"Little Inferno" ist das neue Werk von Kyle Gabler und der Erstling der Tomorrow Corporation.

Screenshot: derStandard.at/Pichler

Die abzubrennenden Gegenstände werden in sieben Katalogen bestellt und werden per Paket geliefert.

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Jedem Artikel ist dabei eine animierte, meist lustig bis nachdenkliche, Beschreibung spendiert worden.

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Manche Sachen brennen eher unspektakulär...

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...andere effektvoll...

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...und wieder andere höchst spektakulär ab.

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Mit entdeckten Combos spielt man neue Kataloge frei.

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Bestimmte Gegenstände erzeugen Effekte abseits von Feuer.

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Die liebevolle Umsetzung vermag ebenso zu begeistern. Der Fernseher etwa zeigt die aktuelle Kamin-Szene auf seinem Bildschirm.

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Die Handlung wird in Form von Briefen weitergesponnen.

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Kyle Gabler, ist zurück. Mit dem von ihm mitgegründeten Studio 2D Boy begeisterte er vor wenigen Jahren Casual Gamer rund um den Globs mit dem Physik-Puzzler "World of Goo". Jetzt schickt er sich unter dem Banner der Tomorrow Corporation mit "Little Inferno" erneut an, in den Spielern die Lust am Knobeln zu erwecken - mit Erfolg.

Let it burn

Es ist kalt draußen. So kalt, dass man lieber drinnen bleibt und mit dem Feuer spielt. Darauf basiert auch das Geschäftsmodell der Tomorrow Corporation, wie sie im Spiel abgebildet wird. Sie verkauft den "Little Inferno Fireplace", eine feuerfest Stätte zum Verbrennen von Sachen, die man praktischerweise beim hauseigenen Versand ordern kann. So, oder so ähnlich, lässt sich das Szenario von Gablers neuem Werk beschreiben.

Man verbringt den allergrößten Teil der Spielzeit vor dem Hintergrund eines gemauerten Kamins. Was erst einmal so spannend klingt, wie entsprechend erhältliche Aufnahmen brennender Holzscheite auf DVD. Tatsächlich ist "Little Inferno" jedoch eine pyromanische Sandbox. Was man als Kind gerne experimentell den Flammen geopfert hätte, aber nicht durfte, kann und soll hier lodern und schmoren.

Kunterbunte Katalogauswahl

Die verfügbaren Gegenstände reichen von diversem Spielzeug, Küchenutensilien, mystischen Objekten, Elektronik und Sprengsätzen bis hin zu kleinen Gebäuden, allerlei Getier, digitalen Errungenschaften oder ganzen Planeten. Manche brennen unspektakulär ab, andere hüllen den Kamin in gleißende Flammenwirbel. Andere Sachen wiederum funktionieren für begrenzte Zeit und lassen Töne erklingen oder spucken verschiedene Dinge aus. Und manche erzeugen Effekte wie Retrografik oder Vereisung, die zuweilen für das Fortkommen hilfreich sind.

Kaufen und kombinieren

Das Spiel zwingt dabei sanft zum Forschen. Nicht alles kann sofort gekauft werden. Gegenstände werden erst nach und nach freigeschalten, je mehr man erwirbt. Eingeteilt sind sie in sieben Kataloge, die ebenfalls nicht sofort zur Verfügung stehen. Erst wenn das komplette Angebot des einen aufgekauft ist, genug Geld in der Kasse klingelt und eine gewisse Anzahl an Combos entdeckt wurde, darf man weiteres Brennmaterial ordern.

Die Combos sind dabei von Anfang an namentlich bekannt. Ihre Ingredienten müssen aber erst entdeckt werden. Während manche Kombinationen wie "Bike Pirate" sich anhand ihrer Bezeichnung leicht erraten lassen - im konkreten Fall muss eine Piratenfigur gemeinsam mit einem hölzernen Fahrrad abgefackelt werden - gilt es bei anderen, um die Ecke zu denken. Dabei sind durchaus Dinge aus verschiedenen Katalogen zu kombinieren, so dass man nie ausschließlich im gerade freigeschalteten Angebot verweilt

Geld spielt keine Rolle...

