Im Duell um die Deutungshoheit in der aktuellen Finanzkrise wird aus dem Elfenbeinturm scharf geschossen. Die beiden Harvard-Ökonomen Kenneth Rogoff und Carmen Reinhart werfen ihrem schärfsten Widersacher, dem Princeton-Volkswirt und Nobelpreisträger Paul Krugman, "spektakulär grobes Verhalten" vor. In den vergangenen Wochen habe er "uns sehr persönlich angegriffen, nonstop", schreiben die beiden in einem vierseitigen Brief.

Seit Bekanntwerden peinlicher Fehler und methodischer Mängel in Studien der beiden Volkswirte Reinhart und Rogoff kennt die Häme in der Blogosphäre keine Grenzen mehr. Krugman wirft den Harvard-Ökonomen " analytische Sünden" vor. Sie hätten "großen Schaden" angerichtet, da ihre geforderte Medikation in der aktuellen Situation - Sparen gegen die Schulden - tatsächlich verabreicht wurde.

Krugman hingegen genießt den Luxus, dass seine Forderung nach dem grenzenlosen Stimulus vielerorts verhallt. Damit kommt er nicht in die Verlegenheit, seine unverdünnte keynesianische Medizin in Aktion zu erleben. Doch auch ihn dürfte die Realität einholen. Ex-IWF-Chefökonom Rogoff ist überzeugt: Nach drei Jahrzehnten Kreditboom ist es mit einer Dosis Wachstumspolitik nicht getan. (sulu, DER STANDARD, 28.5.2013)