Immer für eine kleine Pflanzerei ihrer Leserinnen und Leser gut, veröffentlichte die "Kronen Zeitung" Samstag auf Seite 4 ein Foto aus Syrien, das ein Paar mit einem Baby zeigte, und dazu den Text: "Eine Ruinenlandschaft, aus der die Menschen fliehen, sind Teile von Aleppo geworden." Nun ist es leider nur allzu wahr, dass Menschen aus Aleppo fliehen, und die kleine Gruppe wurde auch tatsächlich unterwegs in Aleppo fotografiert, wie ein EPA-Foto beweist. Nur der Hintergrund der Szene zeigte nicht eine "Ruinenlandschaft in Aleppo", sondern eine solche in der 170 Kilometer entfernten Stadt Homs. Vielleicht standen aus Aleppo gerade keine Ruinenbilder zur Verfügung, die den dramatischen Ansprüchen eines profunden Sensationsjournalismus genügen. Aber kein Betrachter würde leugnen, dass es sich bei dem, was die "Krone" bot, in der Tat um äußerst ruinöse Ruinen handelte.

Nun liegt Schönheit bekanntlich im Auge des Betrachters. Damit diesem, der vor allem Käufer sein soll, nur ja der volle ästhetische Genuss garantiert wird, der sich aus menschlichem Elend ziehen lässt, muss eine kleine Manipulation wenigstens des Hintergrundes erlaubt sein.

Umso mehr, als man eines der "Krone" lassen muss: Von Ruinen versteht sie etwas. In den letzten Jahrzehnten hat sie sich auf die journalistische Pflege und möglichst lange Erhaltung von Ruinen mit einer Hingabe spezialisiert, die auch erklärt, warum demnächst Baufällige bei ihr noch immer Inserate aufgeben. Erst wenn der letzte Mauerrest bröckelt, wird sie in ihrer Treue wankend, erst wenn die Wolkenkratzer, zu denen sie die Haiders und Grassers verklärte, nur noch rauchende Trümmer sind, darf ein Redakteur schreiben: "Jagt dieses Pack endlich zum Teufel." Darf er den "beiden berühmt-berüchtigten Scheuch-Brüdern" die Meinung vorwerfen, "das Bundesland Kärnten sei politisch ihr Eigentum". Beim Ziehvater dieser Dioskuren im Trachtenrock hätte er das zu dessen Lebzeiten nicht dürfen. Und noch heute fällt es ihm schwer, liegt ihm frühere Lobhudelei schwer auf der Seele.

"Das waren halt noch Zeiten, als der Kärntner Landeshauptmann Haider den damaligen Bundeskanzler von seinen Gnaden, Wolfgang Schüssel, im Porsche durch das schöne Kärnten kutschierte". Dazugeliefert wurde das einschlägige "Fotodokument" - mit unretouchiertem Hintergrund, obwohl Kärntens Ruinenlandschaft den Vergleich mit Aleppo nicht zu scheuen bräuchte.

Wenn es um die Hauptschuldigen geht, bleiben die alten Sympathien intakt. "Toten soll man bekanntlich nichts Schlechtes nachsagen - nur so viel zu Haider: Er hat das angebliche politische Superhirn Wolfgang Schüssel ausgetrickst, wo es nur gegangen ist. Und das "Superhirn" behauptet bis heute steif und fest, nichts bemerkt zu haben."

Nur um auch Lebenden nichts Schlechtes nachzusagen: Das "angebliche politische Superhirn" auszutricksen, musste Haider nur für die Initialzündung herhalten. Um "nichts bemerkt zu haben", reichten bei Schüssel schon ein Grasser oder Gorbach. Behauptet er "bis heute steif und fest".

Es liegt in der Natur der "Krone", dass sie immer schon eine funkelnagelneue Ruine in petto hat, wenn die vorige zerbröselt. Besagter Redakteur darf im Namen des Herausgebers richtig fuchtig werden, wenn jemand auf deren Zustand hinweist. "Eine Frechheit leistet sich der 'rote Heinzi', indem er Frank Stronach als Alternative in der Politik abqualifiziert. Dieses Urteil eines ewigen Parteifunktionärs über einen erfolgreichen Unternehmer richtet sich allerdings ohnehin von selbst."

Dabei kommt die "Krone" selber der Frechheit des "roten Heinzi" immer näher. Startete die Kolumne des Bauchredners Frank aus dem info@stronachinstitut.at anfangs im vorderen Teil der bunten Sonntagsbeilage, ist sie letztes Wochenende auf Seite 58 von 64 gerutscht, hinter das Horoskop und das Rezept der Woche. Und das, obwohl sich Frank erst kürzlich aufwertete, indem er gestand, einmal auch mit Hans Dichand über diverse Probleme gesprochen zu haben. Irgendwelche Folgen dieses Rendezvous der Ruinen sind nicht bekannt.

Kein Wunder, dass das "stronachinstitut.at" vom Leid des Institutsleiters berichten musste. "Ich bin mit meiner Offenheit vielen ein Dorn im Auge, und nun wird mit Giftpfeilen auf mich geschossen. Es wird Schmutz geworfen von allen Ecken. Viele Bürger hätten ihm geschrieben, um zu sagen 'endlich traut sich jemand, den Mund aufzumachen!'" So begann es auch mit Haider. Auf die Schmierentragödie die Farce. (Günter Traxler, DER STANDARD, 31.7.2012)