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Morbus Dupuytren ist eine gutartige Wucherung der Kollagenfascern. Sie führt dazu, dass sich die Finger nach innen krümmen.

Es beginnt mit einem Knubbel in der Handfläche meist unter dem Ringfinger oder dem kleinem Finger. Viele nehmen die gutartige Bindegewebswucherung vorerst nicht ernst. Erst wenn sie einen Strang bildet und mit der darüberliegenden Haut verklebt, die Finger dadurch mit der Zeit nach innen gezogen werden und Bewegungseinschränkungen verursachen, gehen Betroffene zum Arzt. Morbus Dupuytren oder Dupuytren'sche Kontraktur lautet dann die Diagnose für eine Erkrankung, die der französische Arzt Guillaume Dupuytren erstmals 1832 beschrieb. Menschen vorwiegend nordeuropäischer Herkunft sind betroffen, Männer sechsmal häufiger als Frauen, und obwohl es keine genauen Zahlen gibt, lassen Schätzungen vermuten, dass zirka 200.000 Menschen in Österreich an dieser gutartigen Wucherung des Kollagengewebes leiden, nur bei einem Viertel wird die Krankheit manifest und verursacht Probleme: beim Händeschütteln etwa oder beim Schuhebinden.

"Erst bei Funktionseinschränkungen werden medizinische Eingriffe erforderlich", sagt Matthias Wlk, Orthopäde am Wiener Herz-Jesu Krankenhaus. Konventionellerweise werden die wuchernden Kollagenstränge in einer Operation durchtrennt (Fasziotomie) oder teilweise bzw. ganz entfernt (Fasziektomie), auch durch eine Therapie mit Röntgenstrahlung kann die Erkrankung im Frühstadium verzögert werden.

Seit kurzem ist in Österreich zur Behandlung von Dupuytren Xiapex zugelassen, eine kollagenauflösende Substanz, die direkt in den Strang gespritzt wird. Es ist dies ein Enzym, das aus dem Bakterium namens Clostridium histolyticum gewonnen wird. Das Injizieren in die Hand tut weh und sei mit dem Schmerz eines Bienenstichs zu vergleichen, gibt Behandler Wlk die Erfahrungen seiner Patienten weiter.

Injektion statt Operation

Die gespritzte Substanz wirkt über Nacht - falls der Strang nicht von selbst reißt, wird er am nächsten Tag vom behandelnden Arzt "mit etwas Kraftaufwand", so Wlk, aufgebrochen, "dafür erspart man sich eine Handoperation". Auch Unfallchirurg Martin Leixnering vom Lorenz-Böhler-Krankenhaus in Wien, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Handchirurgie, ist überzeugt, dass "die neue injizierbare Therapie im Vergleich zur Operation eine Erleichterung für Patienten" ist.

Ein Wermutstropfen ist allerdings die Kostenübernahme. Die Behandlung wurde in Österreich bereits in 13 Spitälern bei 150 Patienten durchgeführt, allerdings gibt es überall lange Wartelisten, denn Spitäler können die Kosten nur für eine begrenzte Anzahl von Patienten über Fonds finanzieren. "Wir haben sehr genaue Kriterien, wer diese Spritze bekommen darf", sagt Wlk. So kommen vorerst nur Patienten infrage, bei denen die Krankheit erstmals und nur an einem Strang auftritt. Zudem versucht die Herstellerfirma Pfizer Ärzte, die Xiapex anwenden, speziell zu schulen, denn "wenn das kollagenauflösende Mittel zum Beispiel in die Sehne gespritzt wird, löst sich diese auf, was gravierende Folgen und mehrmalige Nachoperationen zur Folge haben kann", so Wlk. Er und Experten setzen sich für das Einrichten eines Registers ein, das es ermöglicht, die Effektivität des neuen Medikaments messen zu können. Vom Engagement der Dupuytren behandelnden Ärzte wird auch der Erfolg abhängen.

Ab November wird es jedenfalls so weit sein. Weil es in Österreich keinen Facharzt für Handchirurgie gibt, werden bei Dupuytren-Operationen Orthopäden, Unfallchirurgen und plastische Chirurgen gleichermaßen im Einsatz sein.

Wer als Patient nicht auf eine Warteliste will, sondern sich die Behandlung mit dem neuen Medikament leisten kann, muss mit rund 1000 Euro für die Spritze und je nach Arzthonorar zirka noch einmal so viel für die Behandlung danach rechnen. Der plastische Chirurg Veith Moser injiziert Xiapex nicht in seiner Privatordination, sondern im Evangelischen Krankenhaus, einem Privatspital. Der Grund: "Es gibt ein geringes Risiko, dass allergische Reaktionen auftreten, die Infrastruktur im Spital ist für diesen Extremfall sicherer", sagt er.

In den USA ist das Medikament schon seit Februar 2010 im Einsatz. Aus den dort gesammelten Daten weiß man auch, dass bei 19 Prozent aller Patienten, die mit Xiapex (in den USA heißt das Medikament allerdings Xiaflex) behandelt wurden, die Erkrankung danach noch einmal auftritt. Je weiter sich Morbus Dupuytren zu den Fingerspitzen hin manifestiert, um so häufiger sind die Rückfallraten. "Das entspricht aber auch der Rezidivrate, die wir nach Dupuytren-Operationen kennen", so Wlk. (Karin Pollack, DER STANDARD Printausgabe, 24.10.2011)