"Oh Yeah, She Performs!" begleitet vier heimische Musikerinnen bei der Arbeit. Hier zu sehen: Vera Kropf, eigenwilliger Kopf von Luise Pop, im Bühneneinsatz.

Foto: Polyfilm

Wien - Aus der Perspektive einfacher Popmusikschaffender sieht ein Jahr etwa so aus: Im Sommer steht man auf den Bühnen der "truly detestable summer festivals" (Edwyn Collins). Im Herbst macht regnerisches Wetter das Reisen im Tourkleinbus erst recht beschwerlich. Im Winter muss man den Ofen im Proberaum im Gartenhäuschen befeuern. Und der Frühling wäre eigentlich eine gute Zeit für die Veröffentlichung eines neuen Tonträgers.

Mirjam Ungers neuer Dokumentarfilm "Oh Yeah, She Performs!" begleitet vier heimische Musikerinnen bei der Arbeit - über einen längeren Zeitraum, den die wechselnden Jahreszeiten lose strukturieren: Man sieht Elektrochanteuse Eva Jantschitsch alias Gustav nach der Babypause beim Konzert im Hamburger Thalia Theater. Die vierköpfige Garagenrockband Luise Pop unterwegs durch kleine Klubs in Tschechien und der Slowakei. Teresa Rotschopf, anfangs noch Bunny-Lake-Mitglied, bei den Aufnahmen zu ihren ersten, tief dröhnenden Solostücken. Und Singer-Songwriterin Clara Luzia beim Heimspiel vor lauter mit Papp-Eselinnen-Köpfen maskierten Fans.

Glamour und Spaß

Die Kamera holt vor allem die Gesichter und Körper der (Front-)Frauen ins Bild. Wie schon der Titel nahelegt, ist Ungers Film auf Performances in Studios und auf Bühnen konzentriert. Die einzelnen Nummern bekommen Raum in Echtzeit, auf der Bildebene sind dazu noch kleine Beobachtungen wie kurze Gedankenblitze eingebaut. Der Film lässt die Frauen glamourös und begehrenswert erscheinen - und zwar primär im Hinblick auf den Spaß, den es ihnen selbst offenkundig macht, sich derart zu produzieren (kleine Allüren inklusive).

Die Regisseurin und Radiojournalistin Unger hat "Oh Yeah, She Performs!" laut eigenem Bekunden auch gemacht, um ihrer musizierenden Teenagertochter ein paar treffliche Vorbilder an die Hand zu geben. Was es alles an inneren und äußeren Hindernissen zu überwinden gilt, was man besser ignoriert und was man überhaupt alles organisieren muss, wenn man als Frau (in Österreich) selbstbestimmt Musik machen will und darin mehr sieht als ein ökonomisch unschuldiges Hobby, das wird in "Oh Yeah, She Performs!" folglich nicht ausgeblendet. Aber es bleibt am Rande. Den Problemfilm können andere machen, hier wird gefeiert, aber trotzdem genau hingesehen:

Einmal erzählt Clara Luzia, dass die Schlagzeugerin ihrer Band sich immer wieder von Männern anerkennend sagen lassen müsse, dass sie ihre Arbeit am Instrument ja eh erstaunlich gut erledige - "und das im 21. Jahrhundert!" Mit der nächsten Einstellung wird Ines Perschy quasi umgehend in den Vordergrund geholt, und man kann ihr zusehen und zuhören wie sie das Schlagzeug bedient. Auf manche Dinge muss man im 21. Jahrhundert vielleicht auch einfach nicht mehr näher eingehen. (Isabella Reicher, DER STANDARD, 7.11.2012)