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Foto: Reuters/Dabbous

Die syrische Revolution hat ein neues Gesicht. An der Spitze des Kampfes gegen Präsident Bashar al-Assad steht in Zukunft ein angesehener islamischer Prediger und Rechtsgelehrter. Ohne Gegenkandidaten hat das neue syrische Oppositionsbündnis Mouaz al-Khatib zum Vorsitzenden gewählt. In seiner ersten Stellungnahme rief er die Soldaten der regulären Armee auf zu desertieren - und alle religiösen und ethnischen Gemeinschaften, als Teil eines harmonischen Syriens zusammenzustehen.

Ahmed Mouaz al-Khatib al-Hassani hat schon bisher Menschen aller Schichten angesprochen. Dem moderaten, sunnitischen Muslim wird attestiert, dass er im ganzen Land gut vernetzt und respektiert ist. Als im März des vergangenen Jahres die ersten Demonstrationen ausbrachen, hatte er schnell Sympathien für die Reformkräfte gezeigt. Er machte sich für soziale Gerechtigkeit und politischen Pluralismus stark und kämpfte für das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Religionen - in einer Zeit, da die religiösen Spannungen stetig zunahmen. Vier Mal wurde er deshalb in den letzten Monaten verhaftet.

Als er am 27. April dieses Jahres wieder aus dem Gefängnis entlassen wurde, flüchtete er nach Kairo, wo er seitdem mit der Exilopposition zusammenarbeitet.

Im eigenen Land bekannt wurde Khatib, als er vor 20 Jahren einer der Prediger der Umayyaden-Moschee in der Altstadt von Damaskus war. Schon der Vater des heute 52-Jährigen war ein führender islamischer Rechtsgelehrter.

Khatib, der aus Damaskus stammt, ist aber nicht nur Religionswissenschafter, er ist auch ausgebildeter Ingenieur und hat sechs Jahre in einer Ölfirma gearbeitet. Er war in verschiedenen wissenschaftlichen Gremien aktiv und Präsident der Gesellschaft für islamische Zivilisation. In vielen Ländern, von Nigeria bis in die USA, hat er Vorträge gehalten. Er könne den Verstand und das Herz gleichzeitig ansprechen, lobt ihn einer seiner Biografen.

Khatib steht einer sorgsam austarierten Führung der neuen Oppositions koalition vor. Der Prediger mit sanfter Stimme gilt als Verfechter einer politischen Lösung und kann sich auch Verhandlungen mit Präsident Assad vorstellen, um ihm einen Abgang zu ermöglichen und so das Blutvergießen zu stoppen. Zuerst muss er allerdings beweisen, dass er die zersplitterte Opposition wirklich zusammenhalten und eine effiziente Organisation aufbauen kann. (Astrid Frefel /DER STANDARD, 13.11.2012)