Wie sehr das Alter des Vaters die Kindergesundheit beeinflusst, wird den Forschern zufolge unterschätzt.

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Dass die sprichwörtliche biologische Uhr nicht nur für Frauen tickt, weiß die Wissenschaft schon länger. Zwar können Männer, anders als Frauen, ihr gesamtes Leben lang Keimzellen zur Fortpflanzung bilden. Die Qualität dieser Zellen sinkt allerdings mit dem Äterwerden. Und das kann negative Folgen für die kindliche Gesundheit haben, wie eine aktuelle isländische Studie nahelegt, die im Fachmagazin "Nature" publiziert wurde. Die Forscher um Kari Stefansson von der Pharmafirma DeCode Genetics wollen eindeutig belegt haben, dass ältere Männer häufiger Kinder zeugen, die später an Autismus oder Schizophrenie erkranken. Grund dafür sei die höhere Mutationsrate von Keimzellen älterer Männer.

Mehr Zellmutationen

"Lange Zeit ist man davon ausgegangen, dass Entwicklungsstörungen bei Kindern mit dem Alter der Mutter zu tun haben", sagt Studienleiter Stefansson. Dabei scheine das Alter des Vaters entscheidend zu sein. "Das Einzige, was sich mit dem zunehmenden Alter der Mutter erhöht, ist das Risiko für eine Trisomie-21. Das Alter der Väter spielt aber eine viel größere Rolle", so Stefansson. So würden Väter ihren Kindern deutlich mehr Genmutationen "vererben" als Frauen - im Durchschnitt 55 Mutationen gegenüber 14 bei den Frauen. Und im Gegensatz zu den Männern habe das Alter der Mutter zum Zeitpunkt der Zeugung keinen vergleichbaren Einfluss auf die Genmutationen des Kindes. Die Zahl der neuen Mutationen, die vom Vater weitergegeben werden, steige dagegen exponentiell mit dessen Alter.

Keine "Altersgrenze" für Vaterschaft

Wiederholt haben Studien belegt, dass das Alter des Vaters Einfluss auf die Gesundheit des Neugeborenen hat. In der aktuellen Studie hatten die Forscherinnen und Forscher das genetische Material von 78 isländischen Familien mit Kindern untersucht. Das Alter der Väter habe sich dabei klar als entscheidender Risikofaktor für die Herausbildung von Autismus und Schizophrenie im späteren Leben der Kinder erwiesen. Ein 36-jähriger Mann würde bereits doppelt so viele Mutationen an sein Kind weitergeben wie ein Zwanzigjähriger; ein Siebzigjähriger acht Mal so viele, schätzt Kari Stefansson. Eine "Altersgrenze" für Männer, die Vater werden wollen, möchte der Genforscher aber nicht empfehlen - dafür gebe es zu viele andere Faktoren, die die Gesundheit eines Neugeborenen beeinflussen würden.

Genetiker beruhigt

Ältere Männer mit Kinderwunsch müssten aufgrund der aktuellen Studie keineswegs in Panik verfallen, beruhigt der Genetiker Darren Griffin von der Universität Kent gegenüber der Nachrichtenagentur "Reuters". Zwar sei der in der Studie nachgewiesene Einfluss des väterlichen Alters auf die Kindergesundheit signifikant. "Allerdings hat der Mensch drei Milliarden Basenpaare in seiner DNA. Die Zahl der Mutationen, die diese Studie bei älteren Vätern gefunden hat, liegt bei ein paar Dutzend." (Lisa Mayr, derStandard.at, 1.10.2012)