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In gewöhnlichen Reisetaschen schmuggelte das Paar rund fünf Dutzend Vögel.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien - Die Zoll- und Grenzbehörde am Flughafen Wien-Schwechat hat einen brisanten Fund gemacht: Vergangenen Donnerstag wurden im Rahmen üblicher Gepäckskontrollen in zwei Reisetaschen rund 60 Vögel entdeckt, hauptsächlich Paradiesvögel, Beos, Amadinen und eine Papageienart aus Papua Neuguinea. 39 der Tiere waren bereits verendet. Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) entdeckte bei einem der toten Tiere den Vogelgrippeerreger-Stamm A/H5N1.

Die 60 Vögel waren in Röhren verpackt, die ein aus Doha ankommendes Ehepaar in den Reisetaschen versteckt hatte. "Der Aufgriff erfolgte am vergangenen Donnerstag um 13.45 Uhr. Die Tiere wurden von den beiden 'Artenschutzhunden' 'Lord' und 'Reno' aufgespürt. Sie waren von einem tschechischen Ehepaar von Bali über Doha nach Wien gebracht worden. Der Grenztierarzt wurde sofort verständigt", sagte ein Sprecher des Finanzministeriums. Das Ehepaar wurde wegen Vergehens gegen die Zollgesetze und das Artenschutzgesetz auf freiem Fuß angezeigt.

Quarantäne in Schönbrunn

Am späten Montagnachmittag wurde schließlich nach umfangreichen Tests der AGES ein erstes Zwischenergebnis bekannt. Bei einem der Tiere sei das H5N1-Virus nachgewiesen worden, teilte das Gesundheitsministerium mit.

Unmittelbar nach Sicherstellung liefen umfangreiche behördliche Maßnahmen an. Die lebenden Tiere waren zunächst in der Quarantänestation des Tiergartens Schönbrunn untergebracht worden. Sie wurden nach dem Nachweis des Influenza-Erregers getötet. Alle betroffenen Stellen wurden informiert und die Kontaktpersonen prophylaktisch mit dem ursächlich gegen das Virus wirkenden Medikament Oseltamivir behandelt. Sie sind wohlauf.

Ministerium: Ansteckungsgefahr gering

Das Gefahrenpotenzial sei laut veterinär- und humanmedizinischen Experten als gering einzustufen, erklärte das Gesundheitsministerium. "Es ist nicht davon auszugehen, dass alle 60 Tiere infiziert waren, da in etlichen Proben kein Virus nachgewiesen wurde. Daher beschränkt sich die Virenausscheidung auf eine eingeschränkte Zahl." Hauptinfektionsquelle sei der Kot der Tiere, bei sachgemäßer Handhabung und Einhaltung von Hygienemaßnahmen sei eine Infektion der betroffenen Personen unwahrscheinlich. Darüber hinaus seien alle Vögel immer unter strenger Quarantäne gewesen.

"Für die Öffentlichkeit bestand und besteht keine Gefahr", sagte Dienstagnachmittag auch die Leiterin der Sektion für öffentliche Gesundheit im Gesundheitsministerium, Pamela Rendi-Wagner: "Sowohl beim Transport der lebenden Tiere vom Flughafen nach Schönbrunn als auch beim Transport der toten Tiere zur Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit wurden dafür vorgesehene geschlossene Behälter verwendet, alle Vorsichtsmaßnahmen eingehalten." 

Inkubationszeit verstrichen

"Die Kontaktpersonen (insbesondere der Grenztierarzt sowie die Beamten vom Zoll, Anm.) nehmen jetzt sieben bis zehn Tage 'Tamiflu' (Oseltamivir, Anm.) ein. Sie sollen zweimal täglich Fieber messen und bei verdächtigen Symptomen sofort eine Spezialabteilung aufsuchen", erklärte die Expertin. Bisher sei niemand erkrankt. Da der Kontakt mit den geschmuggelten Vögeln bereits am Donnerstag erfolgte, ist die Inkubationszeit, innerhalb derer eine Influenza-Erkrankung auftauchen könnte, verstrichen oder fast schon verstrichen.

