Die Politik braucht "frischen Wind" meint Spindelegger.

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Wien - Die Politik hat einen schlechten Ruf und braucht dringend "frischen Wind". Mit dieser Feststellung hat ÖVP-Chef Michael Spindelegger eine Pressekonferenz am Mittwoch eröffnet. Um das Vertrauen in die Politik wiederherzustellen, will Spindelegger die Reformideen seiner Parteijugend an den Koalitionspartner herantragen und gemeinsam mit der SPÖ (und den Oppositionsparteien, wo eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich ist) umsetzen. Die zentralen Punkte des "Demokratiepaketes" der Jungen VP sind mehr Bürgerbeteiligung und eine Stärkungen des Persönlichkeitswahlrechts.

Vorzugsstimme soll wichtiger werden

Spindelegger möchte nun mehrere der am Wochenende präsentierten Ideen aufgreifen. So will er die Zahl der Vorzugsstimmen mit der Mandatsvergabe gesetzlich koppeln. Wer mehr Vorzugsstimmen hat, soll vorgereiht werden, unabhängig davon, an welcher Stelle der Wahlliste er oder sie kandidiert hat. Diese Forderung ist in Hinblick auf den EU-Abgeordneten Othmar Karas interessant. Dieser hatte bei den EU-Wahlen 2009 die meisten Vorzugsstimmen, nicht aber den Posten des ÖVP-Delegationsleiters bekommen. Erst als der Spitzenkandidat und Delegationsleiter Ernst Strasser über die Lobbying-Affäre stolperte, stieg Karas zum Chef der ÖVP-Fraktion auf.

Anfreunden kann sich Spindelegger auch mit der Idee einer Steuer-Zweckwidmung. Die Bürger sollen selbst bestimmen dürfen, wofür ein Teil ihrer Steuerabgaben ausgegeben wird.

Mehr Bürgerbeteiligung

Der ÖVP-Chef will zudem mehr Bürgerbeteiligung ermöglichen. So soll eine Bürgerinitiative, die von mehr als zehn Prozent der Wahlberichtigen unterstützt wird, automatisch eine Volksabstimmung bewirken. Als vierten Punkt strebt die Volkspartei den Ausbau der elektronischen Beteiligung an; sei es bei Wahlen, Volksabstimmungen oder -befragungen.

Offenes Parlament

ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf kündigte an, diese Vorschläge den anderen Parteien im Parlament zu unterbreiten. Er plädierte zudem dafür, der Bevölkerung auch die parlamentarische Arbeit näher zu bringen. So soll es mehr öffentliche Ausschusssitzungen bzw. mehr Öffentlichkeit (etwa Bild- oder Tonaufnahmen) aus den Ausschüssen des Nationalrats geben.

Kopf versprach zudem einmal mehr volle Transparenz bei der Parteienfinanzierung und bekräftigte seine Ansicht, dass eine Verkleinerung des Nationalrats eine bessere personelle Ausstattung der Abgeordneten erfordere. Offen zeigten sich Spindelegger und Kopf auch für die Idee eines Super-Wahlsonntags, an dem mehrere Wahlen und/oder Abstimmungen abgehalten werden.

Abgelehnt wird von Spindelegger dagegen eine komplette Änderung des Systems in ein Mehrheitswahlrecht. Er strebe eine Stärkung des Persönlichkeitswahlrechts im bestehenden Verhältniswahlrecht und "keine völlige Umkrempelung" an. (APA, 18.4.2012)