ORF-Partnervermittlerin Elizabeth T. Spira

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Als Charles, verwitweter Pensionist, passionierter Tänzer und stolzer Besitzer eines Pontiac Firebird, Annemarie kennenlernte, war es um ihn geschehen: "Liebesg'schichten und Heiratssachen".

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STANDARD: Die Standard-Frage dieser Tage: Der ORF muss sparen. Spüren Sie's?

Spira: Der ORF hat bei uns schon immer gespart (lacht). Das Team besteht aus mir, zwei Assistentinnen, Kameramann, Tonmann und Cutterin. Wir sind schon jetzt eine sehr billige Produktion.

STANDARD: Wie beurteilen Sie den gegenwärtigen Spardruck? X-mal erlebt oder brenzliger als sonst?

Spira: Ich kann es nicht beurteilen, weil ich Gott sei Dank nicht oben auf dem Küniglberg hocke, sondern in einem sehr gemütlichen Schneideraum. Ich höre aber, dass der Druck zunimmt, besonders für die Jungen.

STANDARD: 17 Jahre gibt es die "Liebesg'schichten". Was hat sich verändert?

Spira: Es hat sich kolossal verändert. Mir waren Randgruppen immer wichtig, ich wollte Homosexuelle und Ausländer dabeihaben. Die ersten drei Jahre hat sich kaum einer gemeldet, und wenn, dann waren die Zuschriften schwerst verklebt und anonymisiert, Anrufe gab es gar keine. Heute ist das überhaupt kein Problem mehr.

STANDARD: Dann gibt's welche, die richtig scharf darauf sind, sich selbst darzustellen?

Spira: Sie sind nicht "scharf darauf", das ist ein falscher Ausdruck, liebe Kollegin! Es gibt solche, die total vereinsamt sind und nicht mehr weiterwissen, und es gibt den, der sich am liebsten nackert ausziehen würde. Wir brauchen die Mischung, das macht die Sendung bunt.

STANDARD: Welche haben die besseren Chancen - die Verzweifelten oder die Nackerten?

Spira: Lustigerweise haben alle, die zu viel über Sex reden, überhaupt keine Chance. Prinzipiell geht es nicht um schön oder nicht schön, sondern um die Ausstrahlung. Es hört ohnehin fast niemand zu. Wenn die blonde Schönheit sagt, ein Bewerber soll nicht älter als 40 sein, melden sich zu 50 Prozent über 80-Jährige. Es ist die Signalwirkung.

STANDARD: Und was signalisiert Elizabeth T. Spira?

Spira: Das müssen Sie mir sagen.

STANDARD: Bei den "Liebesg'schichten" ist Ihre Stimme Signal, und mit ihr helfen Sie auf die Sprünge.

Spira: Je nachdem - ich höre zu, aber es geht schon auch ums bissl Schürfen, Zwicken.

STANDARD: Das sind Vorwürfe, mit denen Sie gern konfrontiert werden ...

Spira: Ich weiß, was jetzt kommt. Ich kenne die Vorwürfe, nehme sie mir schwer zu Herzen und entschuldige mich aufrichtig, dass ich diese Sendung mache.

STANDARD: Nicht nötig und vor allem: Im Umfeld des Fernsehens heute müssten Sie über diese Vorwürfe schallend lachen.

Spira: Stimmt. Dagegen bin ich eine ziemlich harmlose Person. Ich führe niemanden vor, dieser Vorwurf war immer blöd. Ich bin diskreter, als man annimmt. Natürlich ist das für manche eine Bühne, aber ich würde mich ins eigene Fleisch schneiden, wenn ich sage: Nein, bitte, tun Sie nicht singen, das können Sie nicht! Wir sind froh, wenn jemand etwas anbietet. Meistens kommt Motorradfahren, Radfahren, Laufen, Lesen, Kochen, und wenn dann einer tanzen, singen oder meinetwegen klettern will, sind wir heilfroh. Dann gibt's noch die älteren Damen, die gerne selbst geschriebene Gedichte vortragen, das dürfen auch höchstens zwei in einem Jahr. Die Dritte hat Pech gehabt.

STANDARD: Hat die Einsamkeit zugenommen?

Spira: Vor 17 Jahren waren die Einsamen, salopp gesagt, eher die Witwen aus dem Gemeindebau. Heute bin ich froh, wenn sich eine meldet. Es hat sich verbürgerlicht. Wir haben viel mehr Ärzte, Lehrer, Beamte. Es ist nichts mehr dabei, in dieser Sendung vorzukommen.

STANDARD: "Alltagsgeschichten" machen Sie gar keine mehr?

Spira: Ich bin mit zehnmal 45 Minuten Sendungen gut beschäftigt.

STANDARD: Nun könnte man sagen, die "Alltagsgeschichten" fehlen. Sehen Sie einen Nachfolger?

Spira: Ich bin nicht auf Talentesuche, aber wenn mir wer auffällt, würde ich es sagen. Natürlich! Ich habe doch keine Konkurrenzangst! Ich glaube aber, das Klima im ORF ist nicht dazu angetan, dass sich besonders begabte Leute drängen. Wenn ich heute jung wäre, würde ich wahrscheinlich nicht in den ORF wollen." (Doris Priesching, DER STANDARD, 6.7.2013)