Wien - Wer erstmals mit der chronischen Erkrankung Multiple Sklerose (MS) konfrontiert ist, assoziiert damit oft einen zwangsläufig schlechten Krankheitsverlauf, keine Behandlungsmöglichkeit, ein Leben im Rollstuhl und die unausweichliche Arbeitsunfähigkeit. Tatsächlich meistert die Mehrheit der Patienten ohne gröbere Probleme ihr weiteres Leben, hieß es von der Österreichischen Multiple Sklerose Gesellschaft (ÖMSG) am Donnerstag, dem Welt-Multiple-Sklerose-Tag 2012, in Wien. Vorgestellt wurde eine Infokampagne zum Abbau von Vorurteilen und für die Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit gegenüber MS.

Verschiedene Behandlungsmöglichkeiten

Mittlerweile gibt es maßgeschneiderte Therapiemöglichkeiten für eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen, die durch eine Entzündung Gehirn und Rückenmark befällt und zumeist erstmals zwischen dem 20. und 35. Lebensjahr auftritt. Die Krankheit ist behandelbar: Das Spektrum reicht unter anderem von täglichen Injektionen über monatliche Infusionen bis hin zur Anwendung einer neuen Tabletten-Therapie - je nach den speziellen Bedürfnissen und Erwartungen der Patienten, führte Ulf Baumhackl, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie und ÖMSG-Präsident aus.

"Die wichtigste Informationsquelle für den Betroffenen ist in erster Linie der Neurologe - und das soll auch so bleiben", betonte Baumhackl die Verantwortung der Mediziner, im Gespräch mit dem Patienten eine transparente Risiko-Nutzen-Abwägung durchzuführen. Je besser informiert Betroffene zum Arzt kommen, desto mündiger können sie gemeinsam mit dem Spezialisten über weitere Therapien entscheiden.

"Patienten wollen diese Entscheidung nicht alleine treffen. Der Neurologe darf sich hier nicht drücken, auch er muss zur Entscheidung stehen", stellte Karl Vass, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Präsident der MS-Gesellschaft Wien und Mitglied im ÖSVG-Vorstand, fest. Eine gleichberechtigte, tragfähige Beziehung zwischen Patient und Neurologen sei wünschenswert und ausschlaggebend für eine wirkungsvolle Therapie.

Unterstützung finden Betroffene und Angehörige bei der ÖMSG, die Risiken und Chancen diverser Therapien neutral gegenüberstellen, psychologische und sozialrechtliche Hilfe leisten und etwa über die zu erwartenden Auswirkungen von MS auf Lebensbereiche wie Familie, Arbeit, Wohnen und Mobilität aufklären will. "Leider scheiden viele Patienten sehr jung aus dem Berufsleben aus, weil Arbeitgeber Angst vor dem raschen Ausfall durch Behinderung oder viele Krankenstände haben - Studien belegen, dass diese Befürchtungen nicht wahr werden", so Ursula Hensel, Geschäftsführerin der MS-Gesellschaft Wien und ÖMSG-Vorstandsmitglied.

365 Tage mit MS

Drei MS-Patienten, die seit Jahren mit ihrer Krankheit leben, fungieren als Botschafter der Infokampagne. Zwei Frauen und ein Mann zeigen, dass man trotz MS jahrelang Marathon laufen, fest im Beruf stehen und eine Familie gründen kann. Einblick in ihr tägliches Leben soll der Internet-Blog "365 Tage mit MS" auf der Website ms-bewegt.at geben, die in den kommenden Wochen online gehen wird. (APA, 30.5.2012)