Vierkanthölzer, die sich elegant und zugleich vorwitzig in den Raum strecken: Das Objekt "Aus Einander" von Paul Wallach (2011).

Foto: Galerie Heike Curtze

Wien - Die Ausstellung ist nicht für Wiener Hochnebel konzipiert. Und auch nicht für Novemberdüsternis. Paul Wallach (geb. 1960 in New York) wäre es aber dennoch am liebsten, in seiner Ausstellung in der Galerie Heike Curtze bliebe das Licht aus. Kein künstliches Licht aus Birne oder Röhre, das die Farbqualitäten seiner Objekte aus Holz, Leinwand, Schnüren und Pigment beeinträchtigt oder verfälscht - oder deren Schatten an der immergleichen Stelle fixiert.

Hinter der Arbeit mit dem den Tatsachen entsprechenden Titel Vert Devant (also "grüne Vorderseite") glimmt es sogar so intensiv hervor, als wäre hinter der einfachen, an einer Kordel aufgehängten kleinen Holzplatte mit den rohen Kanten ein eigener Glühkörper befestigt. Es ist aber lediglich auf die Rückseite aufgebrachtes neonrotes Pigment, das einen farbintensiven Schatten an die Wand wirft. Ein Schatten, der je nach Stand der Sonne über die Wand wandert und seine Gestalt verändert.

Der im Schatten sichtbar werdende Verlauf der Zeit ist für viele der unaufgeregten und aus einfachsten Materialien komponierten Arbeiten Wallachs wesentlich. On the Verge ("Auf der Kippe") heißt etwa eine frühere Arbeit (1989-2001) des in Paris lebenden Künstlers: Ihr Schatten hält sich darin scheinbar an die ihm gesetzten Grenzen. Denn er tanzt niemals über das definierte Linienfeld hinaus. In Wahrheit ist der Schatten aber ein Element, das Wallach durch die Form des schattenwerfenden Objekts zwar mitbestimmt, sich aber dennoch nicht fassen oder bannen lässt.

Der Schatten bringt zarte Momente der Variation und Bewegung in die Gebilde ein. Und er verbindet das Objekt über die Wand mit dem Raum. In der Wiener Schau ist das Schattenspiel auch in der Arbeit Aus Einander elementar. Darüber hinaus formulieren die lackierten und unlackierten Holzstäbe je nach Perspektive des Betrachters auch andere Volumen. Bei dieser einen sich in den Raum lehnenden Vorwitzigkeit bleibt es aber. Die meisten anderen Objekte konzentrieren sich auf ihre Gemachtheit: zusammengefügt aus mehreren Stücken. Und deren Schattenqualitäten? Die sind eher etwas für Sommersonnenlicht.  (Anne Katrin Feßler / DER STANDARD, Printausgabe, 24.11.2011)