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Hat den Austritt Kanadas aus dem Kioto-Protokoll penibel geplant: Umweltminister Peter Kent.

Foto: REUTERS/Chris Wattie

Ottawa/Wien - Das hat es noch nicht gegeben: Erstmals in der Geschichte des internationalen Klimaschutzes hat ein Land sein Ausscheren aus dem Kioto-Protokoll angekündigt. Kanadas Umweltminister Peter Kent hat in der Nacht auf Dienstag bekanntgegeben, sein Land werde vom Recht Gebrauch machen, vorzeitig aus dem 1997 in Japan vereinbarten Protokoll auszusteigen.

"Das Kioto-Protokoll umfasst nicht die beiden größten Emittenten, die USA und China, und kann somit nicht funktionieren", sagte Kent. Kurz zuvor hat sich der UN-Weltklimagipfel im südafrikanischen Durban auf einen Fahrplan für die Zeit nach dem Auslaufen des Kioto-Protokolls Ende 2012 verständigt.

"Über Strafgeld diskutieren" 

Die Reaktionen aus China folgen prompt: Der Schritt laufe den Bemühungen der internationalen Gemeinschaft zuwider, sagte Außenamtssprecher Liu Weimin am Dienstag. "Wir hoffen, dass Kanada sich seinen Verpflichtungen stellt und eine konstruktive Haltung zu seiner Teilnahme an der internationalen Zusammenarbeit gegen den Klimawandel einnimmt." China ist weltweit der größte Kohlendioxid-Emittent, besteht aber darauf, als Entwicklungsland von verbindlichen Verschmutzungsbegrenzungen ausgenommen zu werden.

Kritik an Kanadas Ankündigung und an Nikolaus Berlakovich (VP) kam von Umweltverbänden und Grünen. Der Umweltminister hatte nach dem Ministerrat am Dienstag gemeint, dass man nach dem Schritt Kanadas nun über die mit dem Kioto-Vertrag verbundenen Strafzahlungen diskutieren sollte. Österreich drohen wegen zu hohen CO2-Ausstoßes Strafzahlungen in Höhe von 600 bis 1000 Mio. Euro. Berlakovich sei rücktrittsreif, sagte Grünen-Umweltsprecherin Christiane Brunner.

Das Kioto-Protokoll ermöglicht es Staaten, frühzeitig aus dem Vertrag auszusteigen - und zwar ein Jahr, nachdem sie den Austritt angekündigt haben. Nach Angaben des kanadischen Umweltministers spart Kanada nun 14 Mrd. Dollar (10,5 Mrd. Euro) an Strafzahlungen für das Nichteinhalten der im Protokoll gesetzten Ziele.

In Kanada selbst hagelte es ebenfalls Proteste: Die Abgeordnete der oppositionellen Neuen Demokraten, Megan Leslie, sagte, Ministerpräsident Stephen Harper verhalte sich wie ein Kind, das wisse, dass es die Klasse nicht schaffe, und deshalb dann lieber vorzeitig die Schule verlasse.

Die Umweltgruppe Climate Action Network Canada nannte den Schritt "einen Schlag ins Gesicht der internationalen Gemeinschaft" und völlig unverantwortlich.

"Die unmittelbaren Auswirkungen des Rückzugs von Kanada aus dem Kioto-Abkommen sind für das Klima de facto null. Kanada wird deswegen nicht mehr oder weniger Treibhausgasemissionen reduzieren. Politisch aber ist es eine Katastrophe, sagte die Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb dem STANDARD. "Es stellt sich die Frage: Welche Verbindlichkeit haben künftige Abkommen?" (DER STANDARD, Printausgabe, 14.12.2011)

=> Hintergrund: Das Kyoto-Protokoll

Hintergrund: Das Kyoto-Protokoll

 

Das Kyoto-Protokoll ist das bisher wichtigste internationale Instrument zum Klimaschutz. Auf der Weltklimakonferenz im japanischen Kyoto 1997 hatten sich die 160 Vertragsstaaten auf dieses Abschlussprotokoll mit völkerrechtlich verbindlichen Vorgaben geeinigt. Sie verpflichteten sich, den weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen von 2008 bis 2012 um mindestens fünf Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 zu senken. 2012 läuft das Abkommen aus.

Von minus acht bis plus zehn Prozent reichten die Vorgaben für die einzelnen Länder. Kanada sollte den Ausstoß der sechs Treibhausgase um sechs Prozent mindern - so wie auch Japan, Polen und Ungarn. Auch Wälder und Böden durften dabei in bestimmten Grenzen als Klimaschutzbeitrag einberechnet werden, da sie Kohlenstoff speichern. Vor allem waldreiche Länder wie Kanada und Russland profitierten von dieser Möglichkeit.

In Kraft trat das Protokoll 2005 einige Wochen nach dem offiziellen Beitritt Russlands. Um das Vertragswerk in Kraft zu setzen, mussten ihm 55 Staaten beigetreten sein, auf die mindestens 55 Prozent des Kohlendioxid-Ausstoßes der Industrieländer von 1990 entfielen. Die USA haben es nie ratifiziert. (APA)