Im Banne der Kampagne: Ryan Gosling als Polit-Berater Stephen Meyers in "The Ides of March". 

Foto: Tobis

George Clooney, Philip Seymour Hoffman und Ryan Gosling.

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US-Star Ryan Gosling tritt als Jungtalent den Weg in die Desillusionierung an

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Wien - Obwohl bereits alle Ampeln auf Grün standen, hat George Clooney im Jahr 2007 sein Regieprojekt The Ides of March noch einmal auf Eis gelegt. Die Adaption von Beau Willimons Theaterstück, in dem es um Inszenierung und Amoral in der Politik geht, schien ihm nach der Wahl Barack Obamas zum US-Präsidenten nicht mehr den Zeitgeist zu treffen. Dass sich dies nun am Ende von dessen erster Amtsperiode geändert hat, spricht eigentlich für sich selbst. Dabei ist der Fokus des Films, wie schon sein cäsarischer Titel vermuten lässt, gar nicht so sehr auf wiedererkennbare Realitäten ausgerichtet. The Ides of March ist eher eine Parabel als ein Zeitstück: Ihre härteste Lektion liegt vielleicht darin, dass sie sich keinen Illusionen hingibt.

Für seinen Helden, den Polit-Berater Stephen Meyers (Ryan Gosling), trifft das anfangs allerdings noch nicht zu. Er ist einer jener hochtalentierten Männer im Schatten des Demokraten Mike Morris (George Clooney), welcher die Primaries für sich entscheiden will, um der nächste Präsident zu werden. Während Morris durch Charisma und für die US-Politik ungewohnt offene, ökologiebewusste Statements besticht, sorgt Meyers dafür, dieses strahlende Image zu bewahren, indem er Presse und Gegner in Schach hält. Er glaubt an seinen Mann, auf eine vielleicht sogar ein wenig naive Weise. Damit hat er natürlich einiges zu verlieren.

Flache Hierarchien

Clooney hat schon in seinem Medienkammerspiel Good Night, and Good Luck bewiesen, dass er sich auf die Inszenierung sozialer Häufungen versteht. Er mag flache Hierarchien, um sich ein Bild von jenen versteckteren Zonen einer Arbeitswelt machen zu können, die sonst gerne im Dunkeln bleiben. Ähnlich wie Sidney Lumet kombiniert er dies mit einer engagierten Haltung, die eher zum Differenzieren als zum Moralisieren neigt. So sind die besten Passagen von The Ides of March dann auch jene, in denen das nervöse Auswerten von Daten in den Blick gerät, die Wendigkeit im Planen von Strategien, um die Performance zu verbessern, Chancen zu erhöhen, kurzum: der Kontrollraum der Kampagne.

Der Nachdruck, den Clooney auf diese Ebene legt, zeigt sich schon in der Besetzung der gegnerischen Hauptstrategen durch zwei schauspielerische Schwergewichte wie Philip Seymour Hoffman und Paul Giamatti. Der eine ein Kerl, der viel auf Integrität hält und seine Erfahrung wie einen Bauch vor sich herträgt; der andere ein schmieriger, mephistophelischer Zuflüsterer, dem jedes Mittel recht ist, um zum erwünschten Ergebnis zu kommen. Ihnen zuzusehen, wie sie diese Welt der falschen Freunde geschickt zu nutzen verstehen und kantige Dialoge im Stil von Allan Sorkin (The West Wing) wechseln, macht am meisten Spaß.

Das Drama um Ryan Goslings ehrgeizigen Meyers, der neben diesen beiden bestehen will, gehorcht dagegen eher gängigen Erzählkonventionen. Der aufstrebende Mitarbeiter mit dem sanften Lächeln - mit Gosling übrigens ideal besetzt - lässt sich verführen und gerät dabei unter die Kontrolle von anderen. Evan Rachel Wood als flirtende Praktikantin spielt dabei neben anderen eine Rolle - es gehört zu den Seltsamkeiten dieses Filmskripts, dass es zwar das Naheliegendste umgeht, mit dem, was tatsächlich eintritt, aber auch nicht zu überraschen versteht.

Aber vielleicht ist die Profanität des Geschehens genau der Punkt von The Ides of March. Hinter allen Versprechungen und Inszenierungen der Politik finden sich keine sinistren Verschwörungen, wie dies in den Polit-Thrillern der 1970er-Jahre proklamiert wurde, sondern nur das, was wir alle immer schon vermuten haben: ein paar Männer (und wenige Frauen) mit aufgeblähtem Ego in einem Rennen, in dem nicht der Klügste gewinnt, sondern der Gerissenste. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD/Printausgabe 21.12.2011)