Das Web-Interface des Google Drive unterscheidet sich auf den ersten Blick nur wenig von Google Docs - dessen direkte Nachfolge es ja auch antritt.

Screenshot: Google

Ähnlich wie bei Dropbox integrieren sich Windows- und Mac-Client mit dem lokalen Dateimanager.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Die Einstellungsmöglichkeiten der Desktop-Clients halten sich bislang in engen Grenzen, immerhin lassen sich aber einzelne Unterverzeichnisse auf Wunsche vom synchronisieren ausnehmen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Nach der Installation des Google-Drive-Clients bettet sich dieser im Systembereich ein, über ein Drop-Down-Menü ist die Kernfunktionalität schnell erreichbar. Auch aktuelle Synchronisierungsaktivitäten werden hier angegeben, allerdings ohne wirklich brauchbare Fortschrittsanzeige.

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Eines der beeindruckendsten Features: Alle im Google Drive abgelagerten Videos werden automatisch transkodiert, so dass sie direkt im Web-Browser betrachtet werden können. Im Test funktionierte dies mit zahlreichen unterschiedlichen Formaten.

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Jeder Inhalt im Drive kann mit Kommentaren versehen werden, dabei kann man sich auch per Mail über neue Antworten informieren lassen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Die Sharing-Funktionen von Google Drive sind zwar sehr nützlich, könnten aber leichter zugänglich sein.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Die Suche von Google Drive leistet wirklich Beeindruckendes. So kann sie etwa Sehenswürdigkeiten identifizieren und die zugehörigen Bilder mit Metatags anreichern. In Folge lässt sich dann wie im Bild die Golden Gate Bridge auch unter dem Suchbegriff "San Francisco" aufspüren.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Google positioniert sein "Drive" als zentrales Laufwerk für das Web, über eigene APIs können denn auch Web-Apps anderer Hersteller auf den Online-Speicher zugreifen. Dies ist erst möglich, wenn die NutzerInnen den einzelnen Anwendungen die nötigen Berechtigungen erteilen...

Screenshot: Andreas Proschofsky

...die sich später aber auch leicht wieder entziehen lassen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Autorisierte Apps tauchen zudem im Kontextmenü des Google Drive auf, auf diese Weise wird dieses zu einer Art Dateimanager für das Web.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Eine der bereits das Google Drive unterstützenden Anwendungen ist die Bildbearbeitung Pixlr Editor.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Die Integration des Google Drive mit Google+ gibt es gleich zum Start. In Kürze soll es auch möglich sein, Anhänge bei Gmail direkt vom Drive zu übernehmen oder dorthin abzulagern (wer nicht so lange warten will: Es gibt bereits eine inoffizielle Erweiterung für Chrome, die dies erlaubt). Weitere ähnliche Verbindungen mit bestehenden Google-Services sind wohl nur eine Frage der Zeit.

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Das Versionsmangement des Google Drive erlaubt es einzelne Versionen gezielt dauerhaft zu speichern.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Die Android-App von Google Drive entspricht weitgehend der vorangegangenen Google-Docs-App, besitzt entsprechend auch ein für Tablets optimiertes Interface.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Unter ChromeOS wird das Google Drive direkt in den Dateimanager eingebunden, sonderlich konsequent ist das momentan aber noch nicht umgesetzt.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Tauchen Gerüchte über ein neues Produkt auf, werden diese meist relativ rasch bestätigt oder als Fehlinformation enttarnt. Dass ein Service allerdings sechs Jahre lang immer wieder kolportiert wird und dann schlussendlich tatsächlich noch erscheint, das passiert wahrlich nicht alle Tage. Genau dieses Kunststück hat nun aber Google mit dem vor wenigen Tagen gestarteten Google Drive vollbracht: Schon 2006 - und damit knapp nach dem Start von Box, aber noch bevor es Dropbox überhaupt gab - tauchten erste Berichte über ein intern bei Google genutztes Service namens "GDrive" auf, welches den NutzerInnen 500 MByte an Online-Speicherplatz zur Verfügung stellt. Eine Veröffentlichung dieses Services gab es allerdings nie, angeblich war man bei Google damals nicht so recht von dem Konzept eines reinen Online-Speichers überzeugt. Und zumindest zum Teil hat man diese Position beibehalten, versucht man doch das Google Drive unter einem etwas anderen Fokus zu betrachten, doch dazu später mehr, zunächst steht einmal ein Blick auf die wichtigsten Eckdaten an.

