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Proteste vor der Akademie der Wissenschaften im ersten Wiener Gemeindebezirk gegen einen "Kahlschlag in der Grundlagenforschung"

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

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ÖAW-Präsident Helmut Denk

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Wien - Mit einem Aktionstag in Wien und Graz protestierten MitarbeiterInnen der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) Montag Nachmittag gegen geplante Einsparungen, "um den Kahlschlag in der Grundlagenforschung abzuwenden". Es seien "300 von insgesamt 789 Vollzeitstellen und der Forschungsstandort Österreich bedroht", warnte die Plattform "Rettet die ÖAW" bei einer Pressekonferenz in Wien. Sie fordert die Neuverhandlung der Leistungsvereinbarung (LV) zwischen ÖAW und Wissenschaftsministerium, einen sofortigen Kündigungsstopp, mehr Mitspracherechte für ÖAW-MitarbeiterInnen bei strategischen Entscheidungen und einen Runden Tisch mit allen Beteiligten.

ÖAW-Präsident Helmut Denk sprach beim Aktionstag davon, dass das derzeitige Finanzierungskonzept "das Maximum des unter den gegebenen Umständen Erreichbaren" sei. Die Leistungsvereinbarung gebe zwar Planungssicherheit für drei Jahre: "Das derzeitige Budget reicht allerdings nicht aus, um die ÖAW in der derzeitigen Form weiterzuführen. "

Leistungsvereinbarung

Anfang November haben ÖAW-Führung und das Ministerium die erste Leistungsvereinbarung für die Akademie für 2012 bis 2014 unterzeichnet. Aus dieser ergibt sich laut ÖAW eine Budgetlücke von rund 40 Millionen Euro in den kommenden drei Jahren. Deshalb sollen Einrichtungen und Institute geschlossen bzw. an Universitäten angegliedert werden. Derzeit verhandeln Ministerium und Akademie über einen konkreten "Reform- und Restrukturierungsplan".

Eine vom ÖAW-Betriebsrat Mitte November aufgelegte Petition haben mittlerweile mehr als 13.000 Personen unterzeichnet. Es gebe auch zahlreiche UnterstützerInnen aus der nationalen und internationalen Wissenschaftsgemeinschaft, etwa vom Historiker Gerald Stourzh, der von einer "drastischen Schwächung" der ÖAW spricht und fordert, "diese forschungspolitische Fehlentscheidung raschest zu korrigieren".

"Stimmungswechsel" und Mitsprache

Beim ÖAW-Präsidium ortet Plattform-Sprecherin Monika Mokre mittlerweile einen "Stimmungswechsel", habe es doch der Plattform für "die Loyalität zur Akademie" gedankt und gemeint, "wir sitzen alle im selben Boot". Für Mokre ist das Gesamtkonzept der LV unklar - dass Einrichtungen geschlossen bzw. an Universitäten abgegeben werden sollen, gefährde die Vielfalt. "Es kann doch nicht wahr sein, dass die ÖAW 300 Stellen verliert, während in anderen Ländern wie Deutschland die Grundlagenforschung ausgebaut wird", so Betriebsrätin Heidemarie Uhl.

Kritisiert wird von Plattform und Betriebsrat, dass ÖAW-MitarbeiterInnen kein Mitspracherecht bei strategischen Entscheidungen hätten, sie seien mit der LV "vor vollendete Tatsachen gestellt worden". Plattform-Sprecher Florian Ruppenstein: "Hochqualifizierte Wissenschafter in der ÖAW haben weniger Mitspracherechte als die Studenten an den Universitäten." Die Plattform fordert daher einen Runden Tisch mit allen Beteiligten.

Für Ruppenstein weist die LV "handwerkliche Mängel" und "logische Brüche" auf. Eine Aufstockung des derzeit geplanten Budgets um nur fünf Millionen Euro jährlich würde der Akademie "immens dienen". Bei der Pressekonferenz anwesende Mitarbeiter bzw. Institutsdirektoren der ÖAW wiesen darauf hin, dass bereits heuer "etliche Dutzende Stellen" durch Auslaufen der Dienstverhältnisse verloren gegangen seien, die Konferenz der Institutsdirektoren sei gespalten, weil es "Gewinner und Verlierer" gebe.

Ministeriumsreaktion

Das Wissenschaftsministerium sah den Aktionstag als "Chance zur umfassenden Kommunikation" und entsandte Forschungssektionschefin Barbara Weitgruber zu den protestierenden ForscherInnen. Budgetkürzungen gibt es laut Ministerium nämlich "keine", in der Leistungsvereinbarung werde ein gleichbleibendes Budget für die nächsten drei Jahre fortgeschrieben, heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums. Real bedeutet ein gleichbleibendes Budget aber durch steigende Preise und Gehälter natürlich weniger Geld für die ÖAW.

Zudem weist man seitens des Wissenschaftsressorts auf den Betrag von zehn Millionen Euro hin, den die ÖAW für Restrukturierungsmaßnahmen erhält. "Zusätzlich stehen der ÖAW zur Neuvergabe in den kommenden drei Jahren bis zu 27 Millionen Euro zur Verfügung. Damit sollen sinnvolle Struktur- und Synergiemaßnahmen gesetzt werden, die Forschungsarbeitsplätze sichern, Forschungsprojekte weiterführen und Schwerpunktsetzungen für die Zukunft ermöglichen sollen", heißt es in der Stellungnahme.

Das Ressort betont, dass das ÖAW-Budget zwischen 2007 und 2010 um insgesamt 39 Prozent angehoben worden sei. Es seien aber die entsprechenden Planungen und Maßnahmen ausgeblieben, "um das bekannte Abklingen der Budgetsteigerungsraten ab 2010 zu berücksichtigen". Es sei Aufgabe der ÖAW, "Reformschritte so zu setzen, dass sie nicht personalwirksam werden". (APA/red)