Werner Faymann war am Dienstag zu Gast bei Moderatorin Ingrid Thurnher und hatte mit 437.000 Zusehern deutlich weniger Zuschauer als im Jahr davor

Foto: ORF/MILENKO BADZIC

Auch im Finale sind die ORF-"Sommergespräche" heuer nicht wirklich in Gang gekommen. Am Dienstag absolvierte Bundeskanzler Werner Faymann als letzter den Liveauftritt bei Moderatorin Ingrid Thurnher und hatte mit 437.000 Zusehern dabei ebenfalls deutlich weniger Zuschauer als im Jahr davor, wo im Schnitt 567.000 zuschauten. Bei den Marktanteilen lag er sogar einen Prozentpunkt hinter FPÖ-Chef Heinz Christian Strache, der 19 Prozent (420.000 Zuseher) erreichte. Faymann kam auf 18 Prozent.

OGM-Chef Wolfgang Bachmayer sieht ein weiter steigendes Ausmaß an Politikverdrossenheit und eine "nach unten hin offene Vertrauensskala" in Politik und Institutionen als eine mögliche Ursache für die schlechten Quoten, wie er zur APA sagte. Ein weiterer Grund sei sicher das schöne Wetter gewesen, sagte der Meinungsforscher. Und: "Trotz der Relaunch-Versuche durch eine andere Art der Inszenierung sieht man, dass die Sommergespräche auch schon ein paar Jahre am Buckel haben." Im Gegensatz zum Vorjahr gebe es heuer auch keine Wahlen im Herbst.

Grundsätzlich stellen die ORF-"Sommergespräche" für ihn "ein gewohntes Produkt und gutes Format" dar. "Das hat Markencharakter und an einer eingeführten Marke sollte man wohl das eine oder andere verbessern, aber nicht zu viel verändern."

Auch inhaltlich zeigte sich Bachmayer zufrieden: "Es stimmt, dass die gleichen und erwartbaren Themen gebracht wurden - Stichwort: Vermögenssteuer, Leistung, Euro. Bemerkenswert war aber die Art, wie sich hier die Politiker strategisch in Stellung gebracht haben." So habe Faymann im "Wesentlichen das Ende des Kuschelkurses schwarz-rot sichtbar gemacht "und Strache seinen Kurs "raus aus dem rechten Eck" konsequent verstärkt, indem er einseitige Positionen aufgeweicht und differenziert habe.

Dittlbacher verteidigt Format und Moderatorin Thurnher

Fernseh-Chefredakteur Fritz Dittlbacher verteidigt das Format. "Natürlich hätte ich mir mehr Zuseher gewünscht", so Dittlbacher. Allerdings habe die Sendung an sich funktioniert, was sich schon dadurch ableiten lasse, dass die Zahl der Zuschauer im Sendungsverlauf gestiegen sei. Man habe auch nicht wie im Vorjahr einen starken Vorlauf durch "Liebesg'schichten und Heiratssachen" gehabt, die stets an der Millionengrenze gelegen seien.

Einen Politikverdruss bei den Zusehern ortet Dittlbacher nicht, räumt aber ein, dass die Themen, die die Parteichefs anschnitten, teils nicht die Neuesten waren. Der Fokus des öffentlichen Interesses liege in einem Jahr des arabischen Frühlings und der Naturkatastrophen außerdem nicht gerade auf der heimischen Parteienlandschaft, auch Wahlen oder große Konflikte gebe es im Inland nicht. Fazit: "Es war nicht das große Jahr der Innenpolitik. Das Überraschungsmoment überschaubar."

Kritik an Moderatorin Ingrid Thurnher lässt Dittlbacher keine gelten. "Sie hat das gut gemacht und kann das." Erfolg oder Misserfolg der Sendung ließen sich außerdem nicht an der Gastgeberin festmachen. "Es ist kein Format, in dem es um die Fragestellerin geht, sondern um die Gäste."

Das Schlusslicht bei den ORF-"Sommergesprächen" blieb ÖVP-Chef Michael Spindelegger, dem durchschnittlich 271.000 Seher bei einem Marktanteil von 14 Prozent zusahen. Grünen-Chefin Eva Glawischnig sahen 302.000 Seher (15 Prozent Marktanteil) und BZÖ-Chef Josef Bucher 325.000 Seher (13 Prozent Marktanteil). Fast gleichauf lagen der Kanzler mit 437.000 Sehern (18 Prozent Marktanteil) und der FPÖ-Chef mit 420.000 Sehern und 19 Prozent Marktanteil. (APA)