Platz

Google Drive bietet 5 GByte Speicherplatz an, womit man deutlich über Dropbox (2 GB, allerdings leicht erweiterbar) und etwas unter Microsofts SkyDrive (7 GByte, vor kurzem gar noch 25 GB) liegt. Wer mehr Platz benötigt, kann dieses Verlangen bei Google vergleichsweise kostengünstig stillen, 100 GB stehen beispielsweise für rund 5 US-Dollar monatlich zur Verfügung. Zum Vergleich: Bei Dropbox zahlt man für den gleich Speicherplatz das Vierfache, auch die meisten anderen Online-Speicher-Anbieter werden hier deutlich unterboten. Eine Ausnahme bildet nur Microsoft, das SkyDrive ist mit 50 US-Dollar jährlich für die erwähnten 100 GB noch einen Tick billiger (womit man allerdings auch ein Jahr gebunden ist, bei Google erfolgt die Abrechnung monatlich).

Ein echtes Plus für das Google Drive ist die Möglichkeit, sehr große Speichermengen zu kaufen. Wer sich so etwas leisten will, kann also bis zu 16 TByte an Daten bei dem Unternehmen ablagern. Erwähnt werden muss auch, dass Google schon jetzt Extra-Speicher für Picasa, Gmail und Google Docs im Angebot hatte, der noch einmal spürbar billiger war. Bestehende KundInnen dürfen sich darüber jedenfalls freuen, werden sie doch auch in Zukunft besonders kostengünstig mit Online-Plattenplatz beliefert.

5 GByte++

Doch noch einmal das eine oder andere Wort zu den erwähnten 5 GByte, in dieser Hinsicht gibt es nämlich eine ganze Reihe von - für die KonsumentInnen positiven - Ausnahmen. So werden mit Google Docs bearbeitete Dokumente prinzipiell nicht in dieses Limit gezählt. Ebenso darf nicht vergessen werden, dass Google(+)-NutzerInnen bei Picasa Bilder mit einer maximalen Auflösung von 2.048 x 2.048 Pixel sowie Videos mit einer Dauer von bis zu 15 Minuten in unbegrenzter Zahl hochladen können. Und auch mit Musik muss man das eigene Google Drive nicht belasten, dafür gibt es nämlich Google Music, wo bis zu 20.000 Lieder kostenlos platziert werden können (was durchaus schon mal 30 bis 40 GByte entsprechen kann). Parallel zum Start von Google Drive wurde zudem der freie Speicherplatz bei Gmail von 7,5 auf 10 GByte erhöht. Und wer sich für zusätzlichen Speicher bei Google Drive entscheidet, bekommt als Bonus den Gmail-Speicher sogar auf 25 GByte aufgestockt.

Eine weitere wichtige Zahl: 10 GByte. Das ist nämlich die maximale Größe, die eine einzelne Datei bei Google Drive haben kann, was für die meisten Einsatzgebiete mehr als ausreichend sein sollte (bei SkyDrive ist dieser Wert bei 2 GByte angesiedelt, Dropbox kennt keine solche Begrenzung, wenn der Desktop-Client zum Upload genutzt wird). Jenseits dieser Spezifikationen noch ein nicht unwichtiger Hinweis: Derzeit steht der neue Online-Speicher noch nicht allen Google-NutzerInnen zur Verfügung. Wie hier die Auswahl der Drive-NutzerInnen getroffen wurde, ist unklar, zumindest hat man es im Gegensatz zu früheren Produktstarts vermieden, den Ärger der globalen Community durch einen "US only"-Produktstart auf sich zu ziehen. Außerdem werden seit dem Launch immer weiter  NutzerInnen freigeschaltet, so dass wohl schon bald alle Accounts Zugriff auf das Google Drive haben sollten.

