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Salzburgs Schuldenknecht wird nicht jedermann zur Schau gestellt, sondern bleibt im Verborgenen.

Foto: APA/Gindl

Wien - Zufall oder nicht. Nur drei Jahre nach der vernichtenden Kritik des Rechnungshofs an den Spekulationsgeschäften des Landes Salzburg sind die Bundes-Kontrollore schon wieder den Derivaten des Bundeslandes auf der Spur. Und: Trotz zahlreicher Verbesserungen bei der Gestion der Landesfinanzen hat sich wenig an den Volumina geändert. In seinem Rohbericht konstatiert der Rechnungshof dem Vernehmen nach, dass Salzburg mit 1,7 Mrd. Euro in spekulativen Geschäften zur Währungs- und Zinsabsicherung (Swaps) engagiert sei.

Salzburgs Finanzchef Eduard Paulus bestätigt das Volumen, betont aber, dass man bei den Veranlagungen "vorsichtiger geworden ist". Über die Art der Währungsspekulation hält man sich in Salzburg bedeckt. Geschäfte in mexikanischem Peso oder türkischer Lira gebe es schon lange nicht mehr, meint der Finanzchef. Schweizer Franken befänden sich im Portfolio, diese Position sei aber positiv. Wie überhaupt die hohe Kunst der Finanzmanager dem Land in den letzten zehn Jahren 150 Mio. Euro gebracht habe.

Die hohe Position von 1,7 Mrd. sei der Nominalbetrag, der bei derartigen Derivaten immer hoch liege. Das maximale Risiko ("value at risk") betrage jährlich 80 Millionen Euro, der Marktwert sei deutlich positiv. Allerdings werden diese Darstellungen von Experten bezweifelt, letztlich könne der gesamte Nominalbetrag schlagend werden. Die Kameralistik der öffentlichen Budgetisten bilde das echte Risiko nicht ab.

Stutzig macht Insider der rasante Anstieg der Verbindlichkeiten, der nicht mit der Neuverschuldung Salzburgs korrespondiere: Von 2009 bis 2011 stieg der Schuldenstand um 80 Prozent auf 776 Mio. Euro. Paulus führt das auf die Finanzkrise und die Konjunkturpakete des Landes zurück. Andere Quellen meinen, dass höhere Sicherheiten notwendig geworden sein könnten oder Positionen glattgestellt werden mussten.

Jedenfalls laufen die heiklen Finanzgeschäfte des Landes im Verborgenen. Landesrechnungshofspräsident Manfred Müller gesteht, dass man für eine eingehende Analyse keine Kapazitäten habe.

Banken verdienen

Die Derivate werden angeblich im großen Stil mit der Salzburger Hypo abgewickelt, die von der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich kontrolliert wird. Auch die Deutsche Bank ist im Spiel: Das Institut soll 2008/2009 die Linien für Salzburg gesperrt haben, weil die Wertentwicklung der eingegangen Positionen negativ gewesen sei. Auch Regionalbanken haben das Limit für Salzburg geschlossen, weil ihnen die Deals zu heiß geworden sind.

Finanzlandesrat David Brenner (SP) betont hingegen, dass die Derivate " selbst auf dem Höhepunkt der Finanzkrise zu keinem Zeitpunkt im Minus waren". Die Deutsche Bank soll dann 2010 wieder an Bord gegangen sein. Lukrativ ist das Geschäft für die Banken allemal: Laut Branchenkennern verdienen sie rund 20 Millionen im Jahr mit dem Land. Neben den fetten Gebühren freuen sich die Institute darüber, dass sie für Geschäfte mit der öffentlichen Hand kein Eigenkapital aufbringen müssen.

Möglich macht diese Geschäfte ein Passus im Landtagsbeschluss, wonach das Land Maßnahmen zur Reduzierung der Finanzierungslast treffen kann. Dazu wurde auch ein Beirat eingerichtet, dem neben Mitarbeitern des Landes zwei externe Berater angehören. Anfragen im Landtag werden regelmäßig abgeschmettert: Es gebe keine Spekulationsgeschäfte, erklärte Brenner erst kürzlich. Auch der Staatsschuldenausschuss prallte beim Versuch, das kommunale Risikomanagement in Österreich zu erfassen, ab.

Begonnen hat alles 2002, noch unter VP-Regentschaft: Salzburg beschloss, zusätzliche Erträge durch "sehr komplex strukturierte Derivativgeschäfte" zu erhöhen, wie der Rechnungshof 2009 feststellte. Die dafür eingegangenen Swaps hatten "zum Teil keinen Bezug zu einem Grundgeschäft und wurden teilweise ohne Absicherungszweck und damit mit spekulativem Hintergrund durchgeführt". (Bettina Pfluger, Andreas Schnauder, DER STANDARD 20./21.10.2012)