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Entgegen der weit verbreiteten Meinung sind für den Menschen drei bis vier Liter Wasser pro Tag zu viel an Flüssigkeit.

Foto: APA/Oliver Berg

Baustoff für Körperzellen, Lösungsmittel für Stoffwechselabläufe und Regler der Körpertemperatur - Wasser hat im Körper viele Funktionen und ist lebenswichtig. Wenn der Körper zu wenig Wasser hat, wird das Blut dickflüssiger und Stoffe können nicht mehr ausreichend über den Harn ausgeschieden werden. Der Kreislauf kollabiert, die Nieren versagen. Weil ein Erwachsener täglich 2,5 Liter Wasser über Harn, Stuhl, Schweiß und beim Ausatmen verliert, muss er diesen Verlust wieder wettmachen. Zwei bis drei Liter am Tag - so viel Wasser soll der Mensch täglich trinken. So lautet jedenfalls eine weit verbreitete Meinung.

Dieser Wert ist zu hoch, meinen Ernährungswissenschaftler. Es wird nämlich übersehen, dass auch über das Essen Flüssigkeit aufgenommen wird und Wasser im Stoffwechsel entsteht. Wird das berücksichtigt, sollten insgesamt 1,3 bis 1,5 Liter Flüssigkeit über Getränke aufgenommen werden. Auch das ist allerdings nur ein Richtwert. "Bei Hitze, intensiver körperlicher Tätigkeit oder viel eiweißreicher Ernährung kann der Flüssigkeitsbedarf auf bis zu vier Liter steigen", sagt die Ernährungswissenschaftlerin Eva Unterberger. An der Farbe des Urins lässt sich erkennen, ob jemand genug Flüssigkeit aufgenommen hat: Urin ist idealerweise klar und hellgelb gefärbt. Ganz heller Urin bedeutet, dass bereits zu viel Wasser getrunken wurde. Ist er hingegen dunkel gefärbt, sollte mehr getrunken werden. Das signalisiert normalerweise der Körper über das Durstempfinden.

Auf den Teint achten

Viele ältere Menschen verspüren oft keinen Durst und auch viele Kinder trinken zu wenig. Neben Durst gibt es einen weiteren Hinweis darauf, dass der Körper zu wenig Flüssigkeit hat: wenn das Wasser aus den Zellen in das Blut wandert, ist die Haut trocken und schuppig. Rosig und frisch ist der Teint nur, wenn die Zellen gut mit Wasser gefüllt sind. Viel Wasser zu trinken, kann aber das Altern der Haut nicht verhindern. Stützendes Collagen baut trotzdem ab und die Haut wird weniger elastisch. Zu wenig Wasser schadet also dem Teint - und zu viel davon stört das Verhältnis von Wasser und Salzen. Der Körper wird aus dem Gleichgewicht gebracht, es kann zu einer Wasservergiftung kommen: Die Nieren hören auf zu arbeiten, damit der Körper nicht noch mehr Salz verliert. Dadurch lagert der Körper überall Wasser ein, die zu Übelkeit und Koma führen können. "Eine gesunde Niere kann allerdings täglich unbeschadet bis zu zehn Liter Flüssigkeit filtern", sagt Unterberger.

Kirschen essen und Wasser trinken

"Zum Essen nicht trinken!" wird auch häufig vermeldet. Jedoch hängt das von der Menge ab. Wenn vor, während oder nach den Mahlzeiten sehr viel Wasser getrunken wird, dann verdünnt sich die Magensäure und das Essen wird langsamer verdaut. In Maßen spricht jedoch nichts dagegen, Wasser zum Essen zu trinken. Im Gegenteil: Ernährungswissenschaftler raten dazu, Essen und Trinken bewusst zu kombinieren, um genügend Flüssigkeit aufzunehmen. "Oft wird nämlich auf das Trinken vergessen, daher können Mahlzeiten eine gute Eselsbrücke sein", so Unterberger.
Aber gilt das für alle Mahlzeiten? Immerhin wird schon von Kindesbeinen an davor gewarnt, nach dem Kirschen essen Wasser zu trinken. Diese Warnung ist historisch bedingt: Auf den Schalen von Kirschen sitzen Hefepilze - und diese können Blähungen verursachen. Die Magensäure macht sie normalerweise schnell unschädlich. Da früher aber auch im Trinkwasser oft Hefepilze zu finden waren, befürchtete man starke Magenprobleme. Mittlerweile ist das Trinkwasser qualitativ hochwertig, sodass dieser Mythos nicht mehr gilt.
Und auch die These, wonach das Trinken von hartem Wasser die Arterien schneller verkalken und Nierensteine entstehen lässt, hat bisher keine Studie bestätigen können. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schließt daraus, dass kein Einfluss der Wasserhärte auf die Gesundheit nachweisbar ist. "Fest steht jedoch, dass viel Trinken Nierensteinen vorbeugen kann", sagt Unterberger. 

Spezielles Mineralwasser

Greift man statt zu Leitungswasser zu Mineralwasser in der Flasche, ist die Auswahl sehr groß. Einige Anbieter werben damit, dass ihr Wasser speziell verarbeitet wird, um das Wohlbefinden zu steigern. Eines der bekanntesten Angebote ist das "Granderwasser". "Unbelebtes" Wasser soll durch ein spezielles Verfahren "belebt" und so qualitativ hochwertiger werden. Wissenschaftliche Studien haben jedoch gezeigt, dass die Grander-Technologie wirkungslos ist. Seit einem Gerichtsbeschluss von 2006 darf Granderwasser als ein "aus dem Esoterik-Milieu stammender, parawissenschaftlicher Unfug" bezeichnet werden. Das österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst wurde Johann Grander dennoch nicht aberkannt.
Nach der Idee des "belebten" Wassers entstand auch das "Spiralwasser", wonach ein Spiralrohr dem Wasser "den richtigen Dreh" verleiht. Und selbst wenn eine Wirkung nicht nachweisbar ist: "Der Glaube an die Heilmethode ist Teil der Wirkung", sagt Unterberger.
In den Supermarktregalen zu finden ist auch sauerstoffangereichertes Mineralwasser. Auch hier gebe es keine veröffentlichen klinischen Studien, die die Werbe-Aussagen der Hersteller untermauern, jedoch welche, die "keinen Effekt des sauerstoffangereicherten Wassers zeigen", sagt Unterberger. Hinzu komme, dass Sauerstoffwasser pro Liter so viel Sauerstoff enthält, wie in zwei Atemzügen aufgenommen wird. Als Alternative für die Sauerstoffaufnahme empfiehlt die Ernährungswissenschaftlerin daher: "Fenster aufmachen und gut durchatmen!" (Sophie Niedenzu, derStandard.at, 15.8.2012)