Ein Gemälde von Braco ziert den Eingangsbereich.

Foto: derStandard.at/Günther Brandstetter

Busse aus Ungarn, Slowenien und Kroatien am Parkplatz vor der Pyramide.

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Der Blumentisch ist schon um 8 Uhr morgens reich beladen.

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Das Podest erinnert an eine Aufbahrungshalle.

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Braco und sein gebender Blick.

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200 Menschen in höchster Erwartung.

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Susanne R. steht Braco ehrenamtlich als persönliche Assistentin zur Verfügung.

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Wien - Sonntag vor zwei Wochen in Vösendorf bei Wien: Wunderheiler Braco wird im Eventhotel Pyramide erwartet. Die Nummernausgabe beginnt um 7.45 Uhr, eine Viertelstunde später ist die Eintrittskarte mit der Nummer 300 bereits vergeben. Busweise sind Menschen aus Wien und Umgebung, Ungarn, Kroatien und Slowenien angereist, um seinen gebenden Blick zu empfangen. 

"Ich habe keine Erwartungen, sondern lasse mich überraschen", sagt ein Mann, der zum ersten Mal dabei ist. Nicht jeder Besucher sieht dem Ereignis so gelassen entgegen. "Ich leide an Krebs und sehe immer schlechter. Ich hoffe, wenn ich hier rausgehe, dass meine Augen wieder besser funktionieren", erzählt eine Frau. Gesundheitliche Besserung oder gar Heilung ist für viele Menschen hier der Grund für ihr Kommen. Einige haben Fotos von kranken Verwandten oder Freunden mitgenommen und erhoffen sich auch für diese Linderung. 

Dabei bezeichnet sich der 45-jährige Kroate selbst gar nicht als Wunderheiler. Er will nur seine Gefühle mit seinen Augen weitergeben - so steht es zumindest auf seiner Homepage. Über die Wirkung auf die Menschen ist er angeblich selbst überrascht.

Fünf Euro mal 2.500

Ein gemaltes Porträt von Braco ziert den Eingangsbereich in der Pyramide. Auf einem Tisch werden Blumen gesammelt, die Besucher mitbringen. Im Anschluss an die Veranstaltung werden diese an die Menschen wieder verteilt. Fünf Euro kostet das schweigsame Vergnügen pro Person, zwischen 2.500 und 4.000 Menschen werden erwartet. Abzüglich der Saalmiete, die auf Nachfrage beim Eventhotel Pyramide 4.080 Euro beträgt, lässt sich leicht errechnen, wie viel der Mann mit dem gebenden Blick dabei verdient.

Seine Fähigkeiten bietet Braco drei Tage pro Woche feil. Nicht nur in Österreich, auch in Slowenien, Deutschland, der Schweiz, Kroatien, in den USA, Japan und auf Hawaii finden mittlerweile regelmäßig Begegnungen statt.

Schichtweise werden die Menschen in Vösendorf abgefertigt. 200 Personen dürfen pro Session hinein in den Saal. Das Gedränge beim Einlass ist groß, ein Platz in den ersten Reihen bleibt den meisten jedoch verwehrt. Diese sind offenbar Personen vorbehalten, die schon mehrmals zugegen waren und von positiven Erlebnissen berichten können. 

Der Saal erinnert an eine Aufbahrungshalle. Vorne steht ein Podest, von weißen glänzenden Tüchern umgeben und mit weißen Lilien geschmückt. Braco selbst gibt keine Interviews. Seine persönliche Assistentin Susanne R., in ihrem weltlichen Leben in der Erwachsenenbildung tätig, übernimmt diese Funktion für ihn. Mit sanfter Stimme eröffnet sie ihre 15-minütige Rede: "Wir werden uns jetzt gemeinsam darauf vorbereiten, bevor Braco zu uns kommt."

Ein Münze mit zwei Seiten

"Ich spüre diese bedingungslose Liebe hier und kann diese auch selber ausstrahlen und an andere weitergeben. Außerdem bin ich hier, um gesund zu werden", antwortet eine Frau im Publikum auf die Frage, warum sie immer wieder zu Braco kommt. Eine Dame in der ersten Reihe glaubt sich von Braco geheilt. Jahrelange Migräne, Herz- und Rückenprobleme sind seit ihrer ersten Begegnung mit dem Kroaten zur Gänze verschwunden. 

Ein Mensch, der nicht spricht, niemanden berührt, einfach nur dasteht und schaut, vermag das alles zu bewirken. Wie das funktioniert? Susanne R. hat eine Antwort parat: "Es ist wie bei einer Münze. Es ist ein Stück, hat aber zwei Seiten. So ist es mit den meisten Dingen auf dieser Welt. Es gibt einen zweiten Aspekt dazu, und den gibt es auch bei Bracos Wirken. Das, was Sie sehen, ist, dass er hier steht und Sie ansieht. Und das andere ist das, was wir mit unseren Sinnen nicht erfassen können - aber wir können es erleben."

