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"Wir sind ein modernes Land, nicht im Vatikan."

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Seit einem Monat gibt es an einer Wiener Schule die Direktive, die Kreuze aus den Klassenzimmern zu entfernen. Eine Mutter hatte sich in der Direktion beschwert, nachdem sie am ersten Schultag ihres Kindes überrascht festgestellt hatte, dass Kreuze in den Klassen angebracht waren.

"Ich wollte Informationen haben. Ich habe mein Kind absichtlich in eine städtische Schule gegeben, weil ich selbst konfessionslos bin." Die Mutter will anonym bleiben, ihr Name ist der Redaktion bekannt. Auch um welche Schule es sich handelt, will sie zum Schutz ihres Kindes nicht sagen.

Bevormundung

Seit Oktober bemüht sie sich um eine Lösung. Sie ging zur Direktorin und fragte nach, was ein christliches Symbol in einer städtischen Schule zu suchen habe, bekam zunächst aber keine Antwort. "Alle haben ein Geheimnis daraus gemacht", erzählt sie im Gespräch mit derStandard.at. Die "Bevormundung", wie sie es nennt, hat sie gestört.

Schließlich habe sie herausgefunden, wie es um die Gesetzeslage steht: Wenn die Mehrheit der Kinder in der Schule christlich ist, muss ein Kreuz in jedem Klassenzimmer angebracht sein. Ist das nicht der Fall, gibt es keine Veranlassung, die Kreuze hängen zu lassen. So ist es im Wiener Schulgesetz geregelt.

Doch die Schule zeigte sich zunächst nicht kooperativ. Wie viele Kinder in der Schule christlichen Glaubens sind, wollte man der Mutter nicht sagen. "Die Schule hat sich auf den Datenschutz bezogen und gesagt, sie darf nichts dazu sagen."

Keine Informationen

"Ich habe mich geärgert wegen der Geheimniskrämerei", sagt die Mutter. Auch im Elternverein konnte ihr niemand weiterhelfen. Aber offensichtlich stört es niemanden, dass die Kreuze nun abgehängt wurden. "Bis jetzt hat sich niemand aufgeregt. Auch die Lehrer nicht."

Ihr gehe es nicht darum, "einen Skandal zu machen oder jemanden zu beleidigen", sagt sie. "Ich wollte keine Revolution starten, sondern Information erhalten. Ich gebe mein Kind dort in die Schule, ich habe ein Recht zu erfahren, warum dort Kreuze hängen."

Warum stören sie die Kreuze? "Die Kinder kommen zum Lernen in die Schule, nicht um den Glauben zu praktizieren." Religion sei weit weg von einer offenen Weltanschauung. "Wir sind ein modernes Land, nicht im Vatikan. Der Staat und die Kirche müssen getrennt sein." Sie verstehe, dass der Glaube für viele Menschen eine gute Sache sein kann, "aber Religion ist privat".

Kein Problem mit Kopftuch

Weil Religion eine Privatsache ist, hat sie auch nichts dagegen, wenn Mädchen Kopftücher in der Schule tragen. "Ein Kopftuch oder auch ein Kreuz, das man sich um den Hals hängt, ist eine persönliche Entscheidung. Ich bin ja nicht gegen das Kreuz selber, es stört mich nur in der Schule. Es hat nichts in der Schule verloren."

Vom Wiener Stadtschulrat gibt es noch keine Stellungnahme zu der Causa. Man sei über das Entfernen der Kreuze nicht informiert worden. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 8.5.2013)