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Pflegenden Angehörigen mit einem inkontinenten Verwandten bewerteten ihre Lebensqualität durchwegs schlechter.

Foto: AP/Robin Loznak

Kopenhagen - Die Pflege eines inkontinenten Verwandten belastet Millionen von pflegenden Angehörigen und verringert deren Lebensqualität deutlich. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie, in der die Lebensqualität von mehr als 600 pflegenden Angehörigen untersucht wurden. Die Forschungsergebnisse wurden auf dem 4. Global Forum on Incontinence (GFI) in Kopenhagen vorgestellt.

Verminderte Lebensqualität

Die Wissenschaftler teilten die Teilnehmer der Studie des Marktforschungsinstituts Ipsos in Zusammenarbeit mit dem europäischen Verband privater Pflegender Eurocarers in zwei Gruppen: Die eine bestand aus pflegenden Angehörigen, die einen hilfsbedürftigen Verwandten mindestens zehn Stunden pro Woche zu Hause pflegten. Die andere Gruppe setzte sich aus Pflegenden zusammen, deren Angehörige zusätzlich noch von mittlerer bis schwerer Inkontinenz betroffen waren.

Das Resultat: Die pflegenden Angehörigen mit einem inkontinenten Verwandten bewerteten ihre Lebensqualität durchwegs schlechter als Studienteilnehmer, die einen Verwandten ohne Inkontinenz zu Hause versorgten.

Risikofaktoren

"Die zusätzliche Belastung durch den Umgang mit Inkontinenz trifft viele Pflegende schwer", erklärt Eurocarers-Forscher Giovanni Lamura. Wesentliche Risikofaktoren für eine verminderte Lebensqualität seien eine unzureichende Beratung und Unterstützung, ein hohes Alter des Pflegenden oder des Angehörigen, eine Pflegedauer von mehr als fünf Jahren und ein geringes Einkommen.

Die in der aktuellen Studie ermittelten Risikofaktoren bestätigen die Ergebnisse einer vergleichbaren Untersuchung, die in sieben europäischen Ländern durchgeführt wurde. Pflegende Angehörige mit einem inkontinenten Verwandten empfanden ihre Lebensqualität nur etwa halb so hoch, wie diejenigen, die einen kontinenten Verwandten pflegten. Auch in dieser Studie konnte die schlechtere Lebensqualität auf dieselben Faktoren zurückgeführt werden.

Unterstützung holen

"Viele Pflegende berichten aufgrund der besonders hohen Belastung durch Inkontinenz von Gefühlen der Ohnmacht, der emotionalen und physischen Aufzehrung und des Verlusts des normalen Lebens", sagt der Vorsitzende der Inkontinenz Selbsthilfe, Matthias Zeisberger. Pflegende Angehörige sollten sich daher möglichst frühzeitig Rat und Unterstützung holen. "Die Pflege eines Verwandten sollte nach Möglichkeit innerhalb der Familie auf mehrere Schultern verteilt und ergänzend die Unterstützung eines ambulanten Pflegediensts in Anspruch genommen werden", rät Zeisberger.

Informationen erhöhen Lebensqualität

Das Wohlbefinden pflegender Angehöriger lässt sich jedoch lauf einfache Weise verbessern: Angehörige, die das Gefühl hatten, über die Pflege ihres inkontinenten Familienmitglieds ausreichend informiert zu sein, empfanden ihre Lebensqualität deutlich höher als diejenigen, die keine Informationen zur Verfügung hatten. "Der Zugang zu Informationen über den Umgang mit inkontinenten Pflegebedürftigen, die Auswahl von passenden Inkontinenz-Produkten und Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Pflegeleistungen muss verbessert werden", fordert Eurocarers-Forscher Lamura.

Die Pflegenden müssten unterstützt und alles dafür getan werden, dass sie gesund und motiviert bleiben. "Nur so lässt sich verhindern, dass sie durch die körperlichen und seelischen Belastungen selbst zu Kranken werden", so Lamura. (red, derStandard.at, 30.4.2012)