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Der berühmte Schwimmreifen - ein Problem, mit dem viele Frauen in den Wechseljahren kämpfen.

Foto: APA/Ralf Hirschberger

"Ich stecke in der Wechseljahre-Falle", klagt eine Userin in einem Forum zum Thema Klimakterium. "Seit zwei Jahren nehme ich kontinuierlich zu, vor allem am Bauch." Zahlreiche Studien bestätigen ihr Problem. In den Jahren rund um die Menopause legen viele Frauen an Gewicht zu. Und während Reithosen und Hüftspeck schrumpfen, wird das "Stammfett" immer mehr. 

Hat Frau mit zunehmendem Alter einfach mehr Appetit oder ist eine Gewichtszunahme in den Wechseljahren so oder so unausweichlich? 

Franz Fischl, Gynäkologe und Hormonspezialist in Wien, führt dieses Plus an Kilos zum Teil auf falsche Essgewohnheiten und Bewegungsmangel zurück. "Heute werden Hauptmahlzeiten, bedingt durch berufliche Situationen, häufig am Abend konsumiert", so Fischl, der ein Befürworter des Dinner Cancelling ist. Der gelegentliche Verzicht auf die abendliche Mahlzeit zahlt sich angeblich aus, führt er doch auch zur Neubildung der Wachstumshormone. Diese aktivieren die Lipolyse, bauen also Fett ab.

Sinkender Grundumsatz

"Ich trainiere seit zwei Jahren dreimal pro Woche im Fitnesscenter und habe meine Ernährung umgestellt. Gebracht hat es nichts", so eine andere Posterin. Sie ist mit dieser Erfahrung nicht allein. Und man darf den Frauen durchaus Glauben schenken, denn Ernährungsverhalten und Bewegung sind nicht die alleinigen Gründe, warum das Körpergewicht in den Wechseljahren kontinuierlich nach oben geht. 

Mit fortschreitendem Alter kommt es zu einem Abbau an Muskelmasse - der Grundumsatz sinkt. Je älter der Mensch, desto geringer ist demnach sein Energiebedarf. "Ich esse nicht mehr als vorher, und nehme trotzdem zu", gehört zum natürlichen Alterungsprozess und lässt sich allenfalls mit Krafttraining etwas hinauszögern. 

Das bestätigt auch Fischl. Er hegt aber seine Zweifel, was die Essensangaben der Frauen in den Foren angeht: "Frauen berichten, dass sie wenig oder fast nichts essen und wenn man die Gewohnheiten jedoch genauer hinterfragt, dann finden sich oft viele kleine Zwischenmahlzeiten oder auch Getränke". Den Kampf gegen die neugewonnenen Kilos hält er jedenfalls nicht für sinnlos. "Abdominales Fett nimmt bedingt durch üppige Ernährung und Bewegungsmangel gerade in unseren Breiten zu, aber durch Änderung der Essgewohnheiten und Sport kann man es wieder loswerden", so Fischl.

Zu viel Östrogene, zu wenig Androgene

Die Meinungen rund um das Thema Hormone und Gewichtszunahme im Wechsel driften auseinander. Unter anderem wird postuliert, dass sich ein relativer Östrogenüberschuss durch den Progesteronmangel zu Beginn der Wechseljahre auf das Körpergewicht auswirkt - ganz so wie ein tatsächliches Zuviel an Östrogen. Diesen Zusammenhang sieht Fischl als nicht gesichert: "In zahlreichen Studien wurde bereits nachgewiesen, dass auch Frauen die Östrogene im Zuge einer Hormonersatztherapie erhalten, weder an Gewicht zulegen, noch eine Umverteilung des Fetts hin zum androiden Typ stattfindet", so der Hormonspezialist. 

Eine Beteiligung der Androgene räumt Fischl in jedem Fall ein. Diese männlichen Hormone werden in den weiblichen Eierstöcken und in der Nebennierenringe gebildet und sind in der Lage Fettzellen rund um die Körpermitte abzubauen. Sinkt ihre Produktion, dann kommt der berühmte Schwimmreifen.

Teure Hormonkuren

Einer Substitution von Androgenen als Lösung für das wechselbedingte Gewichtsproblem steht Fischl allerdings skeptisch gegenüber: "Es gibt viele zum Teil sehr teure Angebote, die damit werben, dass mit Hilfe solcher Hormonkuren abgenommen werden kann. In Wahrheit wirken diese nur unterstützend und sind immer mit einer sehr strengen Diät und einer aufwendigen Bewegungstherapie verbunden. Ohne ein gewisses Maß an Disziplin funktioniert es auch hier nicht."

Dass nicht nur das Bauchfett mehr, sondern auch die Brüste in den Wechseljahren bei manchen Frauen größer werden, hat eventuell auch mit einem Androgenmangel zu tun. "Wir wissen heute, dass einzelne Organe, so auch die Brust, ihre eigene Hormonregulation besitzen. Wie diese genau beim Brustwachstum im Wechsel funktioniert, ist nach wie vor nicht ganz geklärt", so Fischl, der das Phänomen Wachstum der weiblichen Brüste kennt. Aus der Praxis weiß er, dass manche Frauen es tatsächlich als störend empfinden. "Es ist aber nicht ganz so häufig, wie es in den Foren zu sein scheint", ergänzt der Experte. (Regina Walter, derStandard.at, 27.9.2012)