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Die rote Querdenkerin Sonja Ablinger stellt sich im SPÖ-Klub oft als Einzige gegen Klubzwang und Parteilinie.

Foto: APA/ROBERT JAEGER

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Nach der Wahl steht Ablinger vielleicht gar nicht mehr im Hohen Haus.

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Wien - Sonja Ablinger ist die 57. Stimme. Die einzige Abgeordnete im SPÖ-Klub, die hin und wieder trotz Klubzwangs gegen die Parteilinie abstimmt. Die Einzige, die sich mit ihrer Stimme gegen ihre 56 Kollegen stellt, und zwar dann, wenn sie den Vorgaben der SPÖ-Spitze nicht folgen kann und will.

Jetzt scheint die Bundespartei einen Weg gefunden zu haben, um die Querdenkerin aus dem Parlament zu kriegen. Ablinger steht auf der oberösterreichischen Landesliste auf dem dritten Platz. Auf Platz eins kandidiert Nationalratspräsidentin Barbara Prammer, auf Platz zwei der Abgeordnete Walter Schopf. Oberösterreich stehen im Nationalrat allerdings nur zwei Landeslistenmandate zur Verfügung. Barbara Prammer könnte jedoch auch über die Bundesliste in das Parlament einziehen, dort hat sie den Listenplatz Nummer vier.

Damit wäre ein Nationalratsplatz für Ablinger frei. Das Szenario sei von der Bundespartei aber nicht gewünscht, heißt es aus Parteikreisen. Im Gegenteil: Kanzler Werner Faymann soll es kein Anliegen sein, Sonja Ablinger erneut in den Nationalrat zu berufen.

Als Argumentation dient ein interner Parteibeschluss des Bundesparteivorstandes dieses Jahres, wonach immer zuerst das untere Listenmandat - in diesem Fall jenes der Landesliste - anzunehmen ist. In der oberösterreichischen Landespartei dürften deswegen jedoch die Wogen hochgegangen sein.

Auf Druck der Lobby für Ablinger - allen voran die oberösterreichischen SPÖ-Frauen, deren Vorsitzende Ablinger ist - gab es von Landeshauptmannstellvertreter und Landesparteichef Josef Ackerl die Zusage, dass Prammer ihr Bundeslistenmandat annimmt.

Nicht allein in der Partei

Man habe den Wunsch bei der Bundesparteispitze deponiert und erwarte, dass er berücksichtigt werde, heißt es aus dem Büro von Ackerl. Dass das tatsächlich passiert, schätzt Sonja Ablinger im Gespräch mit dem Standard allerdings mit "50:50" ein.

Denn das gleiche Szenario ereignete sich bereits vor ein paar Jahren. Bei der Nationalratswahl 2006 kandidierte sie ebenfalls an dritter Stelle. Auch damals hieß es intern, Prammer werde ihr Bundeslistenmandat annehmen - und Ablinger könne über die Landesliste einziehen. Doch die Dinge liefen anders. Auf Druck des damaligen SPÖ-Chefs Alfred Gusenbauer soll Prammer das Landeslistenmandat angenommen haben.

Daraufhin soll sogar die bekannte sozialdemokratische Frauenpolitikerin Johanna Dohnal bei Gusenbauer angerufen und ein Mandat für Ablinger eingefordert haben. Das bekam sie dann auch durch die Regierungsangelobung von Rot-Schwarz im Jänner 2007 und rückte für Christoph Matznetter, der Staatssekretär im Finanzministerium wurde, über den Bundeswahlvorschlag nach.

Diesmal könnte sie weniger Glück haben: Aus dem Büro von Prammer heißt es, man wisse nichts von einer Vereinbarung. Es werde davon ausgegangen, dass Prammer, dem Parteibeschluss folgend, über ihr Landeslistenmandat in den Nationalrat einzieht.

Prammer zählt intern auch zu den Kritikern Ablingers. Als diese im Juli 2012 als Einzige ihrer Fraktion gegen den Fiskalpakt stimmte, war vorher großer Druck auf sie ausgeübt worden. Nach der Abstimmung formulierten die oberösterreichischen Abgeordneten des Nationalrats - inklusive Prammer - einen offenen Brief. Darin stand, dass "56 von 57 Abgeordneten bereit waren, Verantwortung zu übernehmen". Unausgesprochener Nebensatz: Kultursprecherin Ablinger war es als Einzige nicht.

In der Basis wird sie dafür von manchen "Heldin" genannt: Die parteiinternen Rebellen der Wiener Sektion 8 rund um Niki Kowall erstellten eine Website für Ablinger; 1230 Unterstützer trugen sich bisher ein. Ablinger sagt, ihre Position sei nicht ganz angenehm. "Aber ich stehe nur im Klub allein da, nicht in der Partei und nicht bei der Basis", betont sie.

"Kritisch und progressiv"

Unterstützung kündigt sich jedenfalls bereits aus der Sozialistischen Jugend an. Vorsitzender Wolfgang Moitzi fände es "extrem bedauerlich", wenn die "kritische und progressive" Abgeordnete nicht weiter im Parlament wäre.

Er gehe aber davon aus, dass Prammer das Bundeslistenmandat annehme. Ist dem nicht so, werden die Jungsozialisten Ablinger im "Rahmen ihrer Möglichkeiten" unterstützen. (Saskia Jungnikl, Philipp Stadler, DER STANDARD, 10.7.2013)