Um Geld muss man sich dabei keine Sorge machen. Verarbeitet man Sachen zu Asche, spucken sie "Tomorrow Bucks" aus, und zwar mehr als sie selbst gekostet haben. Dazu gilt: Je größer das Feuer, desto mehr gibt es extra. Dazwischen krabbeln immer wieder kleine Augen mit Spinnenbeinen durch das Bild, deren pyrotechnische Behandlung das Budget ebenfalls aufstockt.

...Geduld schon

Damit es sich der Spieler nicht zu eilig macht, kommen bestellte Produkte aus dem Katalog erst nach einer gewissen Wartezeit an, ebenso dauert es etwas, bis man sie nachbestellen kann. Die Lieferzeit lässt sich mit "Tomorrow Stamps" verkürzen, die man sich hauptsächlich durch das Erwirken der Combos verdient.

Diese Stempel sind eigentlich das einzige Element von "Little Inferno", das nicht immer funktioniert - insbesondere, wenn man gerade zu wenig davon hat. Verfügt man etwa über genug Geld und meint, eine der Kombinationen sicher erraten zu haben, kann die Warterei auf die Waren mitunter ausgesprochen nervig sein.

Brieffreunde

Während man nach und nach immer mehr Gegenstände den Flammen zum Fraß vorwirft, erzählt das Spiel nebenbei eine Geschichte - von der Nachbarin, dem Wetter und der Welt. Ihre in Briefen abgefasste Erzählform erinnert an den Sign Painter aus World of Goo. So wie auch sonst die grafische Gestaltung nebst des Soundtracks mit seinen epischen Momenten ganz klar die Handschrift Gablers tragen.

Gleiches gilt für den Inhalt an sich. Wer die poetisch-humorvollen und mit einem Hauch von Gesellschaftskritik angereicherten Anekdoten aus der wundervollen Reise der Matschbällchen mochte, wird sich auch hier zu Hause fühlen.

Ein schönes Finale

Und so brennt man sich seinen Weg durch das komplette Katalogangebot - in dem überall nachdenkliche oder lustige Anmerkungen verborgen sind - durch ein grafisch liebevoll gestaltetes Spiel inklusive schön ausgearbeiteter Simulation von Feuer,  Asche und Zerfall. Bis am Ende auch der letzte Gegenstand aus dem vergrößerbaren Inventar zum Opfer der Flammen wird. Ein weiterer Brief liefert den Hinweis für das finale Experiment, bevor "Little Inferno" in einem spielbaren und wunderbar philosophischen Outro ausklingt.

Ausgebrannt

Das passiert schnellen Spielern schon nach vier bis fünf Stunden. Wer sich jedoch nicht auf die Mindestanzahl an entdeckten Kombinationen beschränkt, sondern möglichst alle entdecken möchte, dürfte vermutlich noch ein bis zwei Stunden länger Freude an seiner Feuerstelle haben.

Damit ist "Little Inferno" definitiv kürzer als "World of Goo". Letzteres bietet dank des Online-Turmwettbaus sowie der Möglichkeit, eigene Levels zu erstellen auch nach dem Ende der eigentlichen "Kampagne" noch Anreiz zum Weiterspielen. Das Spielprinzip des Kamin-Simulators der Tomorrow Corporation lässt dies nicht zu. Sind alle Combos entdeckt, gibt es keinen nennenswerten Anreiz mehr, den Kamin noch einmal anzuheizen.

Fazit

Das Vergnügen mag eher kurz sein, trotzdem beweist Gabler eindrucksvoll, dass ein einfaches Spielprinzip fesselnd umgesetzt werden kann. Denn: Im Grunde ist "Little Inferno" nicht mehr als eine Memory-Umsetzung mit ganz eigener Atmosphäre und einem pyromanischen Kniff. Damit verdient es sich eine Empfehlung als gelungener Zeitvertreib für kalte Winterabende.

 (Georg Pichler, derStandard.at, 19.11.2012)

"Little Inferno" ist für Windows erschienen, die Ausgaben für Mac OS und Linux folgen später. Es zählt auch zum Startrepertoire des Wii U-Stores.