Cyber-Jury mit Antonia Tritthart.

Foto: derStandard.at/ae

Jury unter dem Vorsitz von Iain Tait vergab zwei Cyber-Grand-Prix.

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Stefan Olander, Vice President bei Digital Sport Nike und Bob Greenberg, CEO von R/GA: Nike und die New Yorker Agentur arbeiten seit rund zehn Jahren zusammen, "eine extrem lange Zeit im digitalen Zeitalter", wie Greenberg meint. Olander will "Menschen in Bewegung bringen", sagt er vor Journalisten. Dazu sei das Nike+ Fuelband perfekt.

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Am Mittwoch Abend wurden in Cannes die Lions in der Kategorie Cyber vergeben. Mit Traktor-Geschäftsführerin Antonia Tritthart war auch eine Österreicherin in der Jury vertreten. Zwei Kampagnen wurden mit dem Grand Prix ausgezeichnet. Eine davon sorgte vor kurzem für heftige Diskussionen.

Für die "Curators of Sweden"-Kampagne, Agentur: Volontaire Stockholm, wird der offizielle Twitter-Account jede Woche an einen anderen Bürger übergeben, der dort über sein Leben und sein ganz persönliches Bild von Schweden twittert (siehe Kampagnenerklärung).

Mitte Juni sorgte Sonja Abrahamsson mit ihren Tweets über Juden für Aufregung. Natürlich sei auch in der Jury darüber diskutiert worden. Cyber-Jurypräsident Iain Tait, er ist Creative Director bei Google Creative Lab, findet es gut, dass problematische Kuratoren dort nicht entfernt werden. 

Transparenz lohnt sich

Die Kampagne zeige, dass es Schweden mit der "Passion for Freedom of Speech" ernst meine. Die Idee dieser Cyber-Arbeit sei "simpel und smart". Sie brauche keine neuen Technologien, sondern nutze mit Twitter ein bestehendes Tool. Tait: "Je mehr man über die Kampagne nachdenkt, desto aufregender wird sie." Die Kampagne würde auch gut zeigen, dass es sich lohnt, Risiken einzugehen und transparent zu agieren.

Zweiter Cyber-Grand Prix an Nike+ Fuelband

Ganz anders arbeitet die zweite Kampagne, die mit einem Cyber-Grand Prix ausgezeichnet wurde. Hier spiele eine neue Technologie sehr wohl eine große Rolle. Die Kampagne stammt von R/GA New York. Sie verändere die Beziehung zwischen Konsumenten und der Marke Nike und mache Daten für Menschen in ihrem Alltag relevant, sagt ein Jurymitglied (mehr zur Kampagne).

Bei Cyber gehe es generell nicht mehr um die Botschaft, sondern um das Erlebnis. Oder von "Storytelling to Behavior" und von "360 Degree to 365 Days of Connection", wie ein Jurymitglied meint.

Tritthart: Gesamtes Spektrum der Kommunikation

"Die Grand-Prix-Arbeiten zeigen das gesamte Spektrum an digitaler Kommunikation", sagt auch Jurymitglied Tritthart zu derStandard.at. Von einer Arbeit, "die zur Gänze mit bestehenden Tools arbeitet - also im Grunde keine digitale Agentur braucht für die Umsetzung - bis zu Cutting-Edge High-Tec-Projekten wie bei Nike, die in die Hardware von Produkten eingreifen."  

So oder so hätten beide Arbeiten ihre Marken und Auftraggeber auf ein neues Niveau gehoben und das Produkt und die Marke für immer verändert. "Tritthart: "Das ist das was wirklich gute Kommunikation schafft. Sie pusht nicht kurzfristig - sie verändert die Welt der Marke, für die sie arbeitet."

"Uns in Österreich fehlt Diskussionskultur"

Die Diskussion um den Grand Prix habe nur rund 45 Minuten gedauert, erzählt sie. Tritthart: "Und es hat sich für mich einmal wieder etwas gezeigt, was man besonders bei internationalen Jurys zu sehen bekommt: Die wirklich guten Kreativen, die Gold und Titanium-Arbeiten produzieren, diskutieren angstfrei. Sie irren sich auch mal, fragen nach, lassen sich überzeugen und sind aufrichtig an neuen Meinungen und Ansichten interessiert. Uns in Österreich fehlt diese Diskussionskultur. Die meisten sind zu beschäftigt damit, lässig zu wirken und sich nicht blamieren zu wollen, als dass sie noch frei denken könnten."

Einreichvideos

Zu den viel beschworenen Einreichvideos erzählt sie: "Bei Crispin Porter & Bogusky müssen die Praktikanten die Case-Studies produzieren und schreiben. Und das nicht etwa, weil es eine Arbeit ist, die sonst niemand tun möchten. Sondern weil man daran perfekt sehen kann, ob die Person eine Idee verstanden hat, das Wesentliche daran erkennt und wiedergeben kann. Ehe man eigene gute Ideen hat, muss man gute Ideen erkennen und verstehen können. Die Praktikanten die das gut schaffen, werden angestellt."

Keine heimische Arbeit auf Cyber-Shortlist

Insgesamt wurden dieses Jahr in der Cyber-Kategorie rund 2.500 Kampagnen eingereicht, sechs davon aus Österreich. Keine davon schaffte es auf die Shortlist. Neben den beiden Grand Prix vergab die Jury noch neun goldene Löwen. (Astrid Ebenführer, derStandard.at, 20.6.2012)