrheit will. Insofern müssen wir nach beiden Seiten offen bleiben.

derStandard.at: Würden Sie zustimmen, das die Kritik zumindest in Teilen gerechtfertigt war, oder ist das für Sie nur eine Abwehr gegen jegliche Veränderungen?

McCann: Die Kritik ist insofern schon alleine deswegen gerechtfertigt, da sie ja nicht einfach erfunden wird, das also wirklich Sachen sind, die manche Leute nicht mögen. Und das ist auch soweit okay, es gibt schließlich eine Reihe von anderen Produkten, die die Bedürfnisse mancher besser befriedigen können. Was man aber nicht vergessen darf: Wenn wir uns das aus einer historischen Perspektive ansehen, dann ist das nicht das erste Mal, dass solche Reaktionen kommen. Teilweise waren es sogar exakt die selben Personen, die jetzt von den Vorzügen von GNOME2 schwärmen, dessen Konzepte anfänglich aber erbittert bekämpft haben. Oft wird zudem vergessen, dass wir die gleiche Gruppe an Personen sind, die GNOME2 entwickelt haben, insofern sehr gut wissen, was an diesem gut war - aber eben auch, was nicht funktioniert hat.

Einiges an der Kritik ist sicherlich berechtigt, und wir werden daraus unsere Schlüsse für den weiteren GNOME3-Zyklus ziehen - wir haben ja gerade erst eine Release gehabt. In einigen Vorträgen hier wurde betont, dass wir acht bis neun Jahre gebraucht haben, bis GNOME2 dort war, wo wir es schlussendlich hatten, und GNOME3 gibt es gerade erst vier Monate. Es gibt noch einige Löcher in unserer "Geschichte", wenn man sich das ansieht, werden sich einige fragen: "Warum ist das überhaupt hier? Macht das wirklich Sinn?" In vielen Fällen ist das, weil wir einfach noch nicht dazu gekommen sind, alles fertig umzusetzen. Und das wird sich weiter entwickeln, mit dem aktuellen Zyklus (GNOME 3.2, Anm.) wird das alles schon etwas konsistenter. Das heißt natürlich nicht, dass wir damit alle überzeugen können, zumindest werden die Leute aber mitbekommen, dass das alles sehr wohl durchdacht ist.

derStandard.at: Ist es überhaupt möglich einen Desktop zu entwickeln, der die Bedürfnisse aller - von EinsteigerInnen bis zu Kernel-EntwicklerInnen - abdecken kann?

McCann: Eigentlich denke ich, dass wir da ziemlich nah herankommen können. Im Endeffekt sind wir alle gar nicht so unterschiedlich. Wer hört sich keine Musik an? Wer braucht kein E-Mail, wer chatet nicht mit seinen Freunden? Oder nutzt das Web, wo sich längst der Großteil der täglichen Nutzung abspielt. Es gibt so viel gemeinsames. Wir neigen aber dazu uns zu sehr auf die Unterschiede zu konzentrieren.

Mittlerweile nutzen viele Hacker (in dem Fall: Entwickler, Anm.) Mac OS X, das finde ich natürlich schade. Und auch wenn es sicher viele Gründe dafür geben mag, so ist das jetzt nicht unbedingt ein auf Hacker ausgerichtetes Betriebssystem.

derStandard.at: In seiner Keynote auf dem Desktop Summit hat Nick Richards für Erweiterungen (die GNOME Shell besitzt ein eigenes Erweiterungssystem, Anm.) als Lösung für die Erfüllung unterschiedliche Bedürfnisse aber auch für das Experimentieren mit neuen Ansätzen beworben. Stimmen sie dem zu?

McCann: Erweiterungen sind sicher ein Teil einer Lösung, um Leute mit speziellen Bedürfnissen einzubinden. Er hat dafür ja auch ein großartiges Beispiel gebracht. Bei Intel verwendet man intern ein sehr spezielles System zur Nummerierung der Wochen. Und so etwas würde natürlich nie in GNOME3 landen, weil das für genau eine Firma auf der Welt sinnvoll ist. Für Intel-Angestellte ist das aber natürlich essentiell, und genau so etwas ist ein Fall, der sehr gut mit Hilfe von Erweiterungen gelöst werden kann.

Andererseits gibt es eine ganze Reihe von Beispielen, wo Erweiterungen wahrscheinlich nicht in unserem Interesse sind. Das heißt natürlich nicht, dass wir diese verhindern wollen, aber wir sollten uns dieses Dilemmas bewusst sein. Erweiterungen, die GNOME3 in GNOME2 zurückverwandeln, sind zum Beispiel aus mehreren Gründen kontraproduktiv. So macht es so etwas für externe Entwickler schwieriger. Wenn man eine Anwendung speziell für GNOME3 schreibt - und das ist ja etwas, das wir aktiv fördern wollen - dann ist es wichtig, dass man sich darauf verlassen kann, das gewisse Dinge an einem festen Ort sind.

derStandard.at: Sie haben in der Vergangenheit immer wieder einmal für ein eigenes "GNOME OS" geworben. Was ist die Idee davon?

