Matt Firor, Game Director von "The Elder Scrolls Online"

Foto: Zenimax Online
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Drei Jahre waren seit dem Start von "World of WarCraft" vergangen und in der Branche stellte sich die Gewissheit ein, dass Online-Rollenspiele das nächste große Ding am Videospielhorizont sind. Das im sonnigen Kalifornien angesiedelte US-Studio Blizzard Entertainment lieferte gerade die erste Erweiterung für sein von Millionen zahlenden Kunden gespieltes Fantasy-Epos aus, als sich 2.600 Meilen entfernt an der Ostküste in Maryland ein Kreativteam des Herausgebers Zenimax formierte, um die Grundpfeiler seiner eigenen Online-Welt zu setzen. Mit dem bunten, comichaften Universum "WarCrafts" hatte diese Vision allerdings wenig gemeinsam. Branchenveteran Matt Firor und seine Mitarbeiter bei Zenimax Online machten sich an die Arbeit, um eine der umfassendsten Rollenspiel-Legenden ins Online-Zeitalter zu überführen.

Im Juni vergangenen Jahres wurde schließlich das enthüllt, woran 250 Entwickler, Designer, Autoren und Ingenieure fünf Jahre lang gearbeitet hatten. "The Elder Scrolls Online" (kurz "TESO"), ein Massively Multiplayer Online Role-Playing Game (MMORPG), das Spieler gemeinsam die Mythen und Geheimnisse der Saga erforschen lässt. Ende 2013 soll der Titel für Windows und Mac erscheinen, Anfang März "traf" sich der GameStandard online via E-Mail mit Game Director Matt Frior, um über das Mammutprojekt zu sprechen.

Ein echtes "Elder Scrolls"

In der Provinz Cyrodiil schlüpfen die Spieler in die Rolle eines tragischen Helden, der seine gestohlene Seele zurückerobern möchte und dafür die Welt retten muss. Das Land ist in drei Fraktionen und zahlreiche Spezien zersplittert, hinzu kommt die Bedrohung durch die Armee der Untoten. Die Geschichte spielt 800 Jahre vor "Skyrim", dem letzten Abenteuer der Serie, und wirft einen in ein vielschichtiges Universum von schneebedeckten Bergen, weitläufigen Küsten und düsteren Dungeons, in denen Trolle, Drachen und jede Menge anderer Unwesen hausen.

Frior zufolge wird großen Wert auf Authentizität gelegt. "Wir konzentrieren uns auf den Rollenspielaspekt im Mehrspieler-Online-Rollenspiel. Das ist ein Aspekt, in den wir sehr viel Kraft investieren. Unser vorrangiges Ziel war es, die einprägsamen Erfahrungen, die man von den klassischen Einzelspieler-"Elder Scrolls"-Werken kennt, mit seinen Freunden teilen zu können", sagt der Game Director. Die Story soll mit Wendungen und Zeitsprüngen aufwarten, in denen man sogar aus der Sicht anderer Charaktere spielen darf.

Eine glaubhafte Welt

"Die Größe der Spielwelt ist eine enorme Herausforderung. Wir bieten über den gesamten Kontinent verstreut hunderte Stunden an Spielinhalten, mit tonnenweise Quests, Sammelspielen, frei individualisierbaren Charakteren und vielem mehr. Man muss es gespielt haben, um ein Gefühl für die Größe zu bekommen, aber man darf sich reichlich Abwechslung erwarten", verspricht Frior. Die Schlachten und Rätsel können dabei sowohl alleine als auch gemeinsam in Angriff genommen werden. Jede Aufgabe und Entscheidung soll den weiteren Verlauf der Story beeinflussen, wenngleich nicht zur Gänze abändern können.

Die vom Computer gesteuerten Charaktere (NPC) werden allesamt vertont und synchronisiert, um die Atmosphäre zu verdichten. "Wir haben unser Quest- und NPC-System auf jenem von 'Skyrim' und 'Oblivion' aufgesetzt - wenn Ihnen diese Geschichten und Interaktionen gefallen haben, werden Sie sich gleich zuhause fühlen. Viele Quests lassen einem Entscheidungsfreiheit. Bei manchen davon geht es um 'richtig oder falsch', aber häufiger noch ist es nicht klar, wie sich die Taten auswirken werden", so Fior. "Das muss man basierend auf den gesammelten Informationen selbst herausfinden. Das System ist darauf ausgelegt, interessante Geschichten zu erzählen."

