Der Faustkeil ist 350.000 Jahre älter als gedacht.

Foto: Pierre-Jean Texier, National Center of Scientific Research

London/Wien - Vor kurzem erst behaupteten Forscher, dass der Homo erectus der erste Koch des Planeten gewesen sei. Dieser Vorfahr des Menschen, der vor zwei Millionen Jahren in Ostafrika auftauchte und vor rund 70.000 Jahren ausstarb, hatte nämlich kleinere Backenzähne als andere vormenschliche Urahnen. Und das ließ den Schluss zu, dass der "aufgerichtete Mensch" sein Essen mit Feuer leichter kaubar machte.

Ein Team von Wissenschaftern aus den USA und aus Frankreich hat nun in der Nähe des Turkana-Sees in Kenia einen weiteren spektakulären Hinweis auf den hohen Entwicklungsstand des frühen Homo erectus entdeckt: 1,76 Millionen Jahre alte Faustkeile. Das Besondere daran: Die gefundenen Werkzeuge sind 350.000 Jahre früher entstanden als die bisher ältesten Geräte dieser Art.

Steinwerkzeuge aus der sogenannten Oldowan-Kultur, die man ebenfalls am neuen Fundort entdeckte, sind zwar noch etwas älter. Sie bestehen aber nur aus einem einfachen groben Steinabschlag. Die tropfenförmigen Faustkeile hingegen, die der altsteinzeitlichen Acheuléen-Kultur zugerechnet werden, wurden von beiden Schnittseiten her bearbeitet und stellen laut den Forschern einen enormen technischen Entwicklungssprung dar.

Der im Wissenschaftsmagazin Nature präsentierte Fund wirft freilich auch einige neue Fragen auf. 1,8 Millionen Jahre alte Überreste des Homo erectus wurden nämlich auch schon in Georgien gefunden - aber keine Faustkeile. Die Forscher vermuten, dass das dafür nötige Wissen bei der Auswanderung aus Afrika verlorengegangen sein könnte. (tasch/DER STANDARD, Printausgabe, 01.09.2011)