Ab dem Sommer 2013 gemeinsam im alten WU-Gebäude: Eva Blimlinger und Gerald Bast.

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STANDARD: Die Wirtschaftsuniversität soll im Sommer 2013 in den Prater übersiedeln. Geplant ist, dass die beiden Kunstunis die alte WU als Ausweichquartier nutzen. Denn die Akademie wird generalsaniert, die Angewandte um- und ausgebaut. Stimmt der Zeitplan noch?

Bast: Ich denke, schon. Wir hören sowohl von der Bundesimmobiliengesellschaft als auch vom Rektor der WU, sie seien voll im Plan.

STANDARD: Ist die gemeinsame Zeit in der WU, etwa drei Jahre, der Probegalopp für eine Fusion?

Blimlinger: Nein. Fusionen kosten mehr Geld, als sie bringen. Das Nawi Graz, eine gemeinsame Einrichtung der Uni Graz und der TU Graz, braucht viel mehr Mittel als die einzelnen Einrichtungen vorher. Hinter Fusionsabsichten steht doch immer die Ansicht, dass es zu viel Personal gibt, das nix tut und besser eingesetzt werden könnte - Synergieeffekte heißt das dann. An der Akademie sind wir aber mit unserem Personal am absoluten Limit.

Bast: Wir an der Angewandten auch. In Paris gibt es zehn Kunsthochschulen, in Wien nur drei. Dabei ist Paris mit 2,2 Millionen Einwohnern nicht viel größer als Wien. Zuletzt wurde die Zusammenlegung von den Freiheitlichen in der schwarz-blauen Koalition gefordert. Damals war das ein Ausdruck der Verachtung der Kunst. Man hat sich nicht zu sagen getraut, dass man die Kunstuniversitäten abschaffen soll - und daher die Zusammenlegung vorgeschlagen. Aber wer will heutzutage eine Fusion? Und warum wird immer nur über die Zusammenlegung von zwei kleinen Kunstuniversitäten geredet?

Blimlinger: Warum diskutiert man nicht zum Beispiel die Zusammenlegung von Bodenkultur und Veterinärmedizin? Weil auch sie sinnlos ist.

STANDARD: Wäre es nicht möglich, dass der Staat eine Art Zweimarkenstrategie fährt - wie ein Waschmittelhersteller? Also: Es gibt zwei Häuser mit unterschiedlichen Profilen, aber nur eine Verwaltung.

Blimlinger: Wie gesagt: Das würde keine einzige Stelle einsparen. Kooperationen gibt es ja unentwegt. Es ist ja nicht so, dass die Akademie und die Angewandte nichts miteinander zu tun haben. Die Studierenden nehmen beide Angebote wahr.

Bast: Es gibt in vielen Bereichen, in der Forschung und in der Lehre, Zusammenarbeit. Die IT-Abteilungen haben kürzlich ein gemeinsames Projekt zu Erneuerung der Infrastruktur eingereicht. Das Ministerium finanziert es mit einem respektablen Betrag.

Blimlinger: Wir kooperieren bei der Ausbildung der Kunstpädagogen und -pädagoninnen. Da gibt es übrigens einen erhöhten Bedarf: Es gibt zu wenige geprüfte Kunsterziehende. Wir haben dem Ministerium Vorschläge unterbreitet.

STANDARD: Aber die Kindergärtnerinnen und Volkschullehrerinnen wollen Sie nicht ausbilden?

Blimlinger: Wir bilden alle aus, wenn man uns Geld dafür gibt.

Bast: Und wenn der Gesetzgeber die Grundlage dafür schafft. Derzeit sind dafür die pädagogischen Hochschulen zuständig - und die werden eben vom Unterrichtsministerium finanziert. Aber unsere Bereitschaft und vor allem die Kompetenz sind vorhanden. Doch wir sollten nicht länger über Fusionsgespinste reden. Denn sie lenken von den wirklichen Problemen ab.

STANDARD: Die da wären?