Das kenn ich doch woher ...

Ein erster Aufruf der Google-Drive-Web-App kann schon mal ein gewisses Déjà-vu-Feeling auslösen, kommt einem das alles doch irgendwie bekannt vor. Und das durchaus zu Recht, handelt es sich hierbei doch um ein Weiterentwicklung des bisher schon vorhandenen Google-Docs-Angebots - nur eben jetzt für Dateien aller Art. Die Oberflächen ähneln sich entsprechend stark, bei etwas genauerer Betrachtung zeigen sich aber schnell die Unterschiede: So gibt es neben der gewohnten Listenansicht jetzt auch eine Darstellung in Form von Thumbnails, was sich natürlich vor allem für Bilder und Videos bestens eignet. Zudem wurden die Filterungsmöglichkeiten erheblich erweitert, so ist es etwa möglich, nur gewisse Dateitypen anzuzeigen oder eine Sortierung nach der Größe vorzunehmen. Darüber hinaus gibt es jetzt eine Übersicht aller aktuellen Aktivitäten, das umfasst sowohl eigene Modifikationen als auch jene von anderen an geteilten Dateien.

Es gibt eine Revisions-Kontrolle, 30 Tage lang merkt sich das Google Drive alle Änderungen und kann so auch alte Zustände einer Datei wiederherstellen. Zudem ist es möglich, einzelne Versionen gezielt für eine dauerhafte Speicherung festzulegen. Auf Wunsch lassen einzelne Dateien oder auch ganze Verzeichnisse mit anderen Google-Drive-NutzerInnen teilen, zudem kann jeder Inhalt kommentiert und diskutiert werden. Hundertprozentig kann die Umsetzung der Sharing-Funktionen trotzdem nicht überzeugen: Vieles wirkt unnötig kompliziert, das Erstellen eines öffentlich zugreifbaren Links ist etwa hinter mehreren Klicks versteckt. Das geht bei anderen Services einfacher.

Highlights

Die wirklichen Stärken des Google Drive beginnen aber jenseits dieser Kernfunktionalität: So kann der Web-Client von Haus aus 30 verschiedene Dateitypen darstellen, die Palette reicht von PDF-Dateien über Photoshop-Grafiken (allerdings nur in Vorschauqualität) bis zu HD-Videos. Besonders Letzteres ist wirklich beeindruckend gelöst: Hochgeladene Videos werden automatisch transkodiert und lassen sich über ein Youtube-ähnliches Interface direkt im Browser anzeigen, selbst die Qualität lässt sich bei der Wiedergabe individuell festlegen. Zudem darf nicht übersehen werden, dass das Drive natürlich noch das frühere Docs in sich trägt, Office-Dokumente also direkt im Web bearbeiten kann, und das mittlerweile ziemlich gut.

Ein weiteres Highlight ist die Suchfunktion des Google Drive: Nicht nur, dass der Volltext von Dokumenten indiziert wird, nutzt Google sogar OCR, um Texte in Bildern oder eingescannten Dateien zu erkennen und auszuwerten. Ob dies funktioniert, hängt natürlich immer vom Ausgangsmaterial ab, der Test lieferte in dieser Hinsicht sehr gemischte Ergebnisse - manchmal klappt es bestens, dann wieder gar nicht. Zumindest ist es aber schon einigermaßen verblüffend - und tatsächlich nützlich -, wenn sich beispielsweise Screenshots anhand darauf abgebildeter Textstellen auffinden lassen.

