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Karlheinz Kopf will "punktuell investieren".

Foto: apa/Fohringer

Wien - Eine üppige Steuersenkung schwebt der ÖVP vor. Wenn die Entlastung spürbar sein solle, "dann muss diese Minimum zehn Milliarden Euro betragen", sagt Klubobmann Karlheinz Kopf im Interview mit dem STANDARD.

Zum Vergleich: Im Vorjahr betrugen die gesamten Einnahmen des Staates aus Steuern und Abgaben gut 131 Milliarden Euro. Die von Kopf genannte Summe ergibt sich aus einer Senkung des Eingangssteuersatzes von 36,5 Prozent auf 25 Prozent, einer höheren Grenze für den Spitzensteuersatz (die Rede ist von 100.000 Euro Bemessungsgrundlage) und einem Kinderfreibetrag von 7000 Euro. Wirtschaftsforscher Markus Marterbauer von der Arbeiterkammer hat die Vorschläge im Budgetausschuss des Parlaments nachgerechnet und kommt auf ebenso zehn Milliarden.

Die ÖVP will ihr Steuerkonzept noch vor der Nationalratswahl im Herbst 2013 vorstellen. Umgesetzt werden soll die Entlastung aber erst mittelfristig, sagt Kopf, die Budgetsanierung habe Vorrang.

STANDARD: Wissen Sie noch, was Sie am 24. 9. 2008 gemacht haben?

Kopf: Leider. Da wurden bei einer chaotischen Sitzung im Parlament einige ziemlich unsinnige Dinge beschlossen, die Staat und Steuerzahler viel Geld gekostet haben. Und ich war nicht bei allen, aber bei zu vielen Beschlüssen dabei.

STANDARD: Warum geht's dann schon wieder genauso los?

Kopf: Ich nehme an, Sie meinen die Pendlerförderung?

STANDARD: So ist es. Da wollen Sie doch offenbar Geld mit der Gießkanne verteilen.

Kopf: Nein. Die Pendler sind schon in einer besonderen Situation. Die Wirtschaft verlangt Mobilität und Flexibilität. Doch der Benzinpreis, der im Vergleich zum Vorjahr um 7,9 Prozent gestiegen ist, bedeutet für mittlere und untere Einkommen eine große Belastung. Da sind 100 Millionen, die nun auch Teilzeitkräften zugutekommen, zur Linderung gerechtfertigt.

STANDARD: Ökologisch ist die Pauschale in der Form widersinnig.

Kopf: Ökologische Maßnahmen entfalten auf lange Sicht Wirkung, helfen jedoch nicht kurzfristig jenen Leuten, die für den Weg zum Arbeitsplatz gar kein öffentliches Verkehrsmittel haben. Aber ich sage auch: Oberste Priorität bleibt die Sanierung des Staatshaushaltes. Ausnahmen sind punktuelle Investitionen, um das Wachstum zu fördern und für soziale Treffsicherheit zu sorgen.

STANDARD: Auf die ÖVP-Ideen zur Familienentlastung treffen beide Kriterien nicht zu. Die geplanten Kinder-Freibeträge nützen Niedrigverdienern nichts.

Kopf: Da geht es wieder um andere Ziele. Es ist klug, die Kostenbelastung, die durch Kinder entstehen, zwischen Kinderlosen und Eltern auszugleichen, um einen Anreiz für Familie zu schaffen.

STANDARD: Jedes Kind kostet im Prinzip gleich viel. Warum kriegen gut verdienende Familien mehr?

Kopf: Das wird ja durch die Familienbeihilfe, die Familienminister Mitterlehner vereinfachen und um 200 Millionen aufstocken will, berücksichtigt. Aber gleichzeitig ist ein steuerlicher Ausgleich nötig, weil berufliche Einschränkungen durch Kinder monetär stärker wiegen, je besser jemand verdient.

STANDARD: Wenn all das umgesetzt wird: Droht hinterher nicht wieder ein Sparpaket?

Kopf: Nein. Wir werden die Familienförderung nicht morgen einführen, das Gleiche gilt für unsere Steuerpläne, die eine Entlastung des Mittelstandes, eine Vereinfachung und einen Kinderfreibetrag bringen sollen. Wenn die Leute die Steuersenkung spüren sollen, dann muss diese Minimum zehn Milliarden Euro betragen. Dieses Geld haben wir derzeit nicht. Unsere Pläne sind als längerfristiges Programm zu verstehen: erst Pendlerpauschale, dann Familienbeihilfe, schließlich Steuerentlastung. Das alles müssen wir uns aber erst durch die Budgetsanierung verdienen. Wir dürfen jetzt nicht die Schleusen öffnen.(Gerald John, DER STANDARD, 1.12.2012)