Je näher Wahlen rücken, desto nervöser werden Politiker. Noch gut in Erinnerung ist der 25. September 2008: Drei Tage vor dem Wahltermin wurden eine üppige Erhöhung der Pensionen, ein Heizkostenzuschuss, eine Anhebung von Familienbeihilfe und Pflegegeld sowie zahlreiche Steuerbefreiungen beschlossen. Kostenpunkt der Geschenke, die in einer einzigen Sitzung zum Teil einstimmig gewährt wurden: 2,8 Milliarden Euro.

Mit etwas mehr Vorlauf treffen fünf Jahre später die Regierungsparteien Vorbereitungen, erneut Wahlzuckerln unters Volks zu schmeißen: Diesmal geht es um die Pendlerpauschale. Auf 110 Millionen Euro Mehrkosten summieren sich die von der ÖVP vorgestellten Pläne zur Neugestaltung der Subvention jener, die mit dem Auto vom Wohn- zum Arbeitsplatz und zurück pendeln. Damit werden nicht nur Bewohner strukturschwacher Gebiete unterstützt, sondern es wird die Zersiedelung weiter gefördert und auf eine ökologische Lenkungsmöglichkeit verzichtet.

Fast ein Viertel der Bezieher der Pendlerpauschale verdient mehr als 50.000 Euro brutto jährlich. Damit profitieren Besserverdiener stärker als Menschen mit niedrigerem Einkommen. Diese Schieflage ist auch der SPÖ bekannt. Selbst wenn Kleinverdiener nun einen kleinen Ausgleich erhalten sollen: Diese Pauschale trägt zur Verstärkung der sozialen Ungerechtigkeit in diesem Land bei.

Aber ÖVP und SPÖ haben stur die nächsten Wahlen im Blick: In Niederösterreich wird jeder dritte Euro dieser Pauschale ausbezahlt - dort wird bekanntlich im Frühjahr gewählt. Auch in Tirol und Kärnten, wo ebenfalls Urnengänge anstehen, gibt es viele Pendler. Im Jahr 2011 haben 1,136 Millionen Menschen die Pendlerpauschale bezogen. Zum Vergleich: Bei der letzten Nationalratswahl gab es 6,350 Millionen Wahlberechtigte. Die Pendler stellen somit ein beträchtliches Potenzial an Wählern dar, mit denen es sich - so wie bei den Pensionisten - die sogenannten Volksparteien nicht verderben wollen.

Wie der dreistellige Millionenbetrag finanziert werden soll, ist bisher von Finanzministerin Maria Fekter (VP) nicht erklärt worden. Zumal im Februar erst ein Sparpaket geschnürt worden ist, das beträchtlichen Teilen der Bevölkerung einiges abverlangt.

Trotz dieser von Regierungsseite vorgegebenen Einschnitte wurde im Nationalrat eine Verdoppelung der Parteienförderung auf 33,1 Millionen Euro beschlossen - um für den Wahlkampf das nötige Körberlgeld zu haben. Keine Frage: Die Demokratie braucht Parteien, die nicht vorwiegend von privaten Sponsoren finanziert werden. Aber zu dem Zeitpunkt eine derartig üppige Anhebung zu verkünden und gleichzeitig als Regierung dem Parlament aus Spargründen eine Verkleinerung vorzuschreiben, ist demokratiepolitisch schädlich. Dass diese Woche Mandatare von SPÖ und ÖVP das Vorhaben, die Zahl der Abgeordneten von 183 auf 165 zu verringern, ablehnten, ist ein Zeichen für selbstbewussten Parlamentarismus.

Nur mit anschwellenden Bocksgesängen in Wahlkampfzeiten kann man versuchen, die Position von Koalitionspolitikern in den EU-Budgetverhandlungen zu erklären: Die Logik, dass Österreich auf jeden Fall einen Rabatt haben will, aber bereit ist, unterm Strich mehr zu zahlen, ist nicht nachvollziehbar. Aber wie sagte einst der Wiener Bürgermeister Michael Häupl: "Wahlkampfzeiten sind Zeiten fokussierter Unintelligenz." (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, 24./25.11.2012)