Zittern, Schwindel, Hitzegefühle: Von Erlebnissen wie diesen wissen auch Menschen im Publikum im Vorfeld schon zu berichten. "Es passiert wirklich etwas", bekräftigt Susanne R. erneut und bringt nun auch noch die Wissenschaft ins Spiel. Bracos Blick verändert laut R. auch das Energieniveau von Wasser, ähnlich dem Grander-Wasser, das 2006 gerichtlich als "aus dem Esoterik-Milieu stammender parawissenschaftlicher Unfug" bezeichnet wurde. Den Beweis dafür will Drago Plecko, auf Bracos Homepage als bekannter kroatischer Experte und Wissenschaftler vorgestellt, mit Frequenzmessungen erbracht haben. Auf der Homepage von IISIS (Institute for the Integration of Science, Intuition and Spirit) wird er als erfolgreicher kroatischer Autor für spirituelle Themen erwähnt - sein Spezialgebiet: die Reinkarnation. Ansonsten ist Pleckos Präsenz im Netz eher dürftig. International ist dieser Mann wenig bekannt.

Blick halten und das Beste wünschen

Offen sein, zulassen, Herz aufmachen, es geschehen lassen, mit den Gedanken ganz hier sein - nur so lässt sich das nicht Erklärbare auch tatsächlich erleben. Und zwei Ratschläge gibt Susanne R. dem Publikum noch mit in die Session: "Versuchen Sie, Bracos Blick zu halten, und wünschen Sie sich einfach, dass das Bestmögliche für Sie und Ihre Liebsten geschehen soll."

Endlich öffnet sich die Seitentür: Braco betritt den Saal. Ein kleiner, schmächtig gebauter Mann mit hängenden Schultern und langem, fedrigem grauem Haar steigt langsamen Schrittes, die Arme schlaff an der Seite herunterhängend, auf das Podest. Die Menschenmenge erhebt sich, und Braco richtet seinen Blick auf das Publikum, ein kaum merkliches Lächeln umspielt dabei seinen Mund.

Wie angewurzelt, vollkommen regungslos steht er da, allein seine Augen schweifen durch den Saal. Die Ruhe im Publikum wird ab und an von einem Schluchzen unterbrochen. Eine Frau beginnt bedrohlich zu schwanken, eine andere bietet ihr von hinten Stütze an.

Vier Minuten später ist alles vorbei. Braco verlässt den Raum ebenso unspektakulär, wie er ihn betreten hat.

Bracos Kraft auf DVD

"So, das war unsere heutige Begegnung mit Bracos Blick. Hat jemand etwas gespürt?", fragt die Assistentin. Es hat. "Ich habe alles gespürt, Tränen, Strömen durch meinen Körper. Braco habe ich total verschwommen gesehen, seine Aura war sichtbar und dahinter so ein schönes Licht", beschreibt es eine ältere Dame in den vorderen Reihen. "Alles ist viel schöner und einfacher geworden", lässt die Assistentin noch eine andere Frau zu Wort kommen, deren gesamtes Leben bereits unter dem Einfluss von Braco steht. "Wir schauen täglich DVDs von Braco gemeinsam mit unseren Kindern. Und am Geburtstag von Braco fährt die gesamte Familie jedes Jahr nach Kroatien."

DVDs und Bücher, die Leben und Werk Bracos dokumentieren, gibt es zuhauf. Im Rahmen der Veranstaltung werden sie selbstverständlich zum Kauf angeboten. In der Session bleibt das nicht unerwähnt. "Menschen, die mit Braco in Verbindung bleiben wollen, können das über seine DVDs tun", sagt Susanne R. Es funktioniert also auch via Bildschirm. 

Am 26. November hatten Menschen am Times Square in New York ebenfalls dieses besondere Vergnügen. Auf einer riesigen Leinwand wurde Bracos Erscheinen bei den Vereinten Nationen ausgestrahlt. Auf Bracos Homepage kann man davon lesen, ansonsten ist dieses Ereignis im Internet völlig unerwähnt. Im Übrigen ist der 26. November als der friedlichste Tag in die Geschichte New Yorks eingegangen. Anhänger Bracos machen den Kroaten dafür verantwortlich, dass genau an diesem Tag in der Weltmetropole kein einziges Gewaltverbrechen begangen wurde, andere wiederum auf die Arbeit der New Yorker Polizei. (Regina Walter, derStandard.at, 8.2.2013)