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Diskretion war über Jahrzehnte eines der Assets des Schweizer Bankenstandorts. Nun müssen die Daten tausender Österreicher an die heimische Finanz übermittelt werden.

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Grafik: Standard

Wien/Bern - Ein neues Budgetproblem dürfte Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) erspart bleiben. Das seit 1. Jänner gültige Steuerabkommen mit der Schweiz wird voraussichtlich sogar deutlich mehr als die budgetierte Milliarde Euro in den Staatshaushalt spülen. Das zeichnet sich zumindest nach den ersten Daten ab, die die Eidgenössische Steuerverwaltung am Donnerstag bekanntgab.

Zur Erinnerung: Jeder Österreicher, der zu Beginn des Jahres ein Konto oder Depot bei einer Schweizer Bank hatte, musste sich bis Ende Mai entscheiden, ob er eine anonyme Abgeltungssteuer (15 bis 38 Prozent) auf sein Kapital bezahlt oder der Offenlegung seiner Bankdaten zustimmt.

  • Abgeltungssteuer

Die Abgeltungssteuer - in Schnitt sind es laut Experten um die 20 Prozent - wird automatisch von den Banken abgezogen. Eine erste Tranche in Höhe von 416,7 Millionen Euro wurde nun überwiesen. Wie viele Personen hinter dieser Zahl stehen, weiß das Ministerium in Wien freilich nicht, das war nicht Teil des Abkommens. Allerdings: Das Fekter-Büro geht nun fix davon aus, dass die budgetierte Milliarde aus diesem Topf hält. Bisher wurde nämlich nur ein Teil der Konten von den Banken abgerechnet, nun folgen monatlich weitere Überweisungen.

  • Offenlegen

Darüber hinaus haben 13.600 Kontoinhaber zugestimmt, dass ihre Daten dem österreichischen Fiskus übermittelt werden. Rechtlich gilt dieser Schritt als strafbefreiende Selbstanzeige. Auf diesen Konten liegen 4,4 Milliarden Euro. Allerdings muss es sich dabei nicht automatisch um hinterzogene Gelder handeln. Friedrich Fraberger von KPMG geht im Standard-Gespräch davon aus, dass darunter auch viele Grenzgänger sein werden, also beispielsweise Vorarlberger, die in der Schweiz arbeiten und deshalb ein Gehaltskonto bei einer Schweizer Bank haben. In den nächsten Monaten muss die Finanz nun in jedem Fall prüfen, ob auf den Konten versteuertes oder unversteuertes Geld liegt.

Als Faustregeln gilt bei Selbstanzeigen: Fünf bis zwölf Prozent des Kapitals müssen nachgezahlt werden, sie sind also meist billiger als die Abgeltungssteuer. Umgelegt auf die 4,4 Milliarden kann die Finanzministerin als mit einigen Hundert Millionen Euro an Zusatzeinnahmen rechnen. Sie wären eine echte Entlastung des Staatshaushalts. Für Nachzahlungen aus Selbstanzeigen wurde bisher nämlich nichts budgetiert.

Geschäftsverbindungen schützen

Wie sieht das Verhältnis aus zwischen Offenlegern und jenen, die weiterhin anonym bleiben wollen? Laut der Schweizerischen Bankiervereinigung hat sich nur ein "verhältnismäßig kleiner Personenkreis" für die anonyme Abgeltungssteuer entschieden. Der Steuerrechtler Roman Leitner von der Kanzlei LeitnerLeitner dazu: "Nicht outen wollen sich vor allem jene, wo es Querverbindungen zu Straftaten gibt oder zu Geschäftspartnern, die sich nicht outen wollen."

Unklar ist, wie viele Steuerflüchtlinge noch vor Inkrafttreten des Abkommens das Weite gesucht haben, die also ihr Geld in eine andere Steueroase transferiert haben. Laut den Experten handelt es sich um eine überschaubare Anzahl.

Zug nach Singapur

Andere Zahlen werfen aber Fragen auf: Im Vorfeld des Abkommens ging man in Bankkreisen davon aus, dass Österreicher bis zu 20 Milliarden in der Schweiz gebunkert haben. Rechnet man nun die Einnahmen aus der Abgeltungssteuer hoch und addiert sie mit den offengelegten Vermögen, kommt man nur auf circa 9,5 Milliarden Euro.

Freilich weiß niemand, ob die 20 Milliarden wirklich realistisch waren. Der grüne Budgetsprecher Werner Kogler zitierte sogar eine Studie, laut der es 43 Milliarden an Schwarzgeld in der Schweiz gab, und schlussfolgerte daraus, dass nur wenige legalisiert haben. Hinweise über die Fluchthäfen sollten im Laufe des Jahres noch kommen. Die Schweiz hat zugesagt, die wichtigsten Zielländer für abgezogenes Kapital bekanntzugeben. Der Finanzplatz Singapur erfreut sich beispielsweise derzeit großer Beliebtheit. (Günther Oswald, DER STANDARD, 26.7.2013)