Das US-amerikanische Steak hat, im Gegensatz zum österreichischen, gemeinhin einen hervorragenden Ruf. Während bei uns das Dry agen von Fleisch erst langsam (wieder?) schick wird, gehört das in den USA von jeher zum guten Ton. Wenn hierzulande mit dem Abhängen schon wieder aufgehört wird, reibt sich der US-Amerikaner erst freudig die Hände, weil bald der Schimmel über den Rinderrücken wuchern wird. Und überhaupt, die Maismast machts, meint zumindest Freund M. immer wieder. Ich habe also Freundin K. vor ihrer Abreise nach New York gebeten, mir etwas heimzusenden: Zwei Ribeye-Steaks von Peter Luger.

28 Mal in Folge haben die Zagat-Leser das Peter Luger zum besten Steakhaus von New York gewählt, es kann also nicht völlig mies sein. Als ich das letzte Mal selbst in New York war, habe ich bei der Konkurrenz gespeist, im etwas edleren Keens im etwas edleren Manhattan. Der Geschmack war beeindruckend, das Peter Luger wird aber von vielen hier für noch besser gehalten.

Im Stammhaus in Brooklyn gibt es die Steaks auch roh zum Mitnehmen, samt Original Peter Luger Sauce (für mich im Starbucksbecher, Flaschen waren aus). Kosten tun sie als Takeaway das gleiche wie zubereitet im Restaurant (etwa 50 Dollar pro Stück), was vom Prinzip her unverschämt ist, dank Wechselkurs aber nicht gar so schlimm. Ich habe sie nicht gewogen, eines hatte geschätzt aber mindestens 700 Gramm. An dieser Stelle nochmals: Vielen, vielen Dank, mir unbekannter Freund von Freundin K., der du das Ganze in deinen Koffer gepackt und mir zwölf Stunden nach Einkauf in Wien übergeben hast.

Tobias Müller

Das Peter Luger Fleisch soll von Angus-Rindern aus Kansas stammen, wie lange genau sie trocken reifen, bei welcher Temperatur und welcher Luftfeuchtigkeit sie das tun, gilt als Familiengeheimnis. Sicher ist: es muss relativ lange sein.

Peter Luger Steaks sehen beeindruckend aus. Eine solche Marmorierung habe ich bei einem heimischen Stück Fleisch noch nie auch nur ansatzweise gesehen. Das Fleisch fühlt sich ganz wachsig an und verströmt einen herrlich nussigen Geruch. Das Fleischstück in der Mitte hatte bereits eine interessante bernstein-braune Färbung.

Tobias Müller

Die Ribeyes kommen am Knochen, der aber deutlich zu groß ist für handelsübliche Pfannen. Freund M. und ich haben sie daher zum Braten entfernt, was ich auch bei kleineren Knochen sehr empfehle: Der Knochen lässt das Steak unregelmäßig aufliegen und verhindert so mitunter eine regelmäßige Krustenbildung. Bei der kurzen Bratdauer kann ich mir auch nicht vorstellen, dass er geschmacklich etwas beizutragen hat. Wer das anders sieht, kann ihn ja einfach daneben in die Pfanne legen.

Tobias Müller

Um nicht nur plump zu essen, sondern dabei auch was zu lernen, haben wir die Steaks jeweils nach einer anderen Methode zubereitet: einmal nach der Heimgrill-Methode von Alain Ducasse und einmal nach der von Heston Blumenthal.

Wie Herr Ducasse seine Steaks zu Hause brät, habe ich hier bereits ausführlich vorgestellt. Wir sind mit einem unserer Stücke diesmal genauso verfahren.

Tobias Müller

Herr Blumenthal macht das ganz anders. (Es geht nicht um sein berühmtes 24 Stunden Steak, sondern um den simplen Tipp, den er wohl in seinem Heston at Home gibt). Blumenthal setzt auf die klassischen hohen Temperaturen. Um zu verhindern, dass das Fleisch dabei aber anbrennt, bevor es innen gar genug ist, wendet er sein Steak in der sehr, sehr heißen Pfanne alle paar Sekunden. Die gerade geröstete Oberfläche kann so immer kurz abkühlen, bevor sie wieder weiter bearbeitet wird.

Das klingt gut, hat aber seine Tücken und ist für Bewohner von Einzimmerwohungen definitiv ungeeignet. Heston muss seine Küche nicht selber putzen und schläft wohl auch nicht in ihrer unmittelbaren Nähe. Seine Art des Steak-Bratens macht enorm viel Dreck und noch mehr Rauch. Am besten vorher hinter die Pfanne ein Stück Alufolie oder Küchenpapier an die Wand lehnen, um Fettspritzer abzufangen, die Küchentüre schließen und die Fenster öffnen. Wer in der Küche keine hat, läuft Gefahr zu ersticken.

Tobias Müller

Das Steak salzen. (Wann man ein Steak salzt ist immer wieder Gegenstand lebhafter Diskussionen. Ich finde diesen Mann mit seinem "kommt drauf an" recht überzeugend).

Eine Gusseisenpfanne auf der höchsten Stufe etwa einen halbe Stunde vorheizen, dann etwas Erdnussöl hinein geben und ebenfalls heiß werden lassen. Das Steak hinein legen, 15 Sekunden braten und danach wenden. Die Prozedur je nach Dicke des Steaks mehrere Minuten fortsetzen. Der Peter Luger Brummer war insgesamt sechs bis sieben Minuten in der Pfanne und war danach perfekt Medium bis Medium Rare.

Links das Blumenthal-Steak, rechts das nach der Ducasse-Methode gebratene.
Tobias Müller

Das Ergebnis

Köstlich waren sie beide, Freund M. und ich waren uns aber recht einig: Noch ein bisschen köstlicher war Alain Ducasse. Auch wenn sie beide einzelne göttliche Bissen boten, vor allem nahe an der Stelle, wo vor dem Braten der Knochen war und jetzt immer noch das Fett. Mit der langsamen Methode des Franzosem wird das Fleisch aber deutlich zarter, der Buttergeschmack harmoniert perfekt mit dem gereiften Steak. Blumenthal schmeckt purer, herber, rauchiger, klassisch steakiger, die Kruste ist ausgeprägter. An die Finesse von Ducasse kommt es unserer Meinung nach aber nicht ganz heran. Die dritte Mitesserin sah das anders und stimmte wegen des typischeren Geschmacks für Blumenthal.

Und der Unterschied zum guten hier gekauften Rindfleisch? Vorhanden, aber nicht die Welt. Schon besser, aber keine andere Liga, und nicht so viel besser, wie sie besser aussehen. Vielleicht ist es die nachträgliche Verklärung, aber Keens habe ich noch besser in Erinnerung. Deutlich überlegen waren die Steaks hingegen dem allermeisten, was man in Wiener Restaurants bekommt. Von denen, die ich kenne, kommt am ehesten das trocken Gereifte im Franks heran.

Die Sauce habe ich nicht gegessen – einerseits, weil ich zum Steak keine Sauce mag und andererseits, weil Freund M. den Starbucks-Becher umgeworfen und den Inhalt über das Waschbecken verteilt hat. Ein kurzer Fingertest ergab aber: süß und krenlastig, gut, aber für sich nicht die Reise wert. (derStandard.at, 12.02.2012)

Tobias Müller