Bilderkennung

Doch damit endet Googles Drang zur Aufbereitung der Inhalte noch nicht, nutzt man doch eine rund um die Smartphone-App Google Goggles entwickelte Technologie, um Sehenswürdigkeiten, Produkte und Logos automatisch zu erkennen und Bilder mit den entsprechenden Metadaten anzureichern. Wer Goggles bereits kennt, weiß, dass auch hier Theorie und Praxis manchmal weit auseinanderklaffen, die korrekte Identifizierung also zum Teil Glückssache ist. Mit ausreichend aufgelösten Bildern von bekannten Sehenswürdigkeiten klappt das aber schon einmal ganz gut, so konnte eine Aufnahme der Golden Gate Bridge sowohl unter den Begriffen "Golden Gate" als auch "San Francisco" gefunden werden. Leider ermöglicht Google keinen Einblick in die automatisch generierten Metadaten geschweige denn eine manuelle Korrektur derselben - was vor allem für fehlerhaft identifizierte Objekte durchaus nützlich wäre.

Windows und Mac

Wie von anderen Cloud-Speichern bekannt, gibt es auch bei Google Drive eigene Clients für Mac OS X und Windows, die für den automatischen Abgleich der Daten mit den Google-Servern zuständig sind und sich dabei direkt in den jeweiligen Dateimanager integrieren. Wie von Dropbox gewohnt, wird dabei zunächst einmal ein eigener Ordner am Rechner angelegt. Alles, was dort hineinwandert, wird automatisch mit dem Web-Service und anderen mit dem Drive verbundenen Rechnern abgeglichen. Die Möglichkeit, bestehende Verzeichnisse mit Google Drive zu teilen, gibt es hingegen nicht.

Auch sonst ist die Funktionalität des Windows/Mac-Clients derzeit eher spartanisch, so sind hierüber etwa keinerlei Sharing-Funktionen erreichbar, auch einen Zugriff auf die Versionskontrolle gibt es nicht. Zudem werden nicht alle Daten wirklich lokal synchronisiert, online erstellte Dokumente werden etwa nur als Links dargestellt, deren Anklicken lediglich den Aufruf von Google Docs im Browser zur Folge hat. Das direkte Bearbeiten per LibreOffice oder Microsoft Office ist dadurch also nicht möglich. Umgekehrt werden in das Verzeichnis kopierte, lokal erstellte Dokumente nicht automatisch in das Google-Docs-Format konvertiert, müssen also im Web-Client zuerst manuell umgewandelt werden, bevor sie weiterbearbeitet werden können. Bei den Clients gibt es also noch reichlich Verbesserungspotenzial, zumal sich hier auch noch der eine oder andere Bug zeigt, beispielsweise wird der Sync-Zustand nicht immer korrekt dargestellt.

Android

Wie es sich für einen neuen Google-Service gehört, darf ein Android-Client natürlich nicht fehlen. Doch auch dieser wird vielen bekannt vorkommen, handelt es sich hierbei doch um die Fortführung der Google-Docs-App - samt der bekannten Defizite. So lassen sich Dokumente weiterhin nicht offline bearbeiten, ein Streaming von Inhalten, wie es gerade für Filme von Vorteil wäre (und mancher Konkurrent im Angebot hat), vermisst man ebenso. Neu ist ein Widget, mit dem Fotos und Dokumente direkt an das Google Drive geschickt werden können. Positiv erwähnt sei außerdem, dass Google Drive auf Tablets eine extra darauf optimierte Oberfläche nutzt - wobei man auch das von Google Docs "geerbt" hat.

iOS

Einen Client für iOS sucht man derzeit hingegen vergeblich, von Google heißt es, dass dieser in Kürze folgen soll. Erste Screenshots einer iPad-Version kursieren bereits, dem Unternehmen zufolge ist die App auch schon "zu 98 Prozent fertig", eine Veröffentlichung sollte also bald ins Haus stehen - vorbehaltlich der Absegnung durch Apple.

