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Sabine Ladstätter ist "Wissenschafterin des Jahres".

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Als weltoffene Kärntnerin mit dem FPÖ-Politiker Fritz Schretter als Vater kann man wahrscheinlich nur mitlaufen und untergehen oder von Anfang an starke Signale setzen, die die ganz andere Weltanschauung deutlich machen: Sabine Ladstätter studierte, weil sie es schon von klein auf so wollte, Klassische Archäologie sowie Ur- und Frühgeschichte und hat sich in ihrer Dissertation mit slawischen Spuren in Kärnten beschäftigt. Da habe sie Mut bewiesen, sagte ihr Doktorvater Franz Glaser stolz über Ladstätter, die seit 2009 Direktorin des Österreichischen Archäologischen Instituts (ÖAI) ist und nun, weil sie gern und verständlich über ihre Arbeit spricht, vom Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten zur Wissenschafterin des Jahres 2011 gewählt wurde.

Weniger Mut als Beharrlichkeit brauchte Ladstätter in den vergangenen fünf Jahren. Die Wissenschafterin, die seit Mitte der 1990er-Jahre an Grabungen in Ephesos teilgenommen hatte, wurde als neue Grabungsleiterin an diesem prestigeträchtigen Ort in der Nähe von Izmir in der Türkei vorgeschlagen - und von den türkischen Behörden, die zustimmen mussten, abgelehnt. Freilich nicht, weil sie Einwände gegen Ladstätter und ihre fachliche Kompetenz hatten, sondern weil wohlmeinende Informanten aus Österreich den Behörden erzählten, dass sich Ladstätters Vater türkenfeindlich geäußert habe.

Ein Getuschel begann, das sich Ladstätter auch mit der kleinen heimischen Archäologengemeinde erklärt. Der Vorwurf schmerzte doppelt, weil die Wissenschafterin, die mit ihrer siebenjährigen Tochter doch einige Zeit im Jahr in Ephesos verbringt und die Landessprache ganz ordentlich spricht, als "ausgesprochen turkophil" gilt. Der ehemalige Wissenschaftsminister Johannes Hahn handelte schließlich einen Kompromiss aus. Ladstätter wurde zunächst stellvertretende Grabungsleiterin. 2010, beim nächsten Versuch, die Kärntnerin war bereits ÖAI-Direktorin, ließen sich die türkischen Behörden überzeugen.

Ob Schretter, Vorstand des Kärntner Abwehrkämpferbundes, türkenfeindlich sprach, wurde nie nachgewiesen. Freilich auch das Gegenteil nicht. Die Archäologin, Jahrgang 1968, will diese Geschichte aber hinter sich lassen und sich dem Wissenschaftsmanagement am ÖAI und in Ephesos widmen. Und das heißt für sie nicht zuletzt, darüber zu reden, warum sie es spannend findet, "die kulturelle Vergangenheit der Menschen freizulegen". (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10. Jänner 2012)