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Das Ergebnis der Volksabstimmung ist für Winfried Kretschmann, den grünen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, ernüchternd. Er hatte 15 Jahre lang gegen den Bahnhof gekämpft.

Foto: dapd/Daniel Kopatsch

Winfried Kretschmann, grüner Ministerpräsident von Baden-Württemberg, versucht seine Enttäuschung gar nicht erst zu verbergen: "Für mich ist das eine harte Entscheidung", sagt er am Montag nach einer Sondersitzung seines grün-roten Kabinetts.

15 Jahre lang hatte er mit seinen Grünen Parteifreunden in Baden-Württemberg gegen den unterirdischen Superbahnhof S 21 gekämpft, seiner klaren Haltung gegen den Bahnhof verdankt er zum Teil auch, dass er zum ersten Grünen Ministerpräsidenten in Deutschland gewählt wurde.

"Demokratische Wendung"

Und nun ist die Volksabstimmung überraschend deutlich ausgefallen - allerdings nicht im Sinne der Grünen: Die Mehrheit von 58,8 Prozent der Bürgerinnen und Bürger ist für den neuen Bahnhof. Sogar in Stuttgart selbst will ihn die Mehrheit (52,9 Prozent). Die Gegner verpassten auch das nötige Quorum deutlich: Für die Annahme des Ausstiegs-Gesetzes (keine Bau-Finanzierung durch das Land) hatten sich nur 19,8 Prozent der Stimmberechtigten ausgesprochen. 33 Prozent wären nötig gewesen.

Doch Kretschmann ist Profi genug, um der Niederlage auch etwas Gutes abzugewinnen. Er lobt die Beteiligung an der Abstimmung und erklärt: "Es ist der Koalition gelungen, dieses große Konfliktthema demokratisch gut zu wenden." Die "Herausforderung werde man nun annehmen, "ohne Hintertürchen und doppelten Boden".

Weiter Streit um Baukosten

Das bedeutet: Die Grünen werden den von CDU und FDP eingeleiteten Bahnhofsbau nicht länger bekämpfen, sondern wollen "jetzt umschalten von ablehnend-kritisch auf konstruktiv-kritisch", wie Kretschmann betont. Dabei wollen sie vor allem die Kosten fest im Blick haben. Maximal 4,5 Milliarden Euro insgesamt sind für den Bau veranschlagt, das Land Baden-Württemberg muss 930 Millionen Euro bezahlen.

Und dabei werde es auch bleiben, sagt Kretschmann. Wird der Bau noch teurer (was die Gegner befürchten), beteiligt sich das Land an diesen Mehrkosten nicht. Allerdings muss Kretschmann einräumen, dass die Bahn das anders sieht. So mahnt Rüdiger Grube, Chef der Deutschen Bahn, am Montag auch: "Es darf sich keiner in die Ecke setzen und sagen: ich nicht." Der Stuttgarter Bahnhof werde nun auf jeden Fall gebaut, auch wenn er noch teurer wird.

Bahnhof soll zügig errichtet werden

Grube ist über das Ergebnis der Volksabstimmung natürlich hochzufrieden. Er habe "selten eine so große Unterstützung für ein Infrastrukturprojekt erlebt", sagt er. Der Bahnhof soll nun zügig errichtet werden, 2019 könnten die ersten Züge darin halten.

Für die Umsetzung wird auch künftig Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sorgen. Er ist einer der schärfsten Gegner des Projekts, lehnt aber einen Rücktritt nach der Volksabstimmung ab. Die Bahnhofsgegner wollen auch weiterhin gegen den Bau demonstrieren. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, Printausgabe, 29.11.2011)