Die sporadisch bei engem Kontakt von Vögeln zum Menschen übertragbaren A/H5N1-Vogelgrippeviren grassierten ab 2003 verstärkt in Ostasien. 2005/2006 kam es zu einer Ausbreitung vor allem bei Vögeln und Geflügelbeständen in Europa, darunter auch Österreich. Weltweit wurden seit 2003 laut Weltgesundheitsorganisation bei Menschen 630 Erkrankungen mit A/H5N1-Viren registriert, 375 Patienten starben. (APA/red, derStandard.at, 11.6.2013)

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Vogelgrippe - Entstehung und Symptome 

Die im Volksmund Vogelgrippe genannte Krankheit wird von Influenzaviren ausgelöst. Aggressive Varianten der Virustypen H5 und H7 führen zu schweren Seuchenausbrüchen. Am empfänglichsten für diese Erreger sind Hühner und Puten. Eine Übertragung von Tieren auf den Menschen kann vorkommen, der A(H5N1)-Vogelgrippe war das nur bei engerem Kontakt mit Geflügel der Fall. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch erfolgt bei den vor allem 2006 auch in Europa grassierenden Viren nicht. Auch das vor kurzem in China aufgetretene Vogelgrippevirus A(H7N9) hat diese Fähigkeit offenbar nicht oder kaum.

Infizierte Hühner und Puten verenden zum Großteil bereits 24 bis 48 Stunden nach Kontakt mit für sie pathogenen Viren - bevor Krankheitssymptome auftreten. Kranke Tiere erscheinen meist apathisch. Hühner legen keine oder stark verformte Eier. Bei manchen Tieren verfärben sich Kamm oder Füße blau. Durchfälle können hinzu kommen. 90 bis 100 Prozent der erkrankten Tiere sterben.

Erhöhte Chance für Weiterverbreitung

Enten und Gänse erkranken weniger schwer, aber sie scheiden das Virus aus und werden auch als Virus-Reservoir bezeichnet. Bei den neu aufgetauchten A(H7N9)-Viren in China sterben die Tiere offenbar nicht. Das erhöht allerdings die Chance für die Weiterverbreitung. Infizierte Tiere fallen oft mit Gleichgewichts- oder Verhaltensstörungen auf, schwimmen im Kreis oder halten den Kopf schief. Durchfälle treten auf. Augen- und Lungenentzündungen kommen hinzu - äußerlich wirken die Tiere dann kurzatmig.

Anhand der Symptome allein ist die klassische Vogelgrippe nicht zu erkennen. Zum Verwechseln ähnlich ist sie unter anderem der atypischen Geflügelpest, auch Newcastle Krankheit genannt. Auch Vergiftungen lassen sich häufig nicht unterscheiden.

Die Tierseuche wird von Viren des Typs A verursacht. Diese Erreger enthalten auf ihrer Oberfläche Stoffe, die mit der Abkürzung H (Hämagglutinin) und N (Neuraminidase) bezeichnet werden. Es gibt 16 H-Subtypen und neun N-Subtypen. Je nach der Kombination dieser Stoffe in der Hülle des Virus entstehen Namen wie H5N1.

Unterschiedliche Erkrankungsschwere

Alle 16 H-Subtypen können Vögel befallen, rufen jedoch unterschiedlich schwere Erkrankungen hervor. Einige der Viren H5 und H7 wurden durch die schweren, auch "Geflügelpest" genannten Ausbrüche in verschiedenen Ländern bekannt. H5N1 ist auch für Menschen gefährlich, wird aber nur bei sehr engem Kontakt mit infizierten Tieren - zum Beispiel über deren Kot - übertragen. H7N9-Viren, wie zuletzt in China festgestellt, verursachen beim Menschen ähnlich wie bei A(H5N1) eine relativ hohe Mortalität (bisher 132 Fälle, 37 Todesopfer).

Die Schwere der Erkrankung beim Menschen hängt offenbar davon ab, wie gut die Viren in die tieferen Lungenregionen eindringen können und wie gut sie dort an Rezeptoren binden. Die Opfer sterben zumeist an akutem Lungenversagen (acute respiratory distress syndrome - ARDS, auch "Schocklunge" genannt).

Wissenschafter des Instituts für Molekulare Biotechnologie und des Centrums für Molekulare Medizin (CEMM) in Wien berichteten im Jahr 2008 von der Entschlüsselung des gemeinsamen Krankheitsmechanismus. Durch die Freisetzung von oxidierten Lipiden (Fette) wird eine überschießende Abwehrreaktion in Gang gesetzt, die durch einen Rezeptor auf Abwehrzellen (Toll like Receptor 4) vermittelt wird und schließlich zu den Lungenschäden führt. (APA)