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Wien - FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache spricht von einer "parteipolitisch motivierten Schlammschlacht" gegen ihn. Seine Aussagen zu den "neuen Juden" und sein Vergleich mit der "Reichskristallnacht", dem Novemberpogrom von 1938, beim Ball des Wiener Korporationsrings (WKR) seien völlig falsch berichtet worden. Strache bestreitet die Aussagen nicht, behauptet aber, sie seien in einem Vieraugengespräch mit Klaus Nittmann, Chef des freiheitlichen Bildungsinstituts, gefallen. DER STANDARD und andere Medien hätten sie bewusst aus dem Zusammenhang gerissen. DER STANDARD weist dies nachdrücklich zurück.

Strache hat am Dienstagabend in der "ZiB 2" erklärt, die Vergleiche mit dem Nationalsozialismus hätten die Ball-Gegner getroffen: Diese hätten die Gäste attackiert und etwa "Erschießt die Nazi-Schlampen!" gerufen. Das Pogrom von 1938 sei einzigartig, und "Wir sind die neuen Juden" sei ein Zitat des verstorbenen Ex-FPÖ-Chefs Jörg Haider, das bei dem Ball zur Sprache gekommen sei.

DER STANDARD hält dazu fest, dass STANDARD-Redakteur Tobias Müller kein Gespräch zwischen Strache und Nittmann belauscht hat, sondern mit seiner Begleiterin daran teilgenommen hat. Müller und seine Begleiterin hatten Strache am Gang vor seiner Loge angesprochen und um ein Autogramm gebeten (siehe Abbildung), woraus sich ein Gespräch entwickelte. Weil Strache keine Autogrammkarten dabeihatte, schrieb er auf eine Visitenkarte. Kurz darauf stieß Nittmann zur Gruppe, zeitweise standen noch zwei weitere Gäste, ein älteres Ehepaar, bei der Gruppe dabei.

Bei dem Gespräch zwischen Strache und dem STANDARD-Redakteur Tobias Müller während des Balles in der Hofburg ist nie der Name Haider gefallen. Auch war zu keiner Zeit von einem Haider-Zitat die Rede. Dies kann auch Müllers Begleiterin bestätigten, die von Anfang an diesem Gespräch teilgenommen hat.

Strache hat von sich aus, ohne von Müller darauf angesprochen worden zu sein, von Angriffen auf Burschenschaftsbuden gesprochen und diese mit der "Reichskristallnacht" verglichen sowie den Satz "Wir sind die neuen Juden" formuliert. Müller kann und würde dies auch vor Gericht unter Eid bezeugen.

Dass die FPÖ gegenüber dem Nationalsozialismus eine klare Distanzierung vermissen lasse, weist Strache zurück. Seine Partei habe mit Antisemitismus und Nationalsozialismus nichts zu tun.

Verwirrung herrschte am Mittwoch über die Aussage Straches in der "ZiB2", das Gespräch mit Müller habe stattgefunden, "wo ja Verfassungsschutzbeamte bei mir gestanden sind und mich begleitet haben". Diese Behauptung Straches konnte die Wiener Polizei auf STANDARD-Nachfrage "nicht bestätigen". Weder Beamte des Bundesamtes noch des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT und LVT) hätten Strache auf dem Ball begleitet. Für Nichtregierungsmitglieder sei das auch nicht üblich. Es gab nur die "ganz normale Überwachung des Balles durch das LVT".

Nach STANDARD-Informationen gibt es unter Straches Leibwächtern karenzierte Polizisten. Diese standen aber beim Gespräch nicht unmittelbar dabei. (cms, DER STANDARD, Printausgabe, 2.2.2012)