McCann: Ich kann nicht behaupten, dass das meine eigene Idee ist, die Idee für ein GNOME OS kursiert schon seit 2003 oder so. Es gab sogar schon mal eine eigene Mailing-Liste. Und die Gründe, das zu machen, sind eigentlich gleich geblieben: Es ist einfach viel zu schwer an und mit GNOME zu arbeiten. Es gibt zu viele unterschiedliche Pfade. All die Distributionen unterscheiden sich ein bisschen, sie bekämpfen sich, wo sie eigentlich zusammenarbeiten sollten. Wenn wir wirklich eine gewisse "Vorzüglichkeit" erreichen wollen, etwas das besser designet, besser getestet ist und so mehr Beitragende anzieht, dann müssen wir es einfacher machen, das auch zu konsumieren. Entwickler müssen einfacher an Testversionen herankommen können, Dritthersteller muss es einfacher gemacht werden, die Software auf ihre Geräte zu spielen. Und für Endnutzer muss es einfach besser werden.

derStandard.at: Mit dieser Art von Fokus, wird Linux dann zu einem "Implementationsdetail"?

McCann: Ich glaube, das ist es auch. Wenn man sich andere Betriebssystem in unserem Ökosystem ansieht, dann ist Linux so etwas wie ein Fixpunkt. MeeGo, Android, WebOS. Sagen wir einmal, jemand hat eine Idee für eine gewisse User Experience und fragt sich, was er dafür benötigt, dann baut man sich das System nach den jeweiligen Bedürfnissen zusammen. Und wenn man dann auf der untersten Ebene ankommt, etwas braucht, dass die Kommunikation mit der Hardware übernimmt, wenn man Treiber benötigt, und es dann überhaupt noch eine Frage gibt, was man nimmt - also ich weiß nicht. Die Antwort ist natürlich Linux. Es ist frei, es ist großartig, es ist schnell.

derStandard.at: Wenn man sich auf der diesjährigen Konferenz umsieht, fällt auf, dass deutlich weniger EntwicklerInnen von Canonical anwesend sind, als in den vergangenen Jahren. Auch wenn Ubuntu weiterhin große Teile von GNOME verwendet: Ist das ein Zeichen für eine Spaltung der Community?

McCann: Ich glaube diese Spaltung ist schon vor einiger Zeit passiert. Wie ich schon gesagt habe, die zwei Dinge, die zählen, sind die User Experience und die Developer Experience. Und wenn sich diese unterscheiden, teilt man auch nicht mehr die gleichen Ziele, man arbeitet nicht mehr am gleiche Produkt. Wir teilen ja auch ziemlich viele Komponenten mit WebOS, und wir lieben WebOS, aber arbeiten wir am Gleichen? Nein, das sind unterschiedliche Dinge. Sie haben unterschiedliche Namen, unterschiedliche Identitäten, unterschiedliche APIs.

Ich glaube es ist wichtig sich in Erinnerung zu rufen, dass man unterschiedlich sein kann und doch Freunde. Es gibt keinen Grund, dass alle gleich sein müssen. Natürlich ist es unerfreulich, was passiert ist, weil uns jetzt weniger Leute helfen, und weil einige in der Mitte gefangen wurden.

derStandard.at: In einem gemeinsamen Vortrag von KDE- und GNOME-EntwicklerInnen wurde kritisiert, dass es zu viele Doppelspurigkeiten am freien Desktop gibt. Ist Unity ein weiteres Beispiel dafür?

McCann: Meiner Meinung nach machen sich die Leute manchmal zu viele Gedanken über diese Thema. Viele von uns denken sehr technisch, wir lieben es Code zu betrachten, ihn zu überarbeiten und zu sagen "dieser Teil macht etwas ähnliches, benutzt das selbe Muster, ich glaube wir können das zusammenfassen". Das ist für uns als Entwickler eine sehr natürlich Optimierung, und auch als Designer lieben wir die Reduktion. Aber ich glaub, dass dieser Antrieb kontraproduktiv sein kann, wenn er vom Blick vorwärts, vom Erreichen der eigenen Zielen abhält.

Insofern stört es mich überhaupt nicht, dass KDE und GMOME sehr ähnliche Dinge tun, und es gibt auch so viele Möglichkeiten zusammenzuarbeiten. Der Kernel, D-BUS, der X-Server - es gibt so viel gemeinsames. Ich denke vieles davon ist perfekt für die Linux Plumbers Conference (einer Konferenz, bei der sich jährlich die Entwickler des Kernels und anderer grundlegender Systemkomponenten zum Ideenaustausch treffen, Anm.), dort ist der Ort für Zusammenarbeit auf den tieferen Ebenen des Systems. Wo nicht nur GNOME und KDE zusammenkommen, sondern jeder, der den "Linux Base Stack" benutzt. Also auch Leute von MeeGo, Android oder WebOS.

derStandard.at: Das macht den "Desktop Summit" als gemeinsam KDE- und GNOME-Konferenz dann allerdings obsolet...

McCann: Meine ganz persönliche Meinung: Irgendwie schon. Ich weiß nicht, wie viele diese Meinung teilen, aber von der Perspektive der Endbenutzer und der Drittentwickler sind GNOME und KDE unterschiedliche Betriebssysteme. So wie auch MeeGo eine eigenes Betriebssystem ist.

(, derStandard.at, 15.08.11)