Bast: Die totale Zersplitterung der Forschungslandschaft. Es gibt in zahlreichen Bundesministerien Forschungsabteilungen. Es gibt den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung und die Forschungsförderungsgesellschaft. Da könnte man wesentlich mehr Synergieeffekte erzielen als bei einer sinnlosen Zusammenlegung von zwei kleinen Kunstuniversitäten. Ein weiteres Problem ist: Warum sind die Universitäten nicht ausfinanziert?

STANDARD: Sie beide verhandeln gerade über die Leistungsvereinbahrung für die nächsten drei Jahre. Sind Sie mit dem Budgetangebot des Ministeriums zufrieden?

Blimlinger: Nein, denn es deckt nicht die Kosten für den laufenden Betrieb. Der Bund rechnet mit Inflationsraten von einem Prozent. Die Gehaltserhöhungen sind aber erfahrungsgemäß wesentlich höher. Das würde bedeuten, dass wir im dritten Jahr radikale Kürzungen vornehmen müssten. Und wir könnten nicht die Programme realisieren, zu denen wir verpflichtet werden. Das Angebot muss daher erhöht werden.

Bast: Ex-Forschungsministerin Beatrix Karl hat vor zwei Jahren damit gerechnet, dass die Unis pro Jahr 250 Millionen Euro mehr brauchen - für die Inflationsabgeltung. Wir Rektoren sind auf 300 Millionen gekommen. Und jetzt sind nur 100 Millionen pro Jahr vorgesehen. Dass sich das nicht ausgehen kann: Das weiß jeder.

STANDARD: Der Staat hebt das Budget nur gering an, die BIG aber erhöht die Mieten ordentlich. Ist das akzeptabel?

Blimlinger: Nein. Wir hatten, wie alle anderen Universitäten in BIG-Gebäuden, heuer eine Erhöhung der Mietkosten um fünf Prozent und der Betriebskosten um mehr als zehn Prozent. Das war nicht durch unsere Budgets gedeckt. Es ist tatsächlich sonderbar: Das Wissenschaftsministerium erhält das Geld vom Finanzministerium und gibt es den Unis. Die Universitäten geben es der BIG. Und der Staat lukriert von der BIG die Gewinne. Das ist ein vollkommen absurdes System, von dem nur die Banken profitieren.

Bast: Hinzu kommt noch etwas: Wenn man bei den Massenstudien die Budgets durch die Zahl der Studierenden dividiert, erhält man erschreckend niedrige Zahlen. Sie sind eine internationale Schande. Mit der Universitätsmilliarde will man jetzt die strukturellen Probleme der Unterfinanzierung lösen. Aber das wird nicht gelingen. Auch dann nicht, wenn man Geld von den kleineren Universitäten abzieht und zu den größeren schiebt. Das Einzige, was man damit erreicht: dass man die kleineren Universitäten, die noch gut funktionieren, kaputtmacht. Es braucht aber einen massiven Ausbau der Kunstunis.

STANDARD: Warum eigentlich?

Bast: Wir sind in einem finanzökonomischen Tunnelblick gefangen und finden daher keinen Ausweg aus der Krise. Die Kunstunis aber bieten andere, neue Zugänge. Die EU weist immer wieder darauf hin, dass wir eine "creative union" sein müssen. Die "creative skills" werden im 21. Jahrhundert entscheidend sein. Und wir an den Kunstuniversitäten können sie vermitteln. Es müsste daher eine Schwerpunktsetzung für den Kreativsektor geben. Und eine sinnvolle Hochschulpolitik müsste die Kunstunis ausbauen.

Blimlinger: Wir hatten heuer an der Akademie 1.600 Bewerbungen. Aufgrund unserer begrenzten Ressourcen konnten wir nur 20 Prozent aufnehmen - obwohl weit mehr qualifiziert wären.

STANDARD: Ihr Vorgänger meinte, es schaffen ohnedies nur drei Prozent der Absolventen in den Kunstmarkt.

Blimlinger: Es schaffen auch nur wenige Juristen an die Spitze eines Unternehmens. Man sollte sich von der Idee verabschieden, den Beruf auszuüben, den man studiert hat. Aber darum geht es nicht. Es geht vielmehr darum, welche Fähigkeiten ich beim Studium entwickle. Und die kann ich dann in vielen Bereichen einsetzen. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 5.10.2012)