Primitive Neuentdeckung: Diese Vorform aalartiger Fische ist älter als die ältesten Aalfossilien.

Foto: Masaki Miya

Seit Charles Darwin in seinem Hauptwerk Die Entstehung der Arten (1859) das erste Mal den Begriff "lebendes Fossil" verwendete, erfreuen sich diese konservierten Überbleibsel aus längst vergangenen Zeiten großen Interesses. Einige dieser Fossilien fand man im Meer; das berühmteste ist wohl der Quastenflosser, von dem man dachte, dass er vor mindestens 65 Millionen Jahren ausgestorben sei - ehe man ihn 1938 wiederentdeckte.

Fast so spektakulär mutet der Fund einer bisher völlig unbekannten Aalart an, von der ein Team von Zoologen aus Japan und den USA nun in den Proceedings der Royal Society B berichtet: Der rätselhafte Fisch, den sie in einer 35 Meter unter dem Meeresspiegel gelegenen Riffhöhle vor der Küste der westpazifischen Inselrepublik Palau aufspürten, hat zwar viele Ähnlichkeiten mit den 19 Familien der Aalartigen. Doch Protoanguilla palau, wie die neue Art wissenschaftlich getauft wurde, hat auch noch ganz andere Merkmale, die außergewöhnlich sind.

Verschiedenen molekularbiologische und morphologische Analysen des rund zehn Zentimeter langen Fischs, der einen für Aale übergroßen Kopf, höchst primitive Kiemenöffnungen und auch noch deutliche Flossenstrahlen in der Schwanzflosse hat, zeigten, dass das Tier viel älter sein muss als die ältesten bekannten versteinerten Aalfossilien.

Damit dürfte es sich bei Protoanguilla palau um ein echtes lebendes Fossil handeln: eine Vorform der Aalartigen, die sich erst vor rund 100 Millionen Jahre entwickelten. Die Zoologen eröffneten für den absonderlichen Miniaal prompt eine neue "Familie" - die der Protoanguillidae nämlich. Die uralte Neuentdeckung ist ihr erstes und bisher einziger Mitglied. (tasch/DER STANDARD, Printausgabe, 17.08.2011)