Im Bundeskanzleramt sieht man genug Zeit für eine Reparatur des ORF-Gesetzes, nachdem der Verfassungsgerichtshof wie berichtet die Regeln für die Direktwahl aufgehoben hat. Schließlich hatte der VfGH selbst festgehalten, dass es keine Auswirkung auf die aktuelle Besetzung des Publikumsrates gebe. Ob es auch künftig eine Wahl von Publikumsräten durch ORF-Teilnehmer geben wird, will "man sich ansehen", hieß es auf im Büro von Medienstaatssekretär Josef Ostermayer. Eine Neuregelung soll "rechtzeitig zur nächsten Wahl" stehen.

Zwar sei die Bestellung von sechs Mitgliedern - eben jenen Publikumsräten, die bisher per Faxwahl gekürt wurden - derzeit nicht geregelt, aber Folgen habe dies weder für die bereits durchgeführten Wahlen noch für das derzeit operative Gremium, hielt ein Sprecher Ostermayers unter Berufung auf eine Expertise des Verfassungsdienstes fest. Die gesetzlichen Grundlagen für die nächste Wahl seien so zu schaffen, dass die Bestimmungen über die Wahlberechtigten hinreichend konkret formuliert werden, so der Befund der hauseigenen Experten.

Sollte sich die Frage überhaupt stellen, die Direktwahl möglicherweise gänzlich zu streichen, so wäre dies von der Politik zu entscheiden, lautet der dahingehende Befund des Verfassungsdiensts: Dies sei "eine rechtspolitische Entscheidung." Und die Politik "wird sich das sicher ansehen", heißt es seitens des Staatssekretärs. Allerdings will man sich in seinem Büro noch zu "keiner Vorabfestlegung in irgendeine Richtung" hinreißen lassen. Man werde aber den neuen Bestellungsmodus "rechtzeitig angehen". Von Kritikern war das Prozedere, sechs Räte einem komplizierten Wahlprozedere mit geringer Beteiligung zu unterziehen mehrfach infrage gestellt worden.

Für die Nachfolge der aus der Publikumsvertretung ausgeschiedenen Kathrin Zettel ist das VfGH-Erkenntnis auch nicht von Belang. Denn wenn ein direkt gewähltes Mitglied den Publikumsrat verlässt, ist das Bundeskanzleramt für die Neu-Bestellung zuständig, das sei schon bisher stets die Regel gewesen.

Kläger Heilingbrunner sieht wichtigen Teilerfolg

Der Präsident des Umweltdachverbandes, Gerhard Heilingbrunner, der den Verfassungsgerichtshof angerufen hatte, sprach am Donnerstag von einem "sehr wichtigen Teilerfolg", wenn auch nicht alles erreicht worden sei: So habe er angestrebt, die Wahl 2010 gänzlich aufzuheben: "Das ORF-Gesetz, was die Publikumsratswahl betrifft als auch die Publikumsratswahl 2010 sind verfassungswidrig."

Heilingbrunner sieht nun aber die Chance für tiefgreifende Reformen der ORF-Gremien: "Bundesregierung und Parlament müssen ein neues ORF-Gesetz machen und die Wahl neu regeln. Die Faxwahl ist endgültig Geschichte." Er forderte, dass in Hinkunft alle Publikumsräte ausschließlich von den Rundfunkteilnehmern bestimmt werden sollen.

Auch im obersten ORF-Gremium will der Präsident des Umweltdachverbandes, der den Einzug in den Publikumsrat 2010 verpasst hat, Änderungen: "Wenn man einen unabhängigen ORF haben will, kann es nur so sein, dass die Publikumsräte aus ihrem Kreis den Stiftungsrat bestimmen." Alle Entsendungsrechte, seien es jene durch die Politik oder Interessensvertreter, müssten abgeschafft werden. Eine Aufhebung der Direktwahl kann Heilingbronner sich wiederum nicht vorstellen: "Dann müsste man zum Boykott aufrufen", sagte er. (APA)