Bis zu 20 Milliarden Sterne mit mindestens einer erdähnlichen Welt könnten in unserer Galaxis existieren - soweit zumindest die aktuelle Schätzung des Astronomen Francesco Pepe.

Foto: ESO

Genf/Heidelberg - Der Astronom Francesco Pepe vom Astronomischen Observatoriums der Universität Genf glaubt, dass es wesentlich mehr lebensfreundliche Planeten in unserer Galaxis gibt als bisher angenommen wurde. Noch vor weniger als einem Jahr schätzte der Wissenschafter die Wahrscheinlichkeit, dass um einen sonnenähnlichen Stern zumindest ein Planet mit erdähnlichen Eigenschaften kreist, auf etwa 25 Prozent. Nach neueren Auswertungen von Exoplaneten-Systemen dürften laut Pepe doch eher rund ein Drittel aller sonnenähnlichen Sterne passende Felsenplaneten besitzen.

Da im Schnitt jeder fünfte der 100 bis 300 Milliarden Sterne der Milchstraße der Sonne gleicht, könnte es bis zu 20 Milliarden Sterne mit mindestens einer erdähnlichen Welt in unserer Galaxis geben. Einen passablen Kandidaten haben Pepe und sein Team vor kurzem in nur 36 Lichtjahren Entfernung ausgemacht: Der Planet HD 85512b verfügt nach aktuellem Kenntnisstand über Bedingungen, die Wasser im flüssigen Zustand ermöglichen - damit könnte auf HD 85512b auch Leben existieren.

Habitable Zone ist nicht alles

Der Felsplanet hat die etwa 3,6-fache Masse der Erde und umrundet seinen Stern HD 85512 in nur 54 Tagen. Der Planet liege am inneren Rand der habitablen Zone, schreibt das Astronomen-Team in einer Studie, die im Fachmagazin Astronomy & Astrophysics erschienen ist.

Als habitable - also "bewohnbare" - Zone bezeichnen Astronomen jene Entfernung von einem Stern, in der Wasser auf einem Planeten nicht gefriert oder verdampft, sondern flüssig bleibt. Dass der neu entdeckte Planet trotz seiner kurzen Umlaufzeit noch bewohnbar sein könnte, liegt daran, dass sein Heimatstern kleiner und kühler ist als unsere Sonne.

Trotzdem müssen für eine allfällige Lebensfreundlichkeit noch weitere Voraussetzungen erfüllt sein, wie Pepe gemeinsam mit zwei Kollegen in einem zweiten Artikel schreibt, der ebenfalls in Astronomy & Astrophysics erscheinen soll. So müsste der Planet etwa eine Wolkenbedeckung von rund 50 Prozent haben. Weniger Wolken würde zuviel Sonnenlicht und damit zu hohe Temperaturen für seine Oberfläche bedeuten; eine zu dichte Wolkendecke würde zu Bedingungen wie auf unserer Venus führen. Zudem gehen die Forscher bei ihren Berechnungen davon aus, dass der Planet eine ähnliche Atmosphäre wie die Erde hat - mit den Gasen Sauerstoff, Kohlendioxid und Stickstoff.

Zwei aussichtsreiche Kandidaten

Ob der Planet auch mit anderen Zusammensetzungen der Atmosphäre bewohnbar wäre, können die Forscher nicht sagen. Sie postulieren aber, dass ihre Neuentdeckung gemeinsam mit dem ebenfalls von der Uni Genf aufgespürten Planeten Gliese 581 d der bisher aussichtsreichste Kandidat sei für einen bewohnbaren Planeten.

Gefunden haben die Astronomen den neuen Planeten mit Hilfe des von ihnen gebauten Instruments Harps, das am 3,6-Meter-Teleskop der Europäischen Südsternwarte ESO in den chilenischen Anden installiert ist. Harps misst die winzigen Effekte, welche die Anziehungskraft von Planeten auf den Stern hat, den sie umkreisen.

Rund 100 der bisher etwas über 570 entdeckten Planeten außerhalb unseres Sonnensystems gehen auf das Konto von Harps. Die erste Entdeckung eines solchen Exoplaneten gelang im Jahr 1995 ebenfalls zwei Forschern vom Genfer Observatorium, Michel Mayor und Didier Queloz.

In ihrer neuesten Untersuchung richteten die Astronomen Harps auf zehn Sterne und suchten sie gründlich nach allfälligen, relativ kleinen Planeten ab. Das Resultat: Mindestens drei der Sterne werden von solchen Begleitern umkreist. Neben dem Planeten um HD 85512 fanden die Forscher noch vier weitere Planeten. Die überraschend hohe Zahl an entdeckten kleinen Felsplaneten führte Pepe und sein Team schließlich zu der Vermutung, dass es in unserer Galaxis von lebensfreundlichen Welten nur so wimmelt.  (red/APA)