Berlin - Depressive Erkrankungen gehören in den europäischen Ländern zu den häufigsten Erkrankungen und zählen zu den größten Herausforderungen im Bereich psychischer Erkrankungen in der Arbeitswelt. Etwa elf Prozent der EU Bürger erkranken im Laufe ihres Lebens an einer Depression. Der Anteil an Fehltagen durch psychische Erkrankungen steigt kontinuierlich.

Krankheitsbedingte längere Ausfälle im Job und immer häufiger auch Berufsunfähigkeit sind Folgen depressiver Erkrankungen. Während es für die vielen körperlichen Erkrankungen, wie etwa Rückenbeschwerden, bereits Präventionsangebote oder Maßnahmenkataloge gibt, stehen Arbeitgeber den psychischen Erkrankungen von Mitarbeitern vielfach immer noch unvorbereitet gegenüber.

Schulungen für Führungskräfte

"Wissensdefizite seitens der Betroffenen und der Personalverantwortlichen in den Betrieben bezüglich der Symptome und Ursachen der Depression sowie ihrer Auswirkungen auf das Arbeits- und Sozialverhalten sind oft Ursache für eine verspätete oder suboptimale Behandlung", ist die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und Geschäftsführerin der Stiftung Deutsche Depressionshilfe Christine Rummel-Kluge überzeugt. "In Vorträgen und Schulungen sollten Führungskräfte über die Depression und andere psychische Erkrankungen informiert werden, denn durch diese Wissensvermittlung und die Möglichkeit, in Rollenspielen das Gespräch mit erkrankten Mitarbeitern zu trainieren, erleben wir immer wieder, dass Führungskräfte einen besseren Zugang zu diesem Themenkomplex finden", ergänzt die Expertin.

Psychosoziales Coaching

Aber nicht nur im Berufsleben, sondern auch bei Langzeitarbeitslosen sind psychische Erkrankungen häufig, werden oft nicht erkannt und bleiben unbehandelt. In der Folge verhindert die psychische Erkrankung oft eine Re-Integration in den Arbeitsmarkt. So fällt depressiven Menschen zum Beispiel die Arbeitsplatzsuche auf Grund der mit der Krankheit verbundenen Antriebslosigkeit besonders schwer, und sie können sich krankheitsbedingt in Bewerbungsgesprächen oft nicht positiv darstellen.

Modellprojekte zum „Psychosozialen Coaching" bei Langzeitarbeitslosen in München und Leipzig zeigten, dass mit diesem zusätzlichen Angebot eine sogenannte „Lotsenfunktion" erfolgreich umgesetzt werden konnte. Langzeitarbeitslose Personen mit psychischen Erkrankungen können so identifiziert und nach einer umfassenden Diagnostik bei entsprechender Indikation in das bestehende Versorgungssystem gelotst werden. Das soll helfen, die psychische Erkrankung als "Vermittlungshemmnis" am Arbeitsmarkt zu beseitigen. (red, derStandard.at, 26.9.2012)