Bild nicht mehr verfügbar.

Nicht jeder Duftmix ist der Gelse genehm.

Foto: APA/Herbert Pfarrhofer

Manche Menschen sind zu beneiden. Von Gelseninvasionen bleiben sie vollkommen unbeeinträchtigt, werden regelrecht von den lästigen Insekten gemieden. Was macht diese Personen für Gelsen so unattraktiv? Ist ihr Blut den Stechmücken zu wenig süß?

"Das ist vermutlich ein Ammenmärchen", sagt Ilona Grunwald-Kadow vom Max-Planck-Institut für Neurobiologie in München, die sich als Leiterin der Forschungsgruppe Sensorische Neurogenetik mit dem Geruchssinn von Insekten beschäftigt. "Mit süß ist zunächst nur attraktiv gemeint", sagt Hannes F. Paulus, emeritierter Leiter des Departments für Evolutionsbiologie am Fakultätszentrum für Organismische Systembiologie in Wien.

Diabetiker brauchen sich demnach  genauso wenig vor einem Gelsenangriff zu fürchten, wie Menschen, die kurz vor dem Grillfest eine Tafel Schokolade vertilgen. Attraktiv ist für die Gelse nämlich nicht der Geschmack des Blutes, sondern vielmehr der Geruch, den ein Mensch verströmt.

Kohlendioxid und Körperwärme

Weit vom Opfer entfernt folgen Stechmücken einer Reihe duftender Signale. Besonders anziehend finden die kleinen Sechsbeiner Kohlendioxid, das der Mensch bei der Ausatmung an die Luft abgibt. Für schwangere Frauen ist das ein erheblicher Nachteil, atmen sie doch per se mehr Kohlendioxid aus, als andere Menschen.

Die Insekten folgen also der Kohlendioxid-Fahne und orten ihre Opfer außerdem über die menschliche Körperwärme. "Spätestens jetzt kommen noch weitere Düfte ins Spiel", sagt Paulus.  An welchen Duftstoffen sich die Tiere schlussendlich orientieren ist jedoch nicht restlos geklärt. "Stechmücken mögen ein Gemisch aus Milch- und Fettsäuren und Ammoniak. Kommen diese Düfte in der richtigen Kombination zusammen, dann wirkt das auf die Tiere äußerst attraktiv", sagt Grunwald-Kadow. All das findet sich im Schweiß, den manche Menschen mehr als andere produzieren.

Paulus bringt noch Blutfette mit ins Spiel, denn angeblich haben es Stechmücken lieber fett als süß. Menschen mit erhöhtem Cholesterinspiegel müssen sich daher besonders in Acht nehmen, da sie vermehrt Fettabbauprodukte über die Haut absondern. Zumindest behaupten das die beiden Insektenforscher Karen McKenzie und Jerry Butler von der University of Florida in Gainesville.

Alkohol wirkt anziehend

Andere Wissenschaftler wiederum vermuten, dass ein hoher Östrogenspiegel im Blut Gelsen anlockt und konstatieren, dass Frauen  zwischen dem 13. und 18. Zyklustag besonders gelsenreiche Gegenden tunlichst meiden sollten. Experten von Biogents, eine deutsche Firma, die sich seit Jahren mit dem Verhalten von Stechmücken beschäftigt, widersprechen dieser Theorie allerdings - genauso, wie der Annahme des japanischen Forschers Yohikazu Shirai, der 2004 in einem Experiment herausgefunden hat, dass Menschen mit der Blutgruppe 0 für Gelsen besonders anziehend sind.

Grunwald-Kadow und Paulus bezweifeln außerdem, dass die Einnahme von Vitamin-B-Präparaten Stechmücken auf Distanz hält. Alkoholkonsum dagegen macht Menschen für Gelsen attraktiv, haben Wissenschaftler der Universtiät Regensburg herausgefunden. Vermutlich werden die kleinen Sauger von den veränderten Ausdünstungen angezogen.

Ob die Gelse von der alkoholischen Blutmahlzeit selbst betrunken wird? Ja, allerdings sind die kleinen Plagegeister ziemlich trinkfest und torkeln erst dann, wenn der Blutalkoholgehalt beim Menschen in den Bereich von fünf Promille kommt. (Regina Walter, derStandard.at, 26.6.2013)