Dynamische Kämpfe, soziale Fähigkeiten

Spielerisch soll "TESO" ebenso fordernd wie ein klassisches Rollenspiel werden. Kämpfe sollen im Gegensatz zu vielen anderen MMOs nicht in anspruchslosen "Klick-Orgien" enden. "Unser Maus-basiertes Kampfsystem kommt jenem in der PC-Version von 'Oblivion' oder 'Skyrim' weit näher, als andere MMOs. Man bedient seine Waffen und blockt mit der Maus und kann Spezialfähigkeiten ohne Unterbrechung einsetzen", erklärt Frior. Aber auch hier sei die Skalierung von kleineren Scharmützeln zu gigantischen Massenschlachten wesentlich. So wird es zusätzlich zur Story-getriebenen Kampagne auch einzelne Spieler-gegen-Spieler-Herausforderungen (PvP) geben, bei denen "hunderte" Spieler gleichzeitig um Ressourcen kämpfen.

Bei den Quests kann man sich wiederum dazu entscheiden, anderen Spielern zu helfen oder ihnen in die Quere zu kommen - die Spielweise ist jedem selbst überlassen. Durch die Einbindung sozialer Netzwerke kann man sich stets mit seinen Gefährten über das Spielgeschehen austauschen und bleibt dabei selbst immer auf dem Laufenden.

Kein hässliches Online-Entlein

Während Freunde des virtuellen Tourismus in aktuellen MMOs nicht zu selten die grafische Detailverliebtheit klassicher Rollenspiele vermissen, soll "TESO" mit einer vereinnahmenden Welt aufwarten. "Unser grafischer Stil sollte Spielern auf einen Schlag deutlich machen, dass sie sich in einem "Elder Scrolls"-Spiel befinden. Wir haben ein paar Entscheidungen treffen müssen, damit es auch auf älterer Hardware läuft, doch bei den empfohlenen Spezifikationen sieht es fantastisch aus", verweist Frior auf die jüngst veröffentlichten Screenshots (siehe linke Spalte). Zum Gunsten der Atmosphäre und der Erzählung wurde ebenso am Interface geschraubt. Bildschirmelemente sind weitgehend ausgeblendet.

Eine Frage des richtigen Systems

Das letzte Kapitel der "Elder Scrolls"-Serie, "Skyrim", hat seinen Erfolg zum Großteil der Konsolenumsetzung zu verdanken, was die Frage aufbringt, ob man "TESO" auf den aktuellen Konsolen oder der PlayStation 4 (PS4) und der nächsten Xbox spielen können wird. Während Speicherrestriktionen der PS3 und Xbox 360 die Umsetzung von MMOs erschwerte, könnte sich dies mit der nächsten Generation ändern. Doch Frior winkt ab. "Derzeit konzentrieren wir uns auf die Veröffentlichung für Windows und Mac. Mir ist untergekommen, dass die neuen Konsolen weit leistungsstärker sind, als die aktuelle Generation, aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben wir keine Pläne für eine Konsolenversion des Spiels."

Eine weitere Hürde für eine Konsolenumsetzung dürfte die nächste Konsolengeneration ebenfalls nehmen, in dem künftig unterschiedliche Vertriebsmodelle wie Free2Play und Abos möglich sind. Sony bestätigte dieses gesteigerte Maß an Flexibilität zumindest für die PS4. Für welches Geschäftsmodell sich Zenimax Online entschieden hat, wollte Frior jedoch noch nicht verraten. Kein unwesentlicher Faktor für den Erfolg oder Misserfolg eines MMOs.

Keine Angst vorm Branchenprimus?

Dass in der Vergangenheit so viele Online-Rollenspiele gescheitert sind und der Genreprimus "World of WarCraft" selbst nach Jahren unangefochten an der Spitze steht, macht Frior indes keine Sorgen. Auch, dass die Serie relativ spät in die Online-Welt einsteigt, sei kein Grund zu zögern.

"Nachdem heute so viele Spiele Online-Funktionen integrieren, reicht es nicht mehr, MMOs allein durch das Zusammenspiel mit anderen Spielern von Einzelspieler-Rollenspielen zu unterscheiden. Heute braucht es für ein MMO ein großartiges Spiel, ein spannendes Rollenspielerlebnis und Freunde", so der Entwickler. "Wenn das Spiel, an dem man arbeitet, Spaß macht und die Leute es gerne spielen, ist der Zeitpunkt immer richtig." (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 24.3.2013)

(Video: Vorschau auf "The Elder Scrolls Online")