Baden - Die größte Geißel der Menschheit ist das Geld - zumindest in Ferdinand Raimunds Das Mädchen aus der Feenwelt oder Der Bauer als Millionär, einem Zaubermärchen mit Gesang, in dem Feen und Allegorien die Menschen zu ihren Spielfiguren machen. In dem sie den Bauern Fortunatus Wurzel (Peter Faerber) durch Reichtum korrumpieren und so fast die Liebe zwischen dem braven Lottchen (Pippa Galli) und dem armen Fischer Karl (Oliver Rosskopf) zerstören. In dem letztlich nur eines zählt: ob man den Verlockungen des Geldes widerstehen kann.

Jérôme Savary führt in der Sommerarena Baden vor, was mit Theater im 21. Jahrhundert passiert, wenn man den Verlockungen globalisierter Billigangebote erliegt: Allegorien wie Hass und Alter, Requisiten wie Bett und Palast stehen in Frachtkartons, aus China angeliefert, auf der Bühne. Auf den Shirts des Chors prangt "Psychiatrische Anstalt Wien", gesungen wird Karaoke vom Blatt.

Gut zwei Stunden lang gerieren sich Inszenierung und Bühnenbild wie aus einem Billigladen: Je nachdem, wo die Handlung spielt, wird auf Kommando eines chinesischen Ingenieurs (Philipp Brammer) eine Kiste herangerollt und ihr vollgestopftes Inneres offenbart. Die Feenkönigin kommt in einer Dusche angefahren. Das Alter haust in einem eisblauen Medikamentenschrank. In der Bauernstube hingegen befinden sich nur aneinandergereihte Flaschen.

Das große, mit viel Spielfreude agierende Ensemble findet sich in dem chaotischen Setting sicher zurecht. Peter Faerber wird als Bauer wunderbar großkotzig und bodenständig lebensfroh zum Millionär. Pippa Galli ist ein kindlich-naives Lottchen. Grandios: Iréna Flury als Jugend - ein androgyner Halbstarker, der geschmeidig eine distinguierte Herrenrunde aufmischt. Heinz Zuber schwäbelt sich als Ajaxerle liebenswert durch das Märchen.

Denn dass es sich hier um ein solches handelt, lässt Savary nie vergessen. Stehen die Raimund'schen Figuren hoffnungslos unter der Fuchtel der Feen und Allgorien, so verlieren die Akteure hier nie die Kontrolle. Der Orchesterdirigent schimpft über das "verdammte Regietheater", die Schauspieler verbessern ih -ren Text ("Raimund hat hier vergessen, dass ..."). So wird aus dem Feenmärchen ein vergnüg liches Sommertheater. (Andrea Heinz, DER STANDARD, 9.8.2012)