Geophysikalische Prospektionen haben in Ephesos einen riesigen antiken Baukomplex auf der großen Terrasse südlich des Domitianstempels  "zutage" gefördert. Auf dem Bild sind Fundort und rechts oben auch Umrisse zu sehen. (Foto: Niki Gail/ÖAI)

Foto: Niki Gail/ÖAI

Wien - Österreichische Wissenschafter haben in Ephesos (Türkei) einen riesigen antiken Baukomplex entdeckt. Mit Hilfe von Geomagnetik und -radar fanden Experten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) auf einer großen Terrasse nahe der oberen Agora ein bisher unbekanntes öffentliches Zentrum mit mehreren Monumentalbauten. "Wir haben überhaupt nicht damit gerechnet, dass dort das öffentliche Zentrum weitergeht - das ändert unser Bild der Stadt Ephesos gewaltig", erklärte die Grabungsleiterin und Direktorin des Österreichischen Archäologischen Instituts (ÖAI), Sabine Ladstätter, am Montag.

Mit Hilfe privater, von der Gesellschaft der Freunde von Ephesos gesammelter Mittel wurden heuer an verschiedenen Stellen geophysikalische Prospektionen durchgeführt. Dabei wird der Untergrund mittels Geomagnetik und -radar zerstörungsfrei untersucht. Auf einer großen Terrasse südlich des Domitianstempels nahe der oberen Agora, dem antiken Marktplatz, stießen die Forscher auf ein riesiges Gebäudeensemble. Herausragend dabei ist ein 7,5 Meter breites und mindestens 41 Meter, aber wahrscheinlich noch viel längeres Bauwerk im Zentrum eines Hofes, der von Säulenhallen umschlossen ist und durch eine monumentale Toranlage im Norden betreten werden konnte.

"Extrem guter Erhaltungszustand"

"Der Erhaltungszustand ist extrem gut, man sieht auf den Bildern die einzelnen umgestürzten Säulen und daneben die noch stehenden Säulenstücke", ist Ladstätter begeistert. Im kommenden Jahr soll mit ersten Grabungen begonnen und damit Klarheit über Funktion und Datierung des Baukomplexes gewonnen werden. Noch sind die Archäologen vorsichtig bei der Interpretation. Ladstätter verweist aber auf Überlieferungen, wonach es in Ephesos monumentale Anlagen zu Ehren der Kaiser gegeben habe, sogenannte Sebasteions. Es wurden in Ephesos zwar schon zwei Kaiserkultanlagen gefunden, "aber so eine Ansammlung an Gebäuden ist einzigartig", betonte die Archäologin.

Restaurierung von Wandmalereien

Ebenfalls mit Hilfe privater Mittel der Ephesos Foundation, einer türkischen Privatstiftung, wurde heuer die Restaurierung von Wandmalereien in den ersten vier Räumen im "Hanghaus 2" begonnen. Beim Hanghaus handelt es sich um einen 4.000 Quadratmeter großen, luxuriös ausgestatteten Wohnkomplex aus der römischen Kaiserzeit. Insgesamt warten rund 60 Räume auf ihre Konservierung und Restaurierung, je nach Größe und Qualität der Ausstattung werden zwischen 1.200 und 2.700 Arbeitsstunden pro Raum benötigt. Dabei werden die Malereien gereinigt, frühere restauratorische Eingriffe rückgängig gemacht, Putzschichten gefestigt, Fehlstellen gekittet, die Farben retuschiert und eine Schutzschicht gegen künftigen mikrobiologischen Befall aufgetragen.

Räume fürs Ephesos-Museum in Wien

Auch in Wien soll die Präsenz der archäologischen Grabung in Ephesos verstärkt werden. Das im Kunsthistorischen Museum Wien (KHM) untergebrachte Ephesos-Museum erhält vom KHM drei zusätzliche Räume, erklärte Ladstätter. Weil das Museum seit 1906 aufgrund eines Ausfuhrverbots archäologischer Funde keine neuen Objekte erhält, stehen die Verantwortlichen vor der "reizvollen museumspädagogischen Herausforderung, wie wir die moderne Grabung Ephesos darstellen können".

Dies soll u.a. durch eine virtuelle Rekonstruktion des Oktogons erfolgen. Besucher sollen den Grabbau von Arsinoe IV., einer ptolemäischen Prinzessin, virtuell besuchen und darin herumgehen können. Die Grabkammer wurde dazu bereits vollständig per Laserscan vermessen. Für die Umsetzung ist das ÖAI erneut auf private Mittel angewiesen - Ladstätter rechnet mit einer Realisierung frühestens 2013. Weiters sind im Ephesos-Museum ein Kinder-Corner und ein Lounge-Bereich geplant, wo man "vielleicht direkt mit Ephesos kommunizieren kann und der Museumsbesucher direkten Zugriff auf die gerade laufenden Arbeiten hat", so Ladstätter.

Ein knappes Drittel des gesamten Ephesos-Budgets von rund 700.000 Euro kommt laut Ladstätter aus privaten Quellen. 350.000 Euro steuert das Wissenschaftsministerium bei, der Rest kommt von Forschungsförderungsmitteln. Ladstätter wird bei der Festversammlung der Gesellschaft der Freunde von Ephesos am 2. November in Wien über die diesjährige Grabungskampagne berichten. (red/APA)