Linux

Für Linux-NutzerInnen heißt es fürs Erste ebenfalls noch abwarten - zumindest was einen offiziellen Client betrifft. Dass sich ein solcher in Entwicklung befindet, ist zwar mittlerweile von Google bestätigt, auf einen Zeitrahmen für die Veröffentlichung will man sich aber nicht festlegen. Allerdings gibt es für das Open-Source-Betriebssystem schon seit einigen Jahren diverse inoffizielle Lösungen, um Google Docs als Netz-Laufwerk einzubinden, die eigentlich nur für das Google Drive angepasst und erweitert werden müssen (woran die Community bereits arbeitet). Dazu kommt, dass aktuelle Versionen von GNOME3 bereits eine Anbindung an Google Docs besitzen, die mit dem Google Drive tadellos zusammenarbeitet. Auch wenn dieser Zugriff derzeit auf Dokumente beschränkt ist, ist dies doch ein durchaus wegweisendes Konzept, wie künftig Online-Speicher nahtlos in den lokalen Desktop eingebunden werden könnten.

Es geht um das Web

Wer Google Drive einzig unter dem Blickpunkt des Datenabgleichs zwischen unterschiedlichen Rechnern und Plattformen begreift, geht allerdings an der Substanz des Services vorbei. Bei etwas näherer Betrachtung zeigt sich: Google hat hier etwas ganz anderes im Sinn - und verrät diesen Umstand eigentlich schon im Namen: Das Google Drive soll das zentrale Online-Laufwerk für den digitalen Alltag werden, und zwar keineswegs nur für Googles eigene Services. Das Zusammenspiel mit Google+ - beim Drive abgelagerte Bilder werden im sozialen Netzwerk direkt zum Posten angeboten - ist insofern nur die Spitze des Eisbergs. Wirklich spannend wird es nämlich an ganz anderer Stelle: Über fix definierte Programmierschnittstellen (APIs) können Web-Apps von Drittherstellern auf das Google Drive zugreifen, um dort liegende Dateien zu bearbeiten oder eigene Inhalte zu speichern. All dies natürlich nur mit expliziter Zustimmung der NutzerInnen - die auch nachträglich leicht widerrufen werden kann.

Google hat hier im Vorfeld des Drive-Launchs bereits mit einigen Herstellern zusammengearbeitet, und dazu passend sogar eine eigene Kategorie mit entsprechend optimierten Web-Apps im Chrome Web Store eingerichtet (Die Autorisierung und Nutzung von Web Apps für das Google Drive funktioniert natürlich auch mit anderen aktuellen Browsern, Anm.). Das dort Gebotene reicht vom Diagrammtool Lucidchart über die Bildbearbeitung Pixlr Editor (von den EntwicklerInnen der Smartphone-App Pixlr-O-Matic) bis zum Online-Videoeditor WeVideo.

Dateimanager

Darüber hinaus integrieren sich diese Apps auch mit Google Drive selbst, so lassen sich dann etwa Bilder direkt aus dem Online-Speicher heraus mit Pixlr Editor (oder einem vergleichbaren Programm) öffnen. Das Google Drive wird auf diese Weise zu einer Art Dateimanager für das Web. Eine kleine Kritik darf dann aber auch nicht fehlen: Chrome-App und Berechtigungen einer Anwendung müssen einzeln wieder entfernt werden, wenn man ein Service nicht mehr nutzen will. Hier wäre wünschenswert, dass dies alles "in einem Rutsch" vorgenommen wird, beim Entfernen der App also gleich auch die Berechtigungen wieder entzogen werden.

ChromeOS

Bei all dieser Konzentration auf Web Apps kann es natürlich nicht überraschen, dass Google bereits angekündigt hat, dass das Drive zu einem integralen Bestandteil des eigenen Betriebssystems ChromeOS werden soll. Immerhin könnte man damit die Grenze zwischen Cloud-Speicher und direkt am Chromebook abgespeicherten Dateien endgültig verschwimmen lassen. Die lokale Speicherung würde infolge also zum bloßen Sonderfall (Caching für den Offline-Modus) des Google Drive. Seit kurzem gibt es denn auch bereits eine frühe Testversion von ChromeOS, in der eine Drive-Anbindung enthalten ist. Derzeit beschränkt sich deren Funktionalität jedoch auf die Einrichtung eines fixen Unterpunkts im Dateimanager, bringt qualitativ gegenüber dem Web-Interface des "Drive" also noch relativ wenig Neues.

Entwicklungsdefizite

Während der Softwarehersteller den Start des Google Drives gut mit der aktiven Nutzung durch Web-Apps akkordiert hat, sieht es für die restliche Anwendungswelt weniger erfreulich aus. APIs für konventionelle Programme (etwa mobile Apps) sucht man bislang vergeblich. Hier haben andere Hersteller wie Dropbox fürs Erste die Nase vorne.

Performance

In Hinblick auf die Performance gibt es ein einfaches Verdikt, und das lautet: Vorbildlich. Das Google Drive arbeitete im Test durchgängig äußerst flott, das betrifft nicht nur die Reaktionszeiten des Webservices sondern auch die (sehr hohe) Uploadgeschwindigkeit der Desktop-Clients (der allerdings im Gegenzug leider keine Möglichkeit zum Festlegen von Bandbreitenlimits kennt). Leichte Verzögerungen gibt es lediglich bei OCR und Bilderkennung, Google spricht hier von 30 Sekunden bis 1 Minute, was eher konservativ geschätzt ist. Etwas länger (im Bereich von Minuten) dauert es hingegen bis frisch hochgeladene Videos zur Online-Betrachtung verfügbar sind. Angesichts dessen, dass diese zunächst umgewandelt werden müssen, ist das allerdings noch immer ziemlich flott.

Privatsphäre

Bleibt noch das sensible Feld von Sicherheit und Privatsphäre, dem bei Cloud-Services natürlich eine besondere Bedeutung zukommt (oder: zukommen sollte), gibt man hier doch die eigenen Daten in die Hände Dritter. Dabei ist zunächst mal folgendes festzuhalten: Die Kommunikation zwischen den Clients und dem Google Drive erfolgt vollständig verschlüsselt, ein Mitlesen sollte also unmöglich sein. Auf dem Server selbst sind die Daten allerdings unverschlüsselt gespeichert, was natürlich auch heißt, dass der Anbieter selbst Zugriff auf die Daten hat. Dies ist allerdings für den Betrieb eines Services in dieser Form (also samt all der fortgeschrittenen Funktionen des Web-Clients zur Anzeige und Weiterverarbeitung) praktisch unumgänglich, zudem bei beinahe allen anderen Mitbewerben (inklusive Dropbox, Box, SkyDrive und iCloud) ebenfalls so. Ausnahmen bilden hier lediglich Wuala und SpiderOak, die die Daten bereits am lokalen Rechner verschlüsseln, sich dann aber natürlich auf den reinen Datenabgleich konzentrieren müssen.

Diskussion

Gleich nach dem Start des Google Drive ist eine recht erhitzt geführte Debatte über die damit einhergehenden Nutzungsbedingungen über das Web hereingebrochen, genährt durch die immer gleichen, aber leider ziemlich selektiv ausgewählten Zitate aus der englischen Fassungen der "Terms of Service" von Dropbox, SkyDrive und Google Drive. Mit etwas Abstand bleibt die Erkenntnis, dass sich Google tatsächlich jede Menge Genehmigungen zur Weiterverbreitung und Verarbeitung der Daten zusichern lässt, die allerdings allesamt für den Betrieb von Google Drive nötig sind, und sich qualitativ auch nicht von den Regeln des Mitbewerbs unterscheiden. Entgegen so manch kursierender Lesart bescheinigt zudem die Rechtsexpertin Corynne McSherry von der US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF), dass die Nutzungsrechte auf den betreffenden Service beschränkt sind, also von Google nicht darüber hinaus verwendet werden dürfen.

Die viel spannendere Diskussion wäre insofern eine über die Problematik solch globaler Cloud-Services im Allgemeinen, immerhin werden dabei aufgrund dezentraler Server-Strukturen die eigenen Daten durch unterschiedlichste Länder - und somit auch Rechtslagen - verschoben. Und das birgt natürlich auch so manche Gefahren, nicht zuletzt was die Begehrlichkeiten staatlicher Behörden betrifft.

Schlussendlich geht es insofern auch darum, dass sich die NutzerInnen solcher Problematiken bewusst sind, und daraus eine gezielte Entscheidung darüber fällen, ob und wie sie solche Online-Speicher nutzen wollen. Das heißt auch: Für wirklich hochsensible Daten hat, die auf keinen Fall je irgendwelchen Dritten in die Hände fallen dürfen, sind all diese Services schlicht der falsch Platz. Wer einen derart starken Geheimhaltungsbedarf hat, aber nicht ohne Online-Abgleich auskommt, sollte zumindest die Daten vorher manuell verschlüsseln (etwa mit einem Truecrypt-Container) oder Services wie das schon erwähnte Wuala verwenden.

Nach diesem kleinen, etwas über den Rahmen eines einzelnen Produkttests hinausgehenden, aber durch die aktuelle Diskussion irgendwie notwendig gewordenen Exkurs zurück zu Google Drive selbst, und damit zum...

Fazit / tl;dr

Betrachtet man das Google Drive aus der Perspektive eines klassischen Online-Speichers, dessen Aufgabe der Abgleich der Daten zwischen verschiedenen Rechnern ist, schneidet das neue Service zwar durchaus gut, aber bei weitem nicht herausragend ab. 5 GByte kostenloser Plattenplatz sind zweifelsohne nett aber jetzt auch nicht weltbewegend, andernorts gibt es zum Teil signifikant mehr. Der Fokus von Google liegt aber ohnehin unübersehbar an anderer Stelle, nämlich in der Schaffung eines universellen Online-Laufwerks - also nicht nur für die eigenen sondern auch für andere Web-Services. Und genau dieser Fokus macht sich eben sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht bemerkbar. So hat der Web-Client von Google Drive mit seiner starken Suchfunktion, den mächtigen Kommentarmöglichkeiten und dem direkt angebundenen Google Docs einige wirklich herausragende Funktionen zu bieten, dazu kommt die tolle Web-App-Anbindung, die viel Potential für die Zukunft birgt.

Umgekehrt sind die Clients für Windows, Mac und Android derzeit noch eher durchschnittlich, lassen einige Funktionen vermissen, die man von Dropbox und Co. gewohnt ist. Zudem wirkt manches - wie so oft bei Google - konzeptionell noch nicht ganz fertig gedacht. So bleiben sowohl die Bilder von Picasa als auch die bei Google Music abgelagerten Lieder vollkommen getrennt vom Google Drive. Das ist zwar aus Speicherplatzgründen durchaus erfreulich, aber einfach nicht sonderlich logisch - gerade in Hinblick auf Fotos, die jetzt dann teilweise an zwei unterschiedlichen Orten zu finden sind.

Im Endeffekt hängt die Attraktivität eines Services wie Google Drive aber - wie so oft - vom eigenen Nutzungsverhalten ab: Für all jene, die schon jetzt viele Google-Service nutzen, ist die Verfügbarkeit des Google Drives natürlich ein uneingeschränktes Plus. Wer hingegen nur mal rasch die Daten zwischen mehreren Rechnern abgleichen will, ist zumindest derzeit eventuell noch mit einem anderen Anbieter besser bedient